Röschtigraben-Talk: Ist der Eigenmietwert ein alter Zopf?
Den Eigenmietwert abschaffen oder beibehalten? Die beiden Lager sind sich nur in einem Punkt einig: Es wird eng.
00:00 / 00:00
Das Wichtigste in Kürze
- Am 28. September stimmt das Volk über den Eigenmietwert ab.
- Der «Röschtigraben-Talk» widmete sich ausführlich diesem kontroversen Thema.
- Das «Volk der Mieterinnnen und Mieter» könnte Mehrheitsbeschaffer sein.
Der «Röschtigraben-Talk» im Restaurant Röschtigraben, nur hundert Meter vom Bundeshaus entfernt, ist zurück aus der Sommerpause. Je kontroverser das Thema, desto mehr gibt es zu diskutieren – oder nur schon, zu erklären. So auch diesen Dienstagabend beim «Röschtigraben-Talk» zur Abstimmung über die Abschaffung des Eigenmietwerts.
Eigenmietwert: Vorlage mit Erklärungsbedarf
«Sehr oft» sei sie schon gebeten worden, den Eigenmietwert zu erklären, sagt Talk-Teilnehmerin und Nationalrätin Linda De Ventura. «Ich denke, sehr viele Leute wissen gar nicht, worum es geht.»
00:00 / 00:00
Sie gibt sich aber optimistisch: Je länger die Diskussion dauere, desto öfter könne man erklären, was gegen die Abschaffung des Eigenmietwerts spreche. Und darum: «Desto mehr Leute verstehen, dass man dies ablehnen sollte.»

Auch ihr Talk-Gegner, Nationalrat Nik Gugger (EVP/ZH), war schon mehrmals eingeladen, über den Eigenmietwert zu sprechen. «Heute im Röschtigraben habe ich ein neues Format kennengelernt», lobt er. Bei Rösti und Cervelat wurde am Tisch statt am Podium diskutiert, mitten unter den Gästen.
EVP-Nationalrat Gugger: «Es ist ein alter Zopf»
Gugger sprach sich dabei vehement für die Abschaffung des Eigenmietwerts aus. «Es ist ein alter Zopf – die Schweiz ist noch das einzige Land, das so etwas kennt.» Zuletzt hätten die Niederlande ihr dem unsrigen ziemlich ähnliches System abgeschafft.
Sein Hauptargument sei die Ungleichheit. Natürlich behaupte die Gegenseite etwas anderes, aber darum sei man ja hier. «Die Schweiz ist ein Land, wo der Anteil der älteren Bevölkerung überproportional gross ist. Dem wird der Eigenmietwert ganz und gar nicht gerecht.»
Denn, so das Argument der Abschaffungsbefürworter: Gerade die Senioren unter den Hausbesitzern gerieten mit der Besteuerung des (fiktiven) Eigenmietwerts in finanzielle Nöte. Hinzu komme aber auch noch die ganze Bürokratie rund um den Eigenmietwert, betont Gugger.
Gegner setzen auf «Land der Mieterinnen und Mieter» …
«Sehr viele haben gemerkt, dass nur ein sehr kleiner Teil profitieren wird», hält Linda De Ventura dem entgegen. Nämlich diejenigen Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer mit entsprechendem Profil: Eine tiefe Hypothek und neue, nicht sanierungsbedürftige Häuser.

«Die allermeisten Menschen in der Schweiz sind Mieterinnen und Mieter. Sie werden überhaupt nicht profitieren», so De Ventura.
In einem Punkt sind sich beide Talk-Teilnehmenden einig: Es werde am 28. September an der Urne ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Es sei gut möglich, dass eine Mehrheit der Mieterinnen und Mieter sich gegen die Abschaffung ausspreche, räumt EVP-Nationalrat Gugger ein.
… und aufs Ständemehr
«Andererseits besteht auch die grosse Chance», gibt er zu bedenken: «Mieterinnen und Mieter wollen vielleicht auch einmal etwas kaufen.» Es sei eine schwierige Vorlage, die mit den verschiedenen kursierenden Zahlen verwirre. Dennoch hofft Gugger auf eine Stimmbeteiligung von 45 bis 50 Prozent.
Auch SP-Nationalrätin De Ventura hofft: auf das Ständemehr. Weil es sich um eine Verfassungsänderung handelt, muss auch eine Mehrheit der Kantone zustimmen.
Das könnte aber knapp werden, spekuliert De Ventura: Tourismus- und Gebirgskantone und einige im Welschland seien dagegen, und auch in den Städten werde die Skepsis immer grösser.