Fussball-Talk: Wie weiter nach Debakel bei YB & FCZ? 6 Nati-Punkte!
YB und der FCZ blamieren sich in der Super League, Thun ist Leader – und auf die Nati warten zwei Auswärtsspiele. Willkommen beim Fussball-Talk.

Das Wichtigste in Kürze
- Der FCZ verliert das Zürcher Derby gegen GC 0:3, YB kassiert in Lausanne ein 0:5-Packung.
- Thun ist nach dem Sieg in St.Gallen Leader, der FCB nimmt den Schwung aus Europa mit.
- Die Nati kann in Schweden und Slowenien einen grossen Schritt Richtung WM machen.
- Sportchef Christoph Böhlen und Fussball-Chefreporter Mischi Wettstein im Gespräch.
Nau.ch: Starten wir gleich mit dem YB-Debakel: Statt sich die Tabellenführung zu holen, gehen die Berner in Lausanne mit 0:5 unter. Was war denn da los?
Christoph Böhlen: Bevor ich loslege, möchte ich Lausanne ein Kompliment machen: Das war ein richtig starker Auftritt, so wird das Zeidler-Team noch einen grossen Sprung nach oben machen.
Mischi Wettstein: Jetzt fängt das schon wieder an. Willst du dieses Debakel deiner Berner jetzt noch schönreden?
Christoph Böhlen: Lass mich doch ausreden … Für eine solche Lausanne-Leistung braucht es eben auch einen schwachen Gegner: Und der YB-Auftritt am Sonntag war wirklich unter jeder Sau! Immer, wenn man denkt, dass sich das Team gefestigt hat und langsam Fahrt aufnimmt, kommt der nächste Rückschlag.

YB-Boss Christoph Spycher sagt nach dem Spiel, dass man mit dem Trainer da rauskommen wolle. Doch ich habe ehrlich gesagt Zweifel an der Arbeit von Giorgio Contini: Es ist bei weitem nicht der erste Rückschlag, zudem fehlt mir im YB-Spiel immer noch eine klare Idee. Taktisch lassen die Auftritte regelmässig zu wünschen übrig. Und die defensive Stabilität, die Contini zu Beginn reingebracht hat, ist auch weg.
Mischi Wettstein: Stopp, lass mir Giorgio Contini in Ruhe! Es ist immer zu einfach, mit dem Finger auf den Trainer zu zeigen. Aber es sind die Spieler, die auf dem Platz stehen! Bei einer solchen Arbeitsverweigerung ist der Trainer machtlos.
Christoph Böhlen: Eben gerade nicht: Am Ende ist immer der Trainer verantwortlich! Und wenn man so auftritt, wie beim Debakel gestern, habe ich grosse Zweifel, wie sich das bessern soll. A propos Debakel, unsere Teams haben ja beide nicht abgeliefert: Wie lief es im Zürcher Derby, Mischi?

Mischi Wettstein: Das war ja klar! Ich mache es wie du: GC war an diesem Tag einfach richtig gut.
Christoph Böhlen: Das wird dich kaum überraschen: Dass die Hoppers gewinnen, habe ich dir doch schon letzte Woche angekündigt
Mischi Wettstein: Jetzt drückst du auch noch den Finger in die Wunde … Aber der Reihe nach: Im Fussball kann man verlieren – sogar mal ein Derby. Aber wer in einem Stadtderby ohne Gift und Galle auftritt, soll das nächste Mal besser im Bett liegen bleiben. Dieser Auftritt war eines Derbys unwürdig. Das kann der FCZ-Fan nicht akzeptieren.
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Christoph Böhlen: Dass die Einstellung bei GC besser war, liegt sicher auch am Trainer. Gerald Scheiblehner macht auf mich einen sehr guten Eindruck.
Mischi Wettstein: Wie Scheiblehner mit dem Derby umging («Derbys spielt man nicht – man gewinnt sie!») – das erwarte ich von einem Coach. Die Hoppers waren von Anfang an bereit. Stellt sich die Frage, was FCZ-Coach Mitchell van der Gaag vor dem Spiel erzählt hat? Entweder haben ihn die Spieler nicht verstanden – oder es hatten alle gerade eine Ohrenentzündung.
Christoph Böhlen: Müsste man sich beim FCZ nicht auch mal die Trainer-Frage stellen? So richtig rund läuft es unter Mitchell van der Gaag nicht. Zumindest nicht so, wie sich Ancillo Canepa und Milos Malenovic das vorstellen.

