Donald Trump: Darum greift er «Drogenboote» vor Venezuelas Küste an
Donald Trump lässt immer wieder angebliche Drogenboote vor der Küste Venezuelas & in der Karibik versenken. Doch geht es ihm wirklich um den Kampf gegen Drogen?

Das Wichtigste in Kürze
- Über 60 Menschen sind bei US-Attacken auf angebliche Drogenboote bisher gestorben.
- Die USA entsenden zudem einen Flugzeugträger nach Lateinamerika.
- Laut Experten geht es Trump auch darum, Risse im venezolanische Regime zu provozieren.
Seit Wochen greifen die USA mehrfach angeblich mit Drogen beladene Boote in der Karibik und im Pazifik an. Dutzende Menschen sollen dabei getötet worden sein.
Das Vorgehen zieht viel Kritik nach sich, auch weil die rechtliche Grundlage für die Angriffe unklar ist. Die Vereinten Nationen rufen die US-Regierung zur Zurückhaltung auf.
Donald Trump wiederum zog eine Parallele zu religiös motiviertem Terrorismus. Der US-Präsident verglich die Drogenkartelle mit «dem Islamischen Staat der westlichen Hemisphäre».
Ausserdem haben die USA entschieden, den Flugzeugträger «USS Gerald R. Ford» in die Region zu entsenden.
Der US-Militäreinsatz in Karibik und Pazifik hat zudem insbesondere die Spannungen zwischen den USA und Venezuela erheblich verschärft.
Donald Trump wirft dem venezolanischen Staatschef Nicolás Maduro vor, Drogenbanden zu kontrollieren. Maduro wiederum kritisiert das Vorgehen der USA scharf.
Doch geht es Donald Trump bei den Attacken wirklich um den Krieg gegen Drogen? Experten schätzen bei Nau.ch ein.
Übt Donald Trump mit Angriffen Druck auf Russland aus?
«Aus meiner Sicht geht es vor allem darum, Unsicherheit zu schüren. Und den Einfluss der USA im Karibischen Becken zu erweitern. Das bezieht sich auf Drogenökonomie wie auf Venezuela, mit völlig offenem Ausgang», erklärt Lateinamerika-Experte Günther Maihold.
Zudem wolle Donald Trump mit Venezuela auch einem Verbündeten Russlands im eigenen Hinterhof Druck machen. «Um eine zusätzliche ‹Front› neben der Ukraine gegenüber Moskau aufzubauen.»

