Bei Uneinigkeit der Eltern über die Masernimpfung soll künftig ein Gericht die Kindesschutzbehörde entscheiden.
Masernimpfung
Ab dem 1. März gilt die neue Impfpflicht gegen Masern. Foto: Julian Stratenschulte/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Bei Uneinigkeit der Eltern bezüglich Masernimpfung muss zukünftig ein Gericht entscheiden.
  • Dies hat das Bundesgericht heute Mittwoch entschieden.

Es kann vorkommen, dass sich Eltern mit gemeinsamer elterlicher Sorge nicht über die Impfung ihrer Kinder gegen Masern einigen können. Bei diesen Fällen muss ein Gericht oder die Kindesschutzbehörde darüber entscheiden. Die Richtschnur dafür sind die Empfehlungen des BAG. Dies hat das Bundesgericht in einem am Mittwoch veröffentlichten Urteil entschieden.

Die möglichen, schweren Komplikationen bei einer Masernerkrankung lassen eine Pattsituation unter Eltern bei der Frage der Impfung nicht zu.

Präventive Massnahme

Es bedürfe keiner bereits vorhandenen Gefahr für die Gesundheit des Kindes, damit eine Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) oder ein Gericht bei Uneinigkeit der Eltern entscheiden müsse. Es reiche die ernstliche Möglichkeit einer körperlichen Beeinträchtigung des Kindes. Der gesetzliche Kindesschutz sei eine präventive Massnahme, schreibt das Bundesgericht.

Deshalb sei ein Entscheid der zuständigen Behörde im Sinne von Artikel 307 des Zivilgesetzbuches zulässig. Dies, um mit geeigneten Massnahmen eine Gefährdung des Kindeswohls abzuwenden. Dieser Artikel kommt zum Zug, wenn Eltern nicht willens oder ausserstande sind, selbst zu handeln.

Die für den Entscheid zuständige Behörde muss sich als Richtschnur an die Empfehlungen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) zur Masernimpfung halten. Sind Kontraindikationen für eine Impfung vorhanden, darf die Behörde von den Empfehlungen abweichen.

Eingreifen bei Gefährdung des Kindeswohl notwendig

Das Eingreifen der Behörde ist im Fall von Eltern mit gemeinsamer elterlicher Sorge bei Uneinigkeit und gleichzeitiger Gefährdung des Kindeswohls notwendig. Dies, weil kein Elternteil einen Vorrang hat bei grundlegenden Entscheidungen für das Kind.

Impfverzicht sei zu respektieren

Ein von den Eltern gemeinsam gefällter Entscheid, das Kind nicht gegen Masern zu impfen, sei von den Behörden zu respektieren. Das führt das Bundesgericht weiter aus. Dies ergebe sich aus der Grundüberzeugung, dass die Autonomie der Eltern in Bezug auf alle Kinderbelange gegenüber staatlichen Interventionen den Vorrang haben.

Im vorliegenden Fall war sich ein getrennt lebendes Paar nicht einig darüber, ob die drei minderjährigen Kinder gegen Masern geimpft werden sollen. Im Rahmen des Scheidungsverfahrens verlangte der Vater der Kinder, die Mutter sei zu verpflichten, die Kinder impfen zu lassen. Der Antrag wurde von den kantonalen Instanzen jedoch abgewiesen.

Das Bundesgericht hat die Beschwerde des Vaters teilweise gutgeheissen. Der Fall geht nun ans Kantonsgericht zurück. Dieses muss prüfen, ob es bei den Kindern Befunde gibt, die gegen eine Impfung sprechen.

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