Mischi Wettstein: Ach was, diese Trainerdiskussionen sind doch lächerlich! Wer die Tabelle lesen kann, sieht: Es ist noch nicht mal ein Viertel der Saison gespielt. Warum sollte man jetzt schon über Trainerentlassungen diskutieren?
Sowohl der FCZ als auch YB haben in dieser Saison schon gezeigt, dass sie es können. Vielleicht müssten die beiden Teams besser mal zum Psychologen? Wie ich gehört habe, ist das zum Beispiel bei GC der Fall. Die machen es vor und holen sich grüppchenweise mentale Unterstützung vor dem Spiel – und gewinnen dann das Derby. Also alles richtig gemacht!
Nau.ch: Wechseln wir zum Meister: Der FCB gewinnt bei Servette mit 3:0.
Mischi Wettstein: Ich habe nichts anderes erwartet. Das Magnin-Team hat sich mit dem Sieg gegen Stuttgart richtig viel Energie geholt. Und der VfB rangiert in der Bundesliga mittlerweile auf einem Champions-League-Platz. Dieser Booster führt den FCB zum klaren Sieg in Genf.

Christoph Böhlen: Abgesehen von den guten Leistungen der Basler: Ich finde, bei Servette müsste man langsam aber sicher über die Bücher. Aus den Grenats werde ich nicht schlau – auch nicht nach dem sehr frühen Trainerwechsel.
Mischi Wettstein: Für mich sind die Genfer eine der grösseren Enttäuschungen der bisherigen Saison. Aber auch da ist es noch zu früh, um ein Urteil zu fällen. Es ist immer noch alles nahe beieinander in der Tabelle. Bis auf Winterthur bleibt jedes Team im Rennen um die Top 6.

Nau.ch: Danke für das Stichwort: Wir wechseln gleich zum FCW, der ein 2:0 gegen Lugano verspielt und 2:4 verliert.
Mischi Wettstein: Diese Führung muss man relativieren: Der Sonntagsschuss von Hunziker zum 2:0 überdeckt vieles. Schon der Blick auf die Statistik zeigt: Lugano war über das ganze Spiel das bessere Team. Wie das Winterthur-Kartenhaus dann einbricht, da leide ich schon fast mit Trainer Uli Forte mit.
Christoph Böhlen: Ich glaube, da sind wir uns einig: Es stellt sich nicht die Frage, wer absteigt – sondern wann. Der FCW hat nicht genügend Qualität, da hilft auch der Transfer von Pajtim Kasami nicht.
Nau.ch: Der FC Thun geht als Leader in die Nati-Pause. Der Aufsteiger bezwingt den FCSG auswärts!
Mischi Wettstein: Der FCSG hat den schlechten Auftritt in Zürich ganz offensichtlich nicht verarbeitet. Aber neutral gesehen, es war ein schmeichelhafter Sieg für Thun. Ein Unentschieden lag für die Ostschweizer durchaus in der Luft.
Ich sehe im nächsten Spiel der St. Galler allerdings keine Aussichten auf einen Dreier: Der FCSG reist nach der Nati-Pause zu YB, das nach dem 0:5 unbedingt reagieren muss.

Christoph Böhlen: Wenn YB so auftritt wie in Lausanne oder in der ersten Stunde gegen Thun, riecht es eher nach dem ersten FCSG-Sieg in Bern seit 2005.
Aber bei aller Kritik an den Ostschweizern: Wir sollten auch den FC Thun loben! Das Lustrinelli-Team spielt einfach, ohne Kapriolen und sammelt sich ein tolles Winterpolster an Punkten an. Natürlich hat Thun auch ein bisschen Glück benötigt, aber das haben sie sich bisher auch erarbeitet.
Nau.ch: Zum Abschluss der Runde noch ein Blick zum FCL, der gegen Sion eine Führung in Überzahl verspielt.
Mischi Wettstein: Der FCL muss sich an der eigenen Nase nehmen. Man dachte nach dem 3:1 und der Roten Karte von Bouchlarhem, der Mist sei geführt. Da hat man sich bitter getäuscht! Mit einem Mann mehr noch zwei Tore zu kassieren, das darf dir nicht passieren.
Christoph Böhlen: Liegt das vielleicht an der mangelnden Erfahrung der jungen Frick-Truppe?

