Donald Trump gibt Paracetamol Schuld für Autismus – Fake News
Am Montag verkündeten US-Präsident Donald Trump und Gesundheitsminister Robert F. Kennedy einen Zusammenhang zwischen Autismus und Paracetamol – das ist falsch.

Das Wichtigste in Kürze
- Die amerikanische Gesundheitsbehörde macht ein Medikament für Autismus verantwortlich.
- Trump rät schwangeren Frauen von der Einnahme des Schmerzmittels Paracetamol ab.
- Die Herstellerfirma weist den Zusammenhang zwischen Paracetamol und Autismus zurück.
Am Montag trat US-Präsident Donald Trump gemeinsam mit Gesundheitsminister Robert F. Kennedy vor die Medien.
Es gebe einen Zusammenhang zwischen Autismuserkrankungen und der Einnahme von Paracetamol, liessen der Präsident und die amerikanische Gesundheitsbehörde verlauten.
Donald Trump und Kennedy rieten ausdrücklich von der Einnahme des Medikaments ab. In den USA ist Paracetamol unter dem Markennamen «Tylenol» in fast jedem Haushalt zu finden. Es kann sogar im Supermarkt erworben werden. In der Schweiz ist besonders das Medikament Dafalgan bekannt, das den Wirkstoff Paracetamol beinhaltet.
Besonders während der Schwangerschaft solle das Schmerzmittel gemieden werden, hiess es. Auch bei Kleinkindern sei Vorsicht geboten.
Alles nur Bluff?
Hersteller des Medikaments ist die amerikanische Firma Kenvue. Sie weist einen Zusammenhang zwischen Paracetamol und Autismus vehement zurück.
Das Unternehmen warnt im Gegenteil vor riskanteren Alternativen.
Unterstützung erhält Kenvue von amerikanischen Ärzten. Bisher lautet die Empfehlung, in der Schwangerschaft auf Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Acetylsalicylsäure zu verzichten. Diese können Fehlbildungen beim Fötus verursachen.
Die neue Warnung der Behörde dürfte viele Frauen verunsichern. Doch wie belastbar sind die Aussagen wirklich?
«Keine gesicherten wissenschaftlichen Belege» für Aussagen von Donald Trump
Ärztin Anda-Petronela Radan vom Inselspital Bern stellt auf Anfrage von Nau.ch klar, was Trump erzählt, sind Fake News.
Sie erklärt: «Derzeit gibt es keine gesicherten wissenschaftlichen Belege» für die Behauptung, dass Paracetamol während der Schwangerschaft Autismus bei Kindern verursache.
Über die Expertin
PD Dr. med. Anda-Petronela Radan ist leitende Ärztin für Frauenheilkunde im Inselspital Bern. Für das Ambulatorium Geburtshilfe ist sie als Leiterin verantwortlich.
Internationale Fachgesellschaften und Behörden würden Paracetamol weiterhin als «Mittel der Wahl» zur Behandlung von Schmerzen und Fieber empfehlen. In der Schwangerschaft solle dabei stets die kleinste wirksame Dosis eingesetzt werden.
«Wichtig sind die individuelle Abwägung und die ärztliche Beratung», betont die leitende Ärztin für Frauenheilkunde.

Es sei wichtig, dass Aussagen zu potenziellen Risiken von Medikamenten auf einer soliden wissenschaftlichen Grundlage beruhen. Vor allem aus medizinischer Sicht.
«Dazu gehört auch, neue Daten fortlaufend kritisch zu prüfen und bei Bedarf anzupassen», sagt Radan. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass in Zukunft andere Empfehlungen gelten werden.
Doch der aktuelle Wissensstand bleibt: Paracetamol während der Schwangerschaft ist nicht die Ursache für Autismus bei Kindern.
Medikamente während Schwangerschaft «stets mit Arzt besprechen»
Ohnehin rät Radan Schwangeren davon ab, bei der Medikamenten-Einnahme Entscheide allein aufgrund medialer Informationen zu treffen.
«Im ungünstigsten Fall kann das dazu führen, dass notwendige Behandlungen unterlassen werden.» Oder dass Schwangere sie «mit ungeeigneten Alternativen» ersetzen oder gar «riskantere Massnahmen» treffen.
Es ist bekannt: In dubiosen Social-Media-Foren oder Websites tummeln sich unzählige Falschinformationen zum Thema Gesundheit. Selbst journalistische Medien können wissenschaftliche Studien versehentlich fehlinterpretieren.
Die Expertin empfiehlt darum grundsätzlich: «Fragen zur Medikation in der Schwangerschaft stets mit der behandelnden Ärztin oder Arzt besprechen.»
Paracetamol-Debatte «kann Vorurteile verstärken»
Die Non-Profit-Organisation «autismus schweiz» bietet eine zentrale Anlaufstelle für Fragen rund um das Thema Autismus.
Wie die Organisation gegenüber Nau.ch mitteilt, orientiert sie sich an den aktuellen Empfehlungen und Einschätzungen von Fachärztinnen und Fachärzten in der Schweiz.
«Die aktuell geführten Debatten können gesellschaftliche Vorurteile verstärken», warnt «autismus schweiz».

Dies erschwere die Gewährleistung der dringend notwendigen Unterstützung für Menschen mit Autismus.
Übrigens: Der Aktienkurs des Medikamenten-Herstellers ist seit der Pressekonferenz von Donald Trump und Robert F. Kennedy um 16 Punkte eingebrochen.