Der «Gäub-Schwarze» Kreis schliesst sich
Nach sechs Jahren im Ausland kehrt Gregory Wüthrich zurück und unterschreibt bei YB bis 2028.

Aus dem «Schwoaza» – so wird Sturm aufgrund der Vereinsfarben im steirischen Dialekt bezeichnet – ist wieder ein «Gäub-Schwarzer» geworden.
Während in Bern über den Zuzug frei nach Alt-Bundesrat Dölf Ogi «Freude herrscht», ist die Stimmungslage in der Hauptstadt des Bundeslands Steiermark niedergeschlagen. Michael Parensen, Geschäftsführer Sport beim österreichischen Champion: «Gregory Wüthrich war in den vergangenen fünf Jahren ein Vorzeigespieler, ein Führungsspieler dieses Teams, der sich stets in den Dienst der Mannschaft gestellt hat.
Gregorys Erfolge mit dem SK Sturm sprechen für sich, nun will er eine neue Herausforderung annehmen, für die wir ihm alles Gute wünschen möchten. Danke Gregory, du wirst beim SK Sturm immer ein gerne gesehener Gast sein.»
Stabilisator, Führungsspieler, Vorbild, so wurde Gregory Wüthrich in den letzten Jahren in den Medien in Graz umschrieben. «Der Grazer» und die dem Boulevard frönende «Kleine Zeitung» zeigten sich über den Abgang des «Schlüsselspielers» und «Abwehrorganisators» wenig erfreut.
Anders tönt es in Bern. Christoph Spycher, Delegierter Sport des YB-Verwaltungsrats: «Gregory Wüthrich hat sich in den letzten Jahren extrem positiv entwickelt, ist bei Sturm Graz mit gutem Beispiel vorangegangen und hat massgeblich zu den geschichtsträchtigen Erfolgen beigetragen. Es ist für uns eine grosse Freude, dass er sich für die Rückkehr zu YB entschieden hat. Er wird uns mit seiner Spielweise, seiner Persönlichkeit und seinem Ehrgeiz sehr guttun.»
Ein weinendes und ein lachendes Auge
Der Abschied aus der wunderschönen zweitgrössten Stadt Österreichs ist Gregory Wüthrich nicht leichtgefallen. Statt beim Grazer Uhrturm wieder am Berner Zytglogge, statt Puntigamer wieder Gurten-Bier (Wüthrich: «Ich trinke weder das eine noch das andere»).
Mit bewegenden Worten hat er sich beim Klub, bei dem er einen grossen Schritt getan und den Sprung ins Kader des Nationalteams geschafft hat, verabschiedet, mit einem Strahlen in den Augen bei YB zurückgemeldet. «Die letzten fünf Jahre verliefen für mich sehr positiv. Ich bin in eine neue Rolle hineingewachsen und habe mich als Bindeglied zwischen den jungen und älteren Spielern bewähren können.»
Persönlich
Gregory Wüthrich wurde am 4. Dezember 1994 in Bern geboren. Er spielte als Junior für den SC Holligen 94 und den SC Bümpliz 78. 2006 wechselte er zu YB, durchlief sämtliche Juniorenstufen und debütierte 2014 im Fanionteam. Drei Meistertitel mit YB (2018, 2019 und 2020). U19-, U20- und U21-Nationalspieler, zwei A-Länderspiele. Weitere Vereine: GC und Perth Glory, ab August 2020 bis Sommer 2025 bei SK Sturm Graz. Zweimal Meister und zweimal Cupsieger. Neu bei YB, Vertrag bis 2028. Doppelbürger Schweiz/Ghana.
Dass Wüthrichs Bilanz bei Sturm positiv ausfällt, ist klar. «Bei meiner Ankunft hatte Red Bull Salzburg gerade den elften Titel in Serie feiern können. Dass es uns gelang, diese Serie zu beenden, war für alle überraschend, denn In Salzburg stehen ganz andere finanzielle Mittel zur Verfügung als in Graz.» Bei der Frage nach dem Niveau-Unterschied zwischen der österreichischen Bundesliga und der Super League will sich Wüthrich nicht festlegen.
«Dies kann ich wohl erst nach ein paar Spielen beantworten. Ich denke die beiden Ligen sind etwa gleich einzustufen, die Spitze ist in Österreich wohl etwas breiter.»
Nachdem er in Bern wegen Verletzungen nur ein Spiel in der Champions League hatte bestreiten können, freut sich Gregory Wüthrich umso mehr, dass er zuletzt mit den Grazern in der Königsklasse alle Spiele bestreiten durfte. «Höhepunkt war sicher der Sieg gegen Red Bull Leipzig», blickt er auf die mit zwei Siegen erfolgreiche Kampagne zurück.
Obwohl die Steirer ihre Heimspiele im Wörthersee Stadion in Klagenfurt austragen mussten, weil die Grazer Merkur Arena nicht den UEFA-Anforderungen entspricht, gewannen sie zwei der drei Heimspiele.

Siegermentalität vorleben
Zurück in Bern will Gregory Wüthrich die Rolle, die er in Graz ausgeübt hat, weiterführen. «Ich hoffe, dass ich als erfahrener Abwehrspieler bei YB die gleiche Funktion wie bei Sturm übernehmen, zusammen mit Captain Loris Benito das Gerüst in der Abwehr bilden, meine Siegermentalität vorleben und zur defensiven Stabilität beitragen kann.
Für mich ist es wunderschön, dass sich der Kreis schliesst und ich meine Karriere dort werde beenden können, wo sie begonnen hat. Sicher wird meine Rolle eine andere sein, als sie es war, als ich YB in Richtung Australien verliess und dort einen Neuanfang startete.»
Ein Sonntagskind
Interessant ist der zweite Vorname, der in Wüthrichs Geburtsurkunde festgehalten ist. «Kwesi», was nichts anderes als Sonntagskind bedeutet und Teil der Akan-Tradition ist, bei der Babys in Ghana – der Heimat seiner Mutter – nach dem Wochentag ihrer Geburt benannt werden.
Vier Titel in Österreich, dreimal Meister mit YB – Wüthrich ist ein echtes Sonntagskind. Bleibt einzig die Frage, wie viele Titel er seinem reich gefüllten Erfolgs-Palmares noch beifügen wird. Gelegenheit dazu gibt es genügend; der Vertrag bei YB läuft (vorerst) bis 2028.