BSC Young Boys

YB – Lars Lunde: «Der Titel muss wieder über YB führen»

Christoph Böhlen
Christoph Böhlen

Bern,

Am Samstag startet YB in die neue Saison. Club-Legende und Nau.ch-Kolumnist Lars Lunde spricht vor dem Spiel gegen Servette im Interview über seine Erwartungen.

YB
Nau.ch-Kolumnist Lars Lunde schreibt über YB. - Nau.ch / Ueli Hiltpold

Das Wichtigste in Kürze

  • YB legt am Samstag (20.30 Uhr) mit einem Heimspiel gegen Servette los.
  • Lars Lunde hofft, dass der Club die richtigen Schlüsse aus der letzten Saison gezogen hat.
  • Der Nau.ch-Kolumnist erklärt im Interview, was er sich von den Neuzugängen verspricht.

1986 wird Lars Lunde mit YB Meister – bis heute ist der Däne ein treuer Fan seines Clubs. Für die neue Saison hat er klare Erwartungen, erklärt er im Interview.

BärnerBär: Lars Lunde, wie gross ist Ihre Vorfreude auf die neue Saison nach der langen Sommerpause?

Lars Lunde: Für eine Sommerpause war es mit Länderspielen, Club-WM und Frauen-EM zu unruhig für meinen Geschmack. Mir fehlen im Fussball mittlerweile die Phasen, in denen man mal durchschnaufen kann.

Aber auf den Start von YB freue ich mich natürlich trotzdem: Ich hoffe, der Club zeigt, dass man aus der letzten Saison die richtigen Schlüsse gezogen hat.

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Am Samstag gilt es für YB wieder ernst. - keystone

BärnerBär: Blicken wir noch kurz zurück: Die letzte Saison lief nicht nach Wunsch. Woran lag es aus Ihrer Sicht?

Lars Lunde: Als Aussenstehender haben mir im Team die Leaderfiguren gefehlt. Das sahen nicht alle so. Aber ich hätte mir in schwierigen Phasen und engen Spielen mehr Häuptlinge auf dem Platz gewünscht. Oftmals reichte ein Rückschlag oder ein Gegentor, und YB fiel aus dem Konzept.

Zudem fehlten mir ab und zu die Aggressivität und die Gallikeit. Das hat YB in den letzten Jahren eigentlich immer ausgezeichnet. Und: Gegen tiefstehende Gegner hatte YB meist Mühe. Das erklärt, warum man gegen die Top-6-Clubs, die eher mitspielen wollen, deutlich mehr Punkte geholt hat.

Gregory Wüthrich posiert vor dem YB-Teambus
Zurück bei Gelb-Schwarz: Gregory Wüthrich posiert vor dem YB-Teambus - Daniel Zaugg

BärnerBär: Stichwort Leaderfiguren: Mit Gregory Wüthrich und Edimilson Fernandes hat man zwei gestandene Spieler geholt. Der richtige Schritt?

Lars Lunde: Bei Wüthrich bin ich gespannt, wie er sich in den letzten Jahren entwickelt hat. Er muss seine starke Form, die er bei Sturm Graz an den Tag legte, jetzt bei YB bestätigen. Ich wünsche mir, dass er in der Innenverteidigung der ruhende Pol wird.

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Edimilson Fernandes unterschreibt bei YB. - bscyb.ch

Edimilson hat mich 2022 während seiner Leihe nicht durchgehend überzeugt. Aber da spielte er auch noch auf der Seite. Jetzt ist er im Zentrum eingeplant. Wer bei Brest in der Champions League auf der Sechs spielt, kann das auch bei YB – keine Frage.

BärnerBär: Was erhoffen Sie sich sonst noch punkto Zu- und Abgänge?

Lars Lunde: Im Optimalfall hast du dein Team zum Saisonstart komplett beisammen. Doch die Liga startet Ende Juli, das Transferfenster ist aber noch bis Anfang September geöffnet. Das macht die Planung schwierig.

Auf das endgültige Kader müssen wir darum wohl noch einige Wochen warten. Ich hoffe einfach, dass YB pünktlich zum Saisonstart drei, vier Leader auf dem Platz hat, die vorneweg gehen.

BärnerBär: Also neben den Neuzugängen auch Captain Loris Benito und Christian Fassnacht? Oder an wen denken Sie?

Lars Lunde: Zum Beispiel, ja. Aber für mich ist auch Goalie Marvin Keller ein Leader – trotz seines jungen Alters. Er ist bärenstark und hat mit 23 Jahren eine beeindruckende Ausstrahlung.

BärnerBär: Keller ist seit der Ankunft von Giorgio Contini die Nummer 1 bei YB. Wie sind Sie mit der Arbeit des Trainers zufrieden?

Lars Lunde: Der Goalie-Entscheid war goldrichtig. Ansonsten bin ich der Meinung, dass die durchzogene Saison nicht am Coach festzumachen ist. Es gab in den letzten Jahren zu viele Wechsel auf der Trainerbank. Darum ist es wichtig, dass man für Contini jetzt die Voraussetzungen schafft, damit er erfolgreich arbeiten kann.

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Lars Lunde hofft, dass sich Giorgio Contini bei YB auf eine Stammelf festlegt. - keystone

BärnerBär: Welche Erwartungen haben Sie an den YB-Trainer?

Lars Lunde: Für mich ist es wichtig, sich auf eine Stammelf festzulegen und vor allem zu Saisonbeginn nur wenig zu rotieren. Ein Team braucht Automatismen, die müssen sich einspielen – und das braucht Zeit.

