Fussball-Talk: Handys Schuld an YB-Pleite? – FCB überrascht Freiburg
Der FCB krampft sich in die zweite Cup-Runde – YB scheitert in Aarau. Auf die beiden Teams warten jetzt europäische Aufgaben. Willkommen beim Fussball-Talk.

Das Wichtigste in Kürze
- YB, der FCZ und Servette scheitern im Schweizer Cup an unterklassigen Teams.
- Der FCB und der FCSG erreichen die nächste Runde via Penaltyschiessen.
- Für die Berner (Panathinaikos) und die Basler (Freiburg) startet die Europa League.
- Sportchef Christoph Böhlen und Fussball-Chefreporter Mischi Wettstein im Gespräch.
Nau.ch: Einige Teams der Super League haben sich im Cup nicht mit Ruhm bekleckert, allen voran YB. Die Berner scheitern beim FC Aarau. Mischi, du warst im Brügglifeld: Wie konnte das passieren?
Mischi Wettstein: Ich fand bereits während des Spiels keine Erklärung. YB war nach dem frühen Gegentor spielbestimmend, hatte genügend Chancen, um mehrere Partien zu gewinnen. Aber es fehlte eben der letzte Zwick, die letzte Konsequenz, die nötige Konzentration im Abschluss. Und da frage ich mich: wieso?
Christoph Böhlen: Hast du eine Idee? Wahrscheinlich wäre man bei YB froh um einen Denkanstoss…

Mischi Wettstein: Meine Hypothese: Waren wirklich alle zu 100 Prozent auf ihre Aufgabe fokussiert und voll konzentriert? Ich war früh im Brügglifeld und habe gesehen, wie die YB-Spieler den Platz besichtigt haben.
Dabei haben gleich mehrere das Handy dabei, machen hier noch ein Foto, da noch ein Video, senden hier noch eine Grussbotschaft. Was hat das Handy auf dem Platz verloren? Die volle Konzentration auf die Aufgabe sehe ich da nicht. Kann das Handy nicht bis nach dem Spiel im Spind bleiben? Es sollte auch für Fussballer gelten: zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen.
Christoph Böhlen: Ach komm: Hätte man das Spiel gewonnen, würde das keinen Menschen interessieren. Für mich ist das Spiel eine verpasste Chance für das Team von Giorgio Contini. Zuletzt zeigte die Tendenz klar nach oben: Man hat ein starkes Kader zusammen, gewinnt fünfmal in Serie und hätte mit dem Einzug in die nächste Runde weiter auf der Erfolgswelle reiten können.

Stattdessen scheitert man im dritten Jahr nacheinander an einem Unterklassigen und macht daneben noch mit Pyrounfällen und Bahnhof-Verwüstungen Schlagzeilen. Das ist von A bis Z ein gebrauchtes Wochenende für YB.
Mischi Wettstein: Dein YB hat aber verloren – darum ist meine Handyfrage erlaubt. Hat YB aus den letzten Cup-Outs – vor allem gegen Biel – nichts gelernt? Das habe ich nach der Partie auch Christian Fassnacht gefragt. Ich frage mich, ob die Berner lieber gegen den FCB gespielt hätten? Da wäre der Fokus sicher von Anfang an bei 100 Prozent gewesen.
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Christoph Böhlen: Das kannst du nicht vergleichen. Das Halbfinal-Aus in Biel war blamabel – aber beim FC Aarau kann dir ein Stolperer schon passieren, auch wenn es natürlich nicht gut ist. Aber das Drehbuch läuft perfekt für den Underdog, der nach sieben Siegen mit breiter Brust antreten darf: Ein frühes Tor, dann 90 Minuten mauern – damit konnte YB schon mehrfach nicht umgehen.
Aber wechseln wir doch mal das Thema: Mischi, deinen FCZ hat es ja auch erwischt?
Mischi Wettstein: Du meinst, den FCZ hat es erwischt? Ich äussere mich doch nicht zu einer Leistung, für die ich mich fremdschämen muss. Gegen Nyon darfst du nicht aus dem Cup fliegen, Punkt. Wenn ich da an die FCZ-Fans denke, die die Reise auf sich genommen haben und noch völlig nass in den Regen kamen… Da wäre ich ziemlich angepisst.

