Die Brexit-Übergangsphase endet in wenigen Wochen. Noch immer verhandelt Johnson mit der EU und wird als «Grossbritanniens Trump» kritisiert.
Coronavirus - Grossbritannien
Der britische Premierminister Boris Johnson spricht in Downing Street vor den Medien. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Brexit-Übergangsphase endet in weniger als zwei Monaten.
  • Noch immer gibt es erhebliche Differenzen beim Brexit-Handelspakt.
  • Teile der Opposition kritisieren Johnson als «Grossbritanniens Trump».

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der britische Premierminister Boris Johnson haben bei einem Gespräch über den Brexit-Handelspakt keinen Durchbruch erzielt. Es habe zwar in jüngster Zeit Fortschritte gegeben, aber es gebe noch erhebliche Differenzen, teilten sie nach einem Telefonat mit.

Dies betreffe vor allem die Bereiche Wettbewerbsbedingungen und Fischerei. Brüssel und London wollen ab Montag weiterverhandeln. Teile der Opposition forderten Johnson auf, nach der US-Präsidentenwahl nun endlich seine Brexit-Politik zu ändern und nannten ihn «Grossbritanniens Trump».

Dann scheidet Grossbritannien aus dem EU-Binnenmarkt und der Zollunion aus. Ohne Vertrag drohen Zölle und andere Handelshemmnisse.

Corona-Krise und US-Wahlen erhöhen Druck auf Brexit-Deal

Zwei Entwicklungen könnten den Druck auf Grossbritannien verstärken, doch noch einen Handelspakt mit der EU zu erreichen: Zum einen ist das Land besonders stark von der Corona-Pandemie betroffen und dadurch die Wirtschaft ohnehin schon stark belastet. Zum anderen könnte nach Ansicht von Kommentatoren der Präsidenten-Wechsel in den USA die Chance auf einen Deal zwischen London und Brüssel erhöhen.

Die zwei verstehen sich: Johnson ist ein grosser Bewunderer Trumps.
Die zwei verstehen sich: Johnson ist ein grosser Bewunderer Trumps. - dpa

Wahlsieger Joe Biden von den Demokraten ist der EU zugetan - im Gegensatz zum Brexit-Anhänger Donald Trump, der vor allem ein lukratives Handelsabkommen mit Grossbritannien im Sinn hatte. Der Fraktionschef der Schottischen Nationalpartei (SNP) im britischen Parlament, Ian Blackford, forderte Johnson auf, dass er nun über seinen Ruf als «Grossbritanniens Trump» nachdenken sollte. Johnsons «extreme Brexit-Politik» und seine Nähe zu Trump hätten ihn «zunehmend von der Weltbühne isoliert», twitterte er. Labourchef Keir Starmer lobte Bidens «Anstand, Integrität, Mitgefühl und Stärke».

Die verbleibende Zeit für die Verhandlungen ist extrem knapp, da ein Abkommen noch ratifiziert werden müsste. Beide Seiten wollten ihre Bemühungen verdoppeln, teilte ein britischer Regierungssprecher mit. Man werde weiter intensiv in den nächsten Tagen zusammenarbeiten, twitterte von der Leyen am Samstag nach dem bilanzierenden Gespräch. Johnson hatte am Freitag dem Sender Sky News gesagt, dass er immer noch auf einen Deal hoffe. Er deutete dabei an, dass eine Entscheidung um das kommende Wochenende herum möglich wäre.

Verheerende Folgen eines No-Deal-Brexit

Die Gespräche zwischen der EU und Grossbritannien verliefen über viele Monate sehr schleppend. London verliess zwischenzeitlich sogar den Verhandlungstisch. Brüssel hatte ursprünglich erklärt, man müsse sich bis Ende Oktober einigen, damit ein Vertrag noch ratifiziert werden könne. Die Frist verstrich, doch die Gespräche wurden fortgesetzt.

Bei einem No-Deal-Brexit wären die Folgen massiv: Tausende Lastwagen werden sich Prognosen zufolge wegen der Grenzkontrollen im Raum Dover stauen, viele Regale in Supermärkten und Apotheken leer sein. Auch die EU-Staaten wären getroffen. Zehntausende Jobs seien in Gefahr, warnte kürzlich der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). In Grossbritannien drohen innenpolitische Verwerfungen. Schottlands Bestreben nach Unabhängigkeit könnte noch grösser werden.

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