BärnerBär: Wie muss YB spielen, damit Sie zufrieden aus dem Stadion gehen?

Lars Lunde: Ich erwarte, vor allem in den Heimspielen, dass YB das Spiel bestimmt. Und dass jeder Gegner unter Druck gesetzt wird. Ein hohes Pressing gehört für mich im Wankdorf dazu, das gegnerische Team soll kaum zum Atmen kommen.

Zudem soll YB vor allem im Zentrum physisch überlegen sein. Das ist die Philosophie, die YB in den vergangenen Meisterjahren stark gemacht hat. Zuletzt war das nicht immer so.

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YB (hier mit Zachary Athekame) startet am Samstag gegen Servette in die neue Saison. - keystone

BärnerBär: Was hat gefehlt?

Lars Lunde: Ich hätte YB in einigen Spielen druckvoller erwartet. Aber was hoffentlich auf diese Saison besser wird, ist die Balance zwischen Angriff und Verteidigung. Wir haben uns zu oft auskontern lassen, das sollte nicht passieren.

Hier verspreche ich mir eine Steigerung durch die Routine von Wüthrich und Fernandes. Rund um die neue Achse hoffe ist, dass einige Spieler den nächsten Schritt in der Entwicklung schaffen.

BärnerBär: Von wem erwarten Sie eine klare Steigerung?

Lars Lunde: Zum Beispiel von Lewin Blum! Für ihn wird es eine entscheidende Saison. Er hat zuletzt stagniert und wurde von Zachary Athekame rechts überholt. Wenn Blum bleibt, muss er den Nachweis erbringen, bei YB Stammspieler zu sein. Dann gibt es aber auch Spieler, bei denen würde ein Wechsel nicht schaden.

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Von Lewin Blum erwartet Lars Lunde in dieser Saison eine Steigerung. - keystone

BärnerBär: Zum Beispiel?

Lars Lunde: Kastriot Imeri hat mich leider enttäuscht, von ihm habe ich mehr erwartet. Aber er hat seine Chancen zu selten genützt, für ihn scheint es im YB-System keine passende Position zu geben. Auch für Lukasz Lakomy wird es eng – nach dem Zuzug von Fernandes umso mehr.

BärnerBär: Wem trauen Sie in der kommenden Saison den grössten Sprung nach vorne zu?

Lars Lunde: Ich halte grosse Stücke auf Ebrima Colley. Er hat gute Anlagen, ist fleissig. Leider schaut noch zu selten etwas Zählbares heraus. Aber wenn er ein paar Spiele am Stück spielen darf – und das Vertrauen erhält? Dann traue ich ihm eine gute Entwicklung zu.

BärnerBär: Beim Auftaktspiel am Samstag gegen Servette feiert YB auch gleich 20-Jahre Wankdorf. Wie oft sind Sie im Stadion anzutreffen?

Lars Lunde: Ich versuche, kein Heimspiel zu verpassen. Weil mir YB glücklicherweise immer zwei Tickets zur Verfügung stellt, bin ich eigentlich immer vor Ort.

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1986 spielt Lars Lunde mit YB im alten Wankdorf gegen Real Madrid. - keystone

BärnerBär: Sie haben noch im alten Wankdorf gespielt. Vermissen Sie das alte Stadion manchmal?

Lars Lunde: Der Fussball hat sich in den letzten 40 Jahren verändert, das gilt auch für die Stadien. Mir hat das alte Wankdorf gepasst, das war «mein Zuhause». Aber man muss ehrlich sein: Irgendwann war es zu alt.

Das neue Wankdorf gefällt mir sehr, auch wenn es oft ein wenig zu fest zieht. Und ich hoffe natürlich, dass der Naturrasen bald einmal für immer bleiben kann.

Traust du YB den Meistertitel zu?

BärnerBär: Dann wagen wir noch den Ausblick auf die neue Saison. Wer steigt ab?

Lars Lunde: Das ist noch zu früh... Thun wird es als Aufsteiger sicher nicht einfach haben. Und Winterthur muss seinen überragenden Saisonendspurt zuerst bestätigen. GC wird es übrigens nicht treffen. Sportchef Alain Sutter hat schon in St.Gallen gezeigt, dass er einen guten Job macht.

BärnerBär: Und wer holt sich den Meistertitel?

Lars Lunde: Was für eine Frage … Ich setze natürlich auf YB, der Meistertitel muss über uns führen. Ich hoffe einfach, dass es das Team von Anfang an auf den Platz bringt. Dass der FCB und Xherdan Shaqiri nochmal so eine Saison hinlegen, glaube ich nicht.

****

1986 schiesst Lars Lunde YB zum Meistertitel. Ein Jahr später wechselt der Däne zum grossen Bayern München in die Bundesliga. Später spielt er auch unter Ottmar Hitzfeld für Aarau.

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Lars Lunde (Mitte, links Dario Zuffi) schiesst YB 1986 zum Meistertitel. - keystone

Im Alter von 26 Jahren muss Lunde wegen der Folgen eines Verkehrsunfalls seine Karriere beenden. Bis heute ist der 61-jährige Lars Lunde in Bern eine Legende – und seit 2024 auch Nau.ch-Kolumnist.

Kommentare

User #2194 (nicht angemeldet)

Liederfiguren gefehlt... na hattes es genug. Agressivität gefehlt... so viele gelbe und Rote Karten... Was labert Lars da...

User #6141 (nicht angemeldet)

Servette wird jedoch vor den unsymphatischen Bernern stehen! Und die gesamte Schweiz wünscht sich YB auf Platz 12!

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