Erster Widerstand gegen «Corona-Leine» in Deutschland
Deutschland verhängt schärfere Pandemie-Massnahmen. Zu reden gibt vor allem die «Corona-Leine», die einige Bundesländer nicht wie beschlossen umsetzen wollen.

Das Wichtigste in Kürze
- Die neuen Corona-Regeln in Deutschland sorgen in gewissen Bundesländern für Kritik.
- So will etwa Niedersachsen die «Corona-Leine» in Hotspots nicht ohne Weiteres umsetzen.
Auf die Menschen in Deutschland kommen in der Corona-Pandemie schärfere Einschränkungen zu. Ziel ist es, die Zahl der Infektionen mit dem Virus zu senken.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Regierungschefs der Länder einigten sich am Dienstag auf eine Verlängerung der ursprünglich bis zum 10. Januar vereinbarten Lockdown-Regeln bis zum Monatsende.

Zudem sollen künftig Treffen nur noch mit einer Person, die nicht zum eigenen Haushalt gehört, möglich sein. Die Länder sollen für Kreise, in denen sich binnen sieben Tagen mehr als 200 Menschen pro 100'000 Einwohner neu infiziert haben, den Bewegungsradius der Bürger auf 15 Kilometer um den Wohnort begrenzen.
Doch welche Bundesländer setzen diese «Corona-Leine» um?
Einschränkungen des Bewegungsradius in Hotspots
Kurz nach den Beschlüssen zeichnete sich bereits ab, dass einige Bundesländer davon wohl abweichen. So will Niedersachsen die Beschränkung der Bewegungsfreiheit in Hotspots nicht ohne Weiteres umsetzen.
Nötig sei eine gesonderte Begründung zur Verhältnismässigkeit, wie sie das Oberverwaltungsgericht bereits bei anderen Einschränkungen angemahnt hat, sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). «Das ist für uns Teil des Prüfprogramms, ob und wann die Regelung zur Anwendung kommt, am liebsten gar nicht.»

In Deutschland gibt es einen eingeschränkten Bewegungsradius bereits in Sachsen, wo die Zahl der Neuinfektionen in den vergangenen drei Monaten stark angestiegen war. Hier dürfen sich die Bürger maximal 15 Kilometer von ihrem Wohnort entfernen, etwa um Sport zu treiben oder zum Einkauf.
Ähnlich betroffen wie Sachsen ist auch Thüringen von der Pandemie. Doch dort gibt es zunächst keine Verpflichtung für die Bürger, ihren Bewegungsradius auf 15 Kilometer um ihren Wohnort einzuschränken, sondern nur eine entsprechende Empfehlung.
Deutsche Städte- und Gemeindebund zweifelt an Bewegungsradius
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund zweifelt an der Umsetzbarkeit des eingeschränkten Bewegungsradius. «Klar ist, dass in Gebieten mit sehr hohen Inzidenzen zusätzliche Massnahmen ergriffen werden müssen», sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der «Rheinischen Post» (Mittwoch).
Ein solch eingeschränkter Bewegungsradius sei allerdings kaum kontrollierbar, und es sei fraglich, ob er letztlich durch die vielen Ausnahmen Wirkung entfalten werde, sagte Landsberg.

Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, sagte dazu der Deutschen Presse-Agentur: «Die Polizei kann nur schwerpunktmässig kontrollieren, nicht flächendeckend.»
Die Dichte der Corona-Kontrollen könne nicht mehr erhöht werden - zumal die Polizei hier bereits einen Schwerpunkt setze. «Mit der Zunahme von Regelungen nimmt die Kontrolldichte ab, weil die Polizei nicht beliebig vermehrbar ist.» Es sei illusorisch zu glauben, dass die Polizei einzelne Städte oder Landkreise auf längere Zeit abriegeln könne.
Unterschiede im Umgang mit Schulen
Auch im Umgang mit den Schulen zeichnet sich kein einheitliches Bild der Länder ab: Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann will Grundschulen und Kitas im Land vom 18. Januar an unter Umständen wieder öffnen. Für Schülerinnen und Schüler der weiterführenden Schulen gebe es entsprechend der Vereinbarung von Bund und Ländern bis Ende Januar keinen Präsenzunterricht.

Die Landesregierung in Schleswig-Holstein will den Lockdown an Schulen und Kitas bis Ende Januar verlängern. «Das heisst: Präsenzunterricht wird in den Schulen auch bis Ende Januar nicht stattfinden können», sagte Regierungschef Daniel Günther (CDU). Möglichkeiten für Unterricht in den Schulen soll es im Norden vorerst nur für Abschlussklassen geben.
Thüringen und Sachsen werden wegen der Corona-Pandemie die Winterferien vorziehen - und in Sachsen werden sie auf eine Woche gekürzt. Das teilten Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) und der sächsische Kultusminister Christian Piwarz (CDU) mit.