Autistisches Mädchen erhält jahrelang keinen Schulplatz

Marie Augustin
Marie Augustin

Aarau,

Die Eltern einer 12-Jährigen sind verzweifelt: Jahrelang ringen sie um den Platz an einer Sonderschule für ihre autistische Tochter.

autistisches Mädchen Schulplatz Schülerin
Für die Eltern zweier autistischer Kinder wird die Schulplatz-Suche zum Hürdenlauf. (Symbolbild) - depositphotos

Das Wichtigste in Kürze

  • Seit fast drei Jahren hat eine Schülerin im Aargau kaum noch am Unterricht teilgenommen.
  • Ihre Autismus-Spektrum-Störung macht den Besuch einer Sonderschule notwendig.
  • Doch die Plätze dort sind begrenzt – und im Privatbereich teuer.

Die 12-jährige Tochter eines Aargauer Elternpaares leidet unter einer Autismus-Spektrum-Störung. Seit knapp drei Jahren ist sie im Primarschulunterricht kaum noch anwesend: Es fehlt an Sonderschulplätzen, um betroffene Kinder zu betreuen.

Wie die «Aargauer Zeitung» berichtet, sind eigentlich die Regelschulen für ein Lernsetting verantwortlich, bis ein geeigneter Schulplatz gefunden wurde. Doch dort fehlt es an Fachwissen und Ressourcen.

Die Eltern der 12-Jährigen haben wegen des fehlenden Sonderschul-Platzes eine Gefährdungsmeldung bei der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Kesb eingereicht. Gleiches hatten sie schon bei ihrem Sohn unternommen, der ebenfalls schwer autistisch ist. Die Kesb ist für solche Fälle zwar eigentlich nicht verantwortlich – doch muss jeder Meldung nachgehen.

Schule zieht Beratungsstelle nicht wie empfohlen hinzu

Gemäss der «Aargauer Zeitung» kommt es immer öfter dazu, dass Richter und Beistände problematische Schulsituationen thematisieren müssen. Im Gegensatz zum Bildungsdepartement kann die Kesb nicht in den Schulbetrieb der Gemeinden eingreifen. Sie kann jedoch einen Beistand einsetzen, der vermittelt – so auch im Fall der 12-Jährigen.

Kesb Beistand Autismus Schülerin
Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde muss jeder Meldung nachgehen – und vermittelt wenn nötig einen Beistand. (Archivbild) - keystone

Im Falle des Sohnes fand sich die Lösung damals nach langen Bemühungen: Die Gemeinde entschloss sich schliesslich, ihm einen Platz in der Autismus-Klasse einer Privatschule zu finanzieren.

Der Beistand der Familie bemängelt unterdessen, dass sich die Schule der 12-Jährigen nicht an die Empfehlungen gehalten habe: Im Umgang mit autistischen Kindern kann unter anderem die kantonale Beratungsstelle hinzugezogen werden, was hier nicht geschah.

Assistenz hat keine Erfahrung mit Autismus

Stattdessen melden die Eltern ihre Tochter bei einer Online-Schule an, die sie selbst finanzieren. Eine Assistenz, die mehrmals die Woche für eine Lektion zu der Familie nach Hause kommen soll, erweist sich als ungenügend: Das Fachwissen im Umgang mit Autismus-Betroffenen fehlt.

Ist in deiner Familie jemand von einer Autismus-Erkrankung betroffen?

Als der Beistand einen Antrag stellt, die Tochter auf die gleiche Privatschule aufzunehmen, wie ihren Bruder, wird dieser abgelehnt. Laut dem Schulvorstand fehlt es an der «rechtlichen Grundlage für eine Zuweisung».

Kosten als Absage-Grund?

Die Familie mutmasst, dass für die Gemeinde das Geld der entscheidende Faktor für die Absage des Privatschulplatzes war: Für den Sohn zahlte sie 60'000 Franken jährlich. Bei einem Platz an einer anerkannten Sonderschule entfallen die Kosten hingegen auf den Kanton.

Erst ein Umzug in eine Solothurner Gemeinde bringt schliesslich den gewünschten Erfolg: Die dortige Schulbehörde überweist die 12-Jährige an den Autismus-Bereich der Privatschule.

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Kommentare

User #4727 (nicht angemeldet)

Solche Menschen zu betreuen ist sehr aufwändig und eine grosse Herausforderung. Ich habe das 21 Jahre gemacht und weiss, von was ich rede.

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