Mischi Wettstein: Ich glaube nicht. Das passiert einfach, wenn man sich zu sicher ist und glaubt, das Spiel sei bereits gelaufen. Dafür eine Gratulation ins Wallis: Dass man sich bei dieser Ausgangslage noch einen Punkt holt, ist aller Ehren wert.
Nau.ch: Mischi, du warst am Freitag noch in Aarau und hast dort die erste Saisonniederlage erlebt.
Mischi Wettstein: Mein Fazit nach diesem Spiel: Wenn Aarau schwächelt, wird Yverdon parat sein. Statt elf Punkten Vorsprung sind es jetzt noch fünf Zähler. Und dieses Polster kann schnell weg sein.
Yverdon hat verdient gewonnen – und das habe ich noch nie erlebt: Die Waadtländer hatten nach zehn Minuten einen Ballbesitz von 93 Prozent! Da haben die Aarauer den Start definitiv verschlafen.

Christoph Böhlen: Jetzt mal den Teufel nicht an die Wand, Mischi. Es war doch eine Frage der Zeit, bis die Aarauer auch mal ein Spiel verlieren. Trotzdem hat das Iacopetta-Team genügend Qualität, um Yverdon und die restliche Challenge League in Schach zu halten.
Nau.ch: Jetzt wechseln wir zur Nati, das Yakin-Team spielt in der WM-Quali gegen Schweden und Slowenien.
Mischi Wettstein: Ja! Und ich lasse mir im Koffer extra noch Platz frei, damit ich nach dem Spiel in Slowenien mit sechs Punkten im Gepäck nach Hause fliegen kann.
Aber Achtung: Mit der Einstellung ins Spiel zu gehen, gegen Schweden einen Punkt zu holen, wäre falsch – das geht meistens schief.
Ich bin überzeugt: Murat Yakin lässt unsere Nati auf Sieg spielen. Denn der Druck liegt einzig und allein auf den Schweden, ihnen ist der Start in die Quali misslungen. Das ist unsere Chance. Warum sollten wir nicht auch in Schweden gewinnen? Ich sehe keinen Grund, der dagegenspricht.

Christoph Böhlen: Ich sehe schon einige Gründe … Die starken Stürmer der Schweden haben jetzt mehr Spielpraxis in den Beinen, als vor ein paar Wochen. Die Nati-Defensive wird gefordert werden. Aber es werden sich sicher Räume zum Kontern anbieten, einen Punkt traue ich der Nati schon zu.
Ich fürchte allerdings: Das Spiel in Slowenien wird noch etwas schwieriger. Jeder rechnet mit einem Sieg und die Slowenen wollen sich für die Niederlage in Basel revanchieren. Mit solchen Ausgangslagen hatte die Nati schon öfter Probleme.
Mischi Wettstein: Ich weiss ja, dass du schlechte Laune wegen YB hast. Unsere Nati holt sechs Punkte – Ende der Diskussion!
Nau.ch: Was ist euch sonst aufgefallen?
Mischi Wettstein: War letzte Woche Yann Sommer noch ein Thema, hat sich das wieder beruhigt. Der Ex-Nati-Goalie stand sowohl in der Champions League als auch in der Serie A wieder zwischen den Pfosten.

Christoph Böhlen: Ich habe mir das Bundesliga-Spitzenspiel zwischen Bayern München und Frankfurt angeschaut. Und es ist schon brutal, wie viel Qualität der Rekordmeister auf den Platz bringt.
Diese Saison wird alles andere als spannend, die Bayern werden sich den Titel frühzeitig sichern. Und Stürmer Harry Kane marschiert von Rekord zu Rekord! Fährt er so weiter, steht er nach 34 Spielen bei über 62 Toren …