Mischi Wettstein: Das ist für mich die kleinste Überraschung: Sogar der Servette-Trainer sagte nach dem Spiel, Yverdon sei besser gewesen.
Nau.ch: Dafür ziehen der FCB und St.Gallen den Kopf noch aus der Schlinge. Da hätte es noch mehr Super-League-Teams erwischen können?
Mischi Wettstein: Ach, das ist egal: Ob mit einem Stängeli oder im Penaltyschiessen: Im Cup zählt nur das Weiterkommen, alles andere interessiert niemanden.
Christoph Böhlen: Da muss ich dir leider recht geben. Ich bin gespannt, wie sich der FCB und YB erholt haben: Diese Woche gilt es in der Europa League ernst.
Mischi Wettstein: Ich freue mich auf das Spiel am Mittwoch. Es wird sicher eine anspruchsvolle Kurzreise nach Freiburg. Der SC hat zuletzt nach holprigem Start aufgedreht und am Wochenende dein Werder mit 3:0 bezwungen. Die Ausgangslage ist klar: Freiburg hat markiert, wer der Favorit ist.

Christoph Böhlen: Ich würde eigentlich immer auf den Bundesligisten setzen. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass der FCB am Mittwoch überraschen wird. Das Scheinwerferlicht ist ideal für Xherdan Shaqiri und die schnellen Bebbi-Flügel werden gegen Freiburg Raum zum Kontern haben. Ich glaube an eine rotblaue Überraschung.
Mischi Wettstein: Und was traust du YB gegen Panathinaikos zu?
Christoph Böhlen: Das wird ein ganz anderer Auftritt als noch in Aarau. YB spielt zuhause gegen ein Team, das selber auch am Spiel teilnehmen will. Das kommt dem Contini-Team entgegen. YB spielt immer besser, wenn der Gegner nicht mauert. Es würde mich nicht überraschen, wenn auch die Young Boys mit einem Sieg in die Europa League starten.
Nau.ch: Dann blicken wir noch kurz auf die nächsten Spiele der Super League. Was sticht euch ins Auge?
Mischi Wettstein: Der FC Zürich muss gegen Leader St.Gallen auf die Cup-Pleite reagieren. Und beim FCB bin ich überzeugt: Das Magnin-Team wird trotz Europa League am Wochenende frisch sein und den FCL bezwingen. Da freue ich mich auf ein attraktives Spiel.
Spannend wird die Affiche zwischen Lugano und GC: Können die Tessiner ihre Krise beenden – oder nutzt GC das Lugano-Tief aus? Ich traue dem Rekordmeister in der Sonnenstube Punkte zu.

Christoph Böhlen: Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass der FCZ den FCSG bezwingt? Träum weiter.
Für mich steht ein Spiel ganz oben: YB empfängt am Sonntag den FC Thun zum ersten Kantonsduell in der Super League nach über fünf Jahren. Da zitiere ich gerne unseren Kolumnisten Lars Lunde: «YB muss zeigen, wer die Nummer 1 im Kanton ist.» Sonst wird es in der Bundesstadt langsam aber sicher ungemütlich.
Nau.ch: Zum Schluss: Was ist euch sonst noch aufgefallen?
Mischi Wettstein: Der VfL Bochum kommt auch nach dem Trainerwechsel nicht vom Fleck, verliert das Kellerduell gegen Miroslav Kloses Nürnberg mit 1:2. Und: Deine hochgelobten Augsburger mit Cédric Zesiger und Fabian Rieder gehen gegen Mainz unter.
Christoph Böhlen: Ich mag Sandro Wagner sehr, aber da muss er bei seiner ersten Trainerstation in der Bundesliga schon noch ein wenig Lehrgeld zahlen. Ex-FCZ-Coach Bo Henriksen hat ihn sogar in Unterzahl in die Schranke gewiesen.
