Beim Eigenmietwert werden Linke zu «Cüpli-Sozialisten»

Bettina Zanni
Bettina Zanni

Zürich,

Linke Parteien wollen verhindern, dass der Eigenmietwert abgeschafft wird. Manche Stadtzürcher Stimmbürger werfen ihre Prinzipien aber über den Haufen.

Eigenmietwert
Ist Wohneigentum im Spiel, können Linke plötzlich auf die bürgerliche Seite kippen. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • SP und Grüne sagen Nein zur Abschaffung des Eigenmietwerts.
  • Manche ihrer Anhängerinnen und Anhänger wollen aber Ja stimmen – sie haben Wohneigentum.
  • Das sagen sie aber nur hinter vorgehaltener Hand.

Zu «Cüpli-Sozialisten» werden manche Stimmbürgerinnen und -bürger beim Ausfüllen der aktuellen Abstimmungsunterlagen. Dafür sorgt die Vorlage zur Abschaffung des Eigenmietwerts.

Nur hinter vorgehaltener Hand sagen die einen oder anderen Stadtzürcher Wohnungsbesitzer, am Sonntag Ja zu stimmen. Ihrem Freundeskreis in Mietwohnungen behalten sie dies aber vor – schliesslich ist man doch links-grün eingestellt.

Denn genau die SP und die Grünen wollen, dass Eigentümerinnen und Eigentümer den Eigenmietwert weiterhin versteuern müssen.

«Spüren bis ins linke Lager grosse Unterstützung»

Das Kampagnenteam «Faire Steuern» bestätigt den Trend.

«Wir spüren bis ins linke Lager grosse Unterstützung für die Abschaffung des Eigenmietwerts», heisst es auf Anfrage. Dies zeige, dass das Anliegen parteiübergreifend Anklang finde und nicht nur ein klassisches «bürgerliches» Thema sei. «Es wird eher als Reform für Fairness wahrgenommen.»

Geht es dir bei Abstimmungen um den eigenen Vorteil?

Das Pro-Komitee erinnert zudem daran, dass es auch ein grosses Anliegen der SP war, den Eigenmietwert zu kippen. 2024 machte die Partei jedoch eine Kehrtwende, weil die Steuerausfälle für sie dafür zu hoch sind.

«Viele Genossenschafter haben Zweitwohnungen»

Auch Albert Leiser, Direktor des Zürcher Hauseigentümerverbands (HEV), ist die Unterstützung gegen den Eigenmietwert von linker Seite nicht entgangen.

Die Abschaffung des Eigenmietwerts gilt auch für Zweitliegenschaften. «Ich weiss, dass viele Genossenschafter Zweitwohnungen haben und deshalb auch für die Abschaffung des Eigenmietwerts sind», sagt er.

«Sie sagen natürlich nicht gerne, dass sie eine Wohnung in den Bergen haben.» Deshalb seien sie lieber zurückhaltend, wenn es um die Abstimmung gehe.

Aktuellen Abstimmungsumfragen zufolge stimmen 51 Prozent der Stimmberechtigten für die Eigenmietwert-Vorlage und 45 Prozent dagegen. Viele Ja-Stimmen dürften auch von Mieterinnen und Mieter kommen.

Laut Albert Leiser haben viele Mieterinnen und Mieter den Wunsch nach einem Eigenheim. «Auch sympathisieren sie mit der Vorlage, weil sie daran denken, vielleicht einmal Wohneigentum zu erben.» Dann seien sie auch froh, wenn diese Steuer wegfalle.

«Aber ja nicht im eigenen Quartier»

Die Haltung überrascht den HEV-Direktor nicht.

«Meine Eltern sagten früher immer, ich solle für die Sache, für die Schweiz stimmen», sagt der 68-Jährige. Heute hingegen stehe der eigene Vorteil im Vordergrund.

Ein klassisches Beispiel dafür sei verdichtetes Bauen. «Wenn woanders Hochhäuser gebaut werden sollen, ist man dafür – aber ja nicht im eigenen Quartier.»

Ohne Eigenmietwert drohten 500 Franken zusätzliche Steuern

Dennoch soll es auch viele Besitzerinnen und Besitzer von Wohneigentum geben, die am Eigenmietwert festhalten wollen.

«Zwei Drittel der Bevölkerung verlieren beim Systemwechsel bei den Liegenschaftssteuern», sagt Lena Allenspach, Mediensprecherin der SP Schweiz.

Eigenmietwert
Laut Lena Allenspach, Mediensprecherin der SP Schweiz, wollen sich zahlreiche Eigenheimbesitzende dafür einsetzen, dass der Eigenmietwert nicht abgeschafft wird. - lena-allenspach.ch

Der Systemwechsel koste 500 Franken zusätzliche Steuern pro Jahr, warnt Allenspach. Das könnten sich viele Eigenheimbesitzerinnen und -besitzer sowie Mieterinnen und Mieter nicht leisten.

Empört über «skandalöse Kampagne»

In den letzten Wochen haben sich laut Allenspach zahlreiche Eigenheimbesitzende mit der SP in Verbindung gesetzt.

«Weil sie sich für ein starkes Nein zur Vorlage engagieren möchten», sagt die Mediensprecherin. Viele seien empört über die «skandalöse Kampagne» der HEV-Lobby. «Die mit ihrem Sieben-Millionen-Budget lügnerische Dark Ads von Jacqueline Badran auf Social Media orchestriert hat.»

Kürzlich hat das Ja-Komitee auf Social Media mit unvollständigen Quotes von SP-Nationalrätin Jacqueline Badran geworben. Es erweckte deshalb den Eindruck, als wäre sie für anstatt gegen die Abschaffung des Eigenmietwerts.

Kommentare

User #5373 (nicht angemeldet)

Logisch muss man bei demokratischen Abstimmungen im Sinne des eigenen Wohles entscheiden. Am Schluss gewinnt ja die Mehrheit, also es kommt so raus, dass die Mehrheit dann auch profitiert.

User #4651 (nicht angemeldet)

NEIN zur Zürcher Millionärs-Giesskanne. Mieter haben auch Rechte!!

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