Eigenmietwert: Abschaffung bringt laut Ja-Komitee «faire Steuern»
Am 28. September stimmt die Schweiz (indirekt) über den Eigenmietwert ab. Die Befürworter einer Abschaffung argumentieren mit der Fairness bei den Steuern.

Das Wichtigste in Kürze
- In der Schweiz kommen am 28. September zwei Vorlagen vors Volk.
- Eine von ihnen betrifft die Abschaffung des Eigenmietwerts.
- Am Montag haben die Befürworter der Streichung ihre Argumente präsentiert.
«Ja zu fairen Steuern»: Die Befürworterinnen und Befürworter der Abschaffung des Eigenmietwerts haben den Medien am Montag die Argumente für ein Ja am 28. September vorgestellt.
Abgestimmt wird nicht über die Streichung des Eigenmietwerts, sondern über die Möglichkeit für Kantone, eine neue Steuer auf Zweitwohnungen einzuführen. Der Eigenmietwert fällt aber nur, wenn der Verfassungsartikel für die Zweitwohnungssteuer die Abstimmung übersteht.

Die Reform entlaste namentlich junge Familien, die ein eigenes Haus kauften, aber auch Pensionierte, die ihre Hypotheken getilgt hätten. Dies macht das Komitee aus SVP, FDP, Mitte-Partei und GLP geltend. Den Eigenmietwert empfindet es als ungerecht: Es müsse ein nicht erzieltes Einkommen versteuert werden.
Fällt der Eigenmietwert, können Schuldzinsen nur noch beschränkt von den Steuern abgezogen werden. Damit falle ein System, das dazu einlade, Schulden zu machen, findet das Komitee. Wer hingegen Schulden abtrage, werde bestraft.
SVP-Rutz: Vorlage bietet Zukunftsperspektive
Die Vorlage gebe eine Zukunftsperspektive, sagte der Zürcher SVP-Nationalrat Gregor Rutz, Präsident des Hauseigentümerverbandes. Zwei von drei Mitgliedern im Verband seien Haus- und Wohnungsbesitzer, aber nicht Vermieter.
Der Eigenmietwert werde in den kommenden Jahren deutlich steigen, warnten Rutz und auch sein Freiburger Fraktionskollege Pierre-André Page. Denn die Kantone entschieden über die Höhe dieser Steuer. Für Häuschen, dessen Wert sich nicht verändere, könnte wegen eines kantonalen Entscheids plötzlich bezahlt werden müssen, sagte Rutz.

Der Eigenmietwert widerspreche dem Verfassungsauftrag, Wohneigentum zu fördern, fügte Daniela Schneeberger (FDP/BL), Nationalrätin und Vizepräsidentin des Schweizerischen Gewerbeverbandes, hinzu. Bei Pensionierten mit tiefem Einkommen, die die Schulden fürs Eigenheim häufig abbezahlt hätten, schlage die Steuer voll durch. «In keinem anderen Land gibt es eine solche Steuer.»
Ganz hoch Verschuldete sollen nicht profitieren
Um die Belastung durch den Eigenmietwert abzufedern, dürfen Wohneigentümer heute Schuldzinsen und Kosten für Unterhaltsarbeiten von den Steuern abziehen. «Das hat einen paradoxen Effekt. Schulden zu machen, wird belohnt», gab Martin Bäumle (GLP/ZH) zu bedenken. Mit dem Wechsel werde nicht mehr bestraft, wer seine Schulden tilge.
Nicht alle Haus- und Wohnungsbesitzer hätten etwas von der Reform, sagte der Solothurner Ständerat Pirmin Bischof auf eine Journalistenfrage. «Ganz hoch Verschuldete werden nicht profitieren.»
Ohne Eigenmietwert können Schuldzinsen künftig nur noch beschränkt abgezogen werden. Wer das erste Eigenheim kauft, kann während zehn Jahren Schuldzinsen von den Steuern abziehen. «Für mich ist der Ersterwerber-Abzug ein zentrales Argument für ein Ja», sagte die Berner FDP-Stadträtin Simone Richner dazu.
Finanzielle Folgen hängen von Zinsniveau ab
Welche finanziellen Folgen der Systemwechsel haben wird, hängt vom Zinsniveau ab. In der aktuellen Situation rechnet der Bund mit 1,8 Milliarden Franken weniger Einnahmen für Bund, Kantone und Gemeinden. Das ändert aber, wenn die Zinsen steigen. Ab einem Hypothekarzinsniveau von etwa drei Prozent werden gemäss den Schätzungen Mehreinnahmen erwartet.
«Die Gegner warnen vor Steuerausfällen und erzählen damit weniger als die halbe Wahrheit», kritisierte Nationalrat Markus Ritter (Mitte/SG). Zunächst berücksichtige der Bund allfällige Erträge aus der neuen Zweitwohnungssteuer nicht. Die Grundstücksgewinnsteuer steige und fast alle Abzüge für Schuldzinsen und Unterhalt entfielen.
Besonders Tourismus-Kantone könnten mit dieser neuen Steuer für von den Eigentümern selbst genutzte Ferienwohnungen Einnahmeverluste wettmachen, sagte Ritter. Jeder Kanton könne über diese Steuer selber entscheiden, fügte Nationalrat Paolo Pamini (SVP/TI) an. «Das ist gelebter Föderalismus.»
Eigenmietwert und E-ID am 28. September vor dem Volk
Die Abstimmung zur Abschaffung des Eigenmietwerts ist eine von zwei Vorlagen, die am 28. September vors Volk kommt. Daneben wird auch über die E-ID abgestimmt.
Laut aktuellen Umfragen liegt das jeweilige Ja-Lager bei beiden Vorlagen vorne. Allerdings hat der Abstimmungskampf gerade erst begonnen.