Schweizer Technologie: Forscher entwickeln vergessliche KI
Forschende des CSEM haben eine KI entwickelt, die Menschen überwachen kann, ohne sensible Daten wie Gesichter oder Alter zu speichern.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Forschenden trainieren ihre KI so, dass sie die sensiblen Daten vergisst.
- Die Technologie erfüllt die strengen Datenschutzvorgaben der Schweiz.
- Die Leistung ist sogar besser als bei herkömmlichen Systemen.
Forschende des Schweizer Technologiezentrums CSEM in Neuenburg haben eine Methode entwickelt, die Überwachung per Künstlicher Intelligenz (KI) erlaubt – ohne dabei persönliche Daten wie Gesichter, Alter oder Geschlecht zu speichern. Das System soll helfen, die Privatsphäre besser zu schützen und Diskriminierung durch Algorithmen zu vermeiden.
Die Technik basiert auf einem sogenannten Watchdog-Netzwerk, das während des KI-Trainings überwacht, ob sensible Informationen unerlaubt gespeichert werden. Falls ja, greift das System ein und zwingt die KI, diese Daten zu «vergessen». Damit kann die KI Personenströme analysieren, Anomalien im Spital erkennen oder Zugangssysteme steuern – ohne zu wissen, wer beobachtet wird.
«Unsere Technologie zeigt, dass Datenschutz und leistungsfähige KI kein Widerspruch sein müssen», sagt Nadim Maamari, Forschungsleiter bei CSEM.
Die CSEM-Gruppe «Edge AI and Vision Systems» testete die Methode mit medizinischen Daten und Gesichtsbildern. Die Ergebnisse zeigten eine höhere Genauigkeit im Vergleich zu herkömmlichen KI-Systemen. Zudem erwies sich das System als widerstandsfähig gegen Angriffe auf die Privatsphäre.
Die Technik eignet sich laut CSEM besonders für Anwendungen in Bereichen wie Gesundheit, öffentliche Sicherheit, Stadtentwicklung und Unterhaltungselektronik. Sie ist kompakt, stromsparend und für den Einsatz in eingebetteten Geräten optimiert.
Gesichtserkennung weltweit umstritten
Während KI und Gesichtserkennung weltweit auf dem Vormarsch sind – etwa in Flughäfen, Spitälern oder von der Polizei – wächst auch die Kritik. In Grossbritannien wurden 2024 über 4,7 Millionen Gesichter per Live-Erkennung gescannt, was zu zahlreichen Festnahmen führte. Gleichzeitig zeigen Studien, dass die Erkennungsgenauigkeit stark von Alter, Geschlecht und Hautfarbe abhängt.
Das Datenschutzgesetz in der Schweiz stuft biometrische Daten seit 2023 als besonders schützenswert ein. Eine flächendeckende Gesichtserkennung im öffentlichen Raum ist kaum noch möglich. Auch die Politik zeigt breite Unterstützung für strengere Überwachungsregeln. Der Kanton Neuenburg hat die «digitale Integrität» in seine Verfassung aufgenommen, andere Städte wie St. Gallen und Lausanne arbeiten an digitalen Reformen. Die datenschutzorientierte KI von CSEM passt in dieses Bild: Sie soll ermöglichen, KI verantwortungsvoll und gesetzeskonform in der Praxis einzusetzen – ohne dass Menschen dabei ihre Privatsphäre verlieren.