Entscheidende Sitzung im US-Repräsentantenhaus zu Anklageerhebung gegen Trump
Der Präsident als «anhaltende Bedrohung der nationalen Sicherheit der USA» - mit diesen drastischen Worten hat Oppositionsführerin Nancy Pelosi die entscheidende Sitzung zur Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen Präsident Donald Trump begonnen.

Das Wichtigste in Kürze
- Oppositionsführerin nennt Präsident «Bedrohung der nationalen Sicherheit».
«Er hat uns keine andere Wahl gelassen», sagte Pelosi am Mittwoch mit Blick auf die Vorwürfe gegen Trump in der Ukraine-Affäre. Die Anklageerhebung gegen den Präsidenten - das sogenannte Impeachment - galt als so gut wie sicher, weil die oppositionellen Demokraten in der Kongresskammer über eine klare Mehrheit verfügen.
Es sei «tragisch», dass das Verhalten des Präsidenten, der gegen die Verfassung verstossen habe, ein Impeachment nötig mache, sagte die Mehrheitsführerin der Demokraten im Repräsentantenhaus, die von Trump am Vortag in einem sechsseitigen Brief beschimpft worden war.
Vor der Abstimmung über das Impeachment waren sechs Stunden Debatten im Plenum angesetzt. Trumps Republikaner und die oppositionellen Demokraten hatten jeweils drei Stunden Redezeit. Die Debatten könnten aber auch länger dauern.
Zum Zeitpunkt der Abstimmung in der Nacht zum Donnerstag (MEZ) dürfte Trump vor tausenden Anhängern in Battle Creek im Bundesstaat Michigan sprechen. Trump werde «den ganzen Tag arbeiten», teilte seine Sprecherin mit. In mehreren Städten wie New York, Boston, New Orleans oder Los Angeles demonstrierten derweil Unterstützer einer Amtsenthebung Trumps.
Die Demokraten werfen Trump Amtsmissbrauch vor, weil er zu seinem eigenen innenpolitischen Vorteil die Ukraine dazu gedrängt haben soll, Ermittlungen gegen den früheren US-Vizepräsidenten Joe Biden und dessen Sohn Hunter aufzunehmen. Joe Biden könnte Trumps Herausforderer bei der Präsidentschaftswahl im November 2020 werden. Um sein Ziel zu erreichen, soll Trump unter anderem Militärhilfen an die Ukraine zurückgehalten haben. Später soll Trump die Untersuchung des Repräsentantenhauses zur Ukraine-Affäre unrechtmässig behindert haben.
Trump wies die Vorwürfe vor Beginn der Parlamentsdebatte erneut scharf zurück. Im Kurzbotschaftendienst Twitter schrieb der Präsident, die «radikalen linken» Demokraten würden ihn anklagen, obwohl er «nichts Falsches getan» habe. «Eine furchtbare Sache.» Trump betonte ein weiteres Mal, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj selbst gesagt habe, es habe keinerlei Druck auf ihn gegeben.
Der Demokrat Jim McGovern sagte am Mittwoch im Repräsentantenhaus: «Heute geht es um den Schutz unserer Demokratie.» Die Fakten stünden ausser Frage. «Die einzige Frage ist, ob wir solch ein Verhalten tolerieren wollen.» Dagegen sagte der Republikaner Tom Cole, der 18. Dezember 2019 sei ein «trauriger» Tag für das Repräsentantenhaus. Der Impeachment-Prozess sei weder «offen» noch «gerecht».
Während die Anklageerhebung gegen Trump als sicher gilt, gibt es auch keine Zweifel daran, dass der Präsident letztlich nicht des Amtes enthoben wird. Der Prozess gegen Trump wird im Senat geführt, wo dessen konservative Republikaner die Mehrheit haben.
In dem Verfahren im Senat hat der Oberste US-Richter John Roberts den Vorsitz, die Senatoren sind die Jury, Vertreter des Repräsentantenhauses die Ankläger. Anwälte des Präsidenten übernehmen Trumps Verteidigung. Für eine Amtsenthebung wäre eine Zweidrittelmehrheit im Oberhaus notwendig - diese gilt nach jetzigem Stand als ausgeschlossen. Der Prozess soll im Januar beginnen.
Bislang gab es in der US-Geschichte erst zwei Amtsenthebungsverfahren gegen Präsidenten: Das erste wurde 1868 gegen Andrew Johnson eingeleitet, das zweite 1998 gegen Bill Clinton. Beide Verfahren scheiterten im US-Senat. Richard Nixon kam einem Impeachment in der Watergate-Affäre 1974 durch seinen Rücktritt zuvor.