Auch Christopher Hernandez-Roy vom «Center for Strategic and International Studies» sagt gegenüber Nau.ch: «Es besteht kein Zweifel daran, dass die Ziele des US-Präsidenten über die blosse Ausschaltung mutmasslicher Drogenboote in der Karibik hinausgehen.»
Donald Trump habe angedeutet, dass als nächstes Angriffe auf die Infrastruktur des venezolanischen Kartells folgen könnten.
Das deute auf ein mögliches Ziel eines Regimewechsels in Venezuela hin. «Nicht durch eine Invasion oder mit US-Bodentruppen, sondern durch zunehmend stärkeren Druck.»
Etwa, indem angekündigt wurde, dass die CIA geheime Aktionen durchführen könnte. Oder indem die USA Bomber in der Nähe des venezolanischen Luftraums fliegen lassen.
Hernandez-Roy schliesst dabei nicht aus, dass es zu Luftangriffen kommen könnte.
«Risse im Regime Venezuelas verursachen»
Dieser Druck soll «Risse im Regime Venezuelas verursachen, die dazu führen könnten, dass Maduro zurücktritt oder gestürzt wird. Und hoffentlich einen Weg für die demokratische Opposition ebnen, die Macht zu übernehmen.»
Das glaubt auch Lateinamerika-Experte Maihold. Doch: «Bislang haben sich alle Erwartungen auf eine Fragmentierung dieser Machtallianz nicht erfüllt.»
Letztlich handle es sich um eine Art «Verunsicherungsszenario».
Trump geht es aber auch tatsächlich darum, den Drogenfluss in die USA zu unterbinden, sagt Hernandez-Roy.
Die Vorwürfe Trumps sind nicht frei erfunden: Mitglieder der venezolanischen Regierung und des Militärs seien glaubhaft beschuldigt worden, den Drogenhandel zu begünstigen oder daran beteiligt zu sein.
«Zwei von Maduros Neffen wurden in Haiti wegen Kokainhandels in den USA verurteilt.»
Das bedeutet laut dem Experten zwar nicht, dass Maduro die «Drogenbanden» kontrolliert. Er sei aber mitverantwortlich dafür, dass Ressourcen und Territorium der venezolanischen Regierung für den Drogenhandel benutzt werden.
Angriffe dämmen Drogenfluss in die USA wohl langfristig nicht
Die beiden Experten glauben, dass die Bootsangriffe der US-Regierung den Drogenfluss in die USA kurzfristig beeinflussen können.
Aber: «Nur reagieren Drogenkartelle meist mit der Verschiebung auf andere Routen. Etwa über den zentralamerikanischen Isthmus oder die Pazifik-Küste», so Maihold.
Der Lateinamerika-Experte ergänzt: «Meist laufen die Überwachungsversuche solchen Veränderungen nur hinterher. Ohne, dass dadurch in der Vergangenheit eine signifikante Reduzierung des Drogenangebotes auf dem US-Markt eingetreten ist.»
Laut Hernandez-Roy hat all das sowieso keinen Einfluss auf die Nachfrage nach Drogen in den USA.
«Solange die Nachfrage besteht und es Geld zu verdienen gibt, werden die Drogenhandelsorganisationen bereit sein, ihre Lieferungen wieder aufzunehmen.»

Schliesslich sei es für diese ein Leichtes, Menschen und Boote zu ersetzen.
«Es könnte sein, dass sie ihre Vorgehensweise ändern. Und verstärkt auf den Transport von Drogen in kleinen Flugzeugen oder zunehmend auf kommerzielle Containertransporte zurückgreifen.»
Experten: Luftangriffe ja, Militäroperationen auf venezolanischem Boden nein
Dass es zu US-Militäroperationen auf venezolanischem Boden kommt, glauben die beiden Experten nicht.
«Luftangriffe, zunächst gegen mutmassliche Infrastrukturen und Kapazitäten im Zusammenhang mit dem Drogenhandel, sind jedoch eine wahrscheinlichere Möglichkeit», sagt Hernandez-Roy.
Maihold fügt hinzu: «Ein Flugzeugträger mit 4000 Mann dürfte für ein solches Unternehmen nicht hinreichend sein. Sondern nur für einzelne militärische Aktionen und Drohkulissen taugen.»

Die Wahrscheinlichkeit eines militärisch herbeigeführten Regimewechsels erscheint ihm daher eher gering.
«Soweit man sehen kann, liegt bei der Trump-Administration keine belastbare Planung für ein Regimewechsel-Szenario vor.»
Eine Kontrolle des venezolanischen Territoriums dürfte demnach ohnehin nur schwer herzustellen sein. Zudem würde die umfassende Verbreitung von Waffen und kriminellen Gewaltakteuren ein solches Handeln unberechenbar machen.
«Dies würde zudem ein langfristiges US-Engagement zum Wiederaufbau des Landes beinhalten.» Dies werde seitens der Anhängerschaft von Donald Trump auch eher kritisch gesehen.
Kein Interesse an «offenem Krieg»
Für Maihold ist klar: «Keine der Parteien hat aus meiner Sicht ein Interesse an einem ‹offenen Krieg›. Die Folgen sind kaum zu überblicken und langfristige Kosten unvermeidlich.»
Dass die USA gegen internationales Recht verstossen, «war im eigenen ‹Hinterhof› schon historisch immer wieder der Fall».
Venezuela werde weiterhin darauf reagieren, «durch Mobilisierung(sübungen) der eigenen Milizen» mögliche Kosten für ein militärisches Eingreifen der USA zu erhöhen.
Und: «Keine eigenen Gegenaktionen starten, um keinen Eskalationsvorwand zu liefern.»

























