Unterschätzen Touristen Schweizer Gewässer?

Anna Baumert
Anna Baumert

Bern,

Immer wieder kommt es in Schweizer Gewässern zu Todesfällen, auch Touristen geraten in Not. Werden Flüsse wie die idyllische Aare unterschätzt?

Aare Bern
Die Aare lädt im Sommer zum Baden ein – doch sie sollte nicht unterschätzt werden. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Jedes Jahr ertrinken Dutzende Menschen in Schweizer Gewässern.
  • Wer die Gewässer kennt, gerät laut SLRG weniger schnell in gefährliche Situationen.
  • Wer nicht hier aufgewachsen ist, kann von den Fliessgeschwindigkeiten überrascht werden.
  • Die Aare wirkt etwa auf viele Gäste «harmloser, als sie ist», sagt Bern Welcome.

Bei Temperaturen von über 30 Grad hilft oft nur ein Sprung ins kühle Nass.

Glücklicherweise gibt es in der Schweiz viele Gewässer, in denen man sich abkühlen kann. In den Städten besonders beliebt ist das Flussschwimmen in Limmat, Rhein und Aare.

Auf der Webseite der Berner Tourismus-Organisation Bern Welcome erhält der sogenannte «Aare-Schwumm» einen prominenten Auftritt.

Bist du schon mal in der Aare geschwommen?

Dort heisst es: «Ein Sprung in die Aare gehört für schwimmgeübte Gäste zu einem waschechten Bern-Erlebnis einfach dazu: Wer die Stadt richtig kennenlernen möchte, geht an – oder noch besser – in die Aare

Doch das ist nicht ungefährlich. Jedes Jahr kommen in den Schweizer Gewässern Menschen ums Leben. Im Jahr 2024 ertranken hierzulande 52 Menschen – davon 27 in Flüssen. Das geht aus der Ertrinkungsstatistik der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft (SLRG) hervor.

Auch Touristen geraten in Schweizer Flüssen in Not

Immer wieder sterben auch ausländische Staatsbürger in Schweizer Flüssen.

Im Sommer 2022 sorgte der Fall eines 23-jährigen Indonesiers für Aufsehen. Der Sohn eines Präsidentschaftskandidaten wurde nach einem «Aare-Schwumm» vermisst gemeldet und zwei Wochen später tot aus dem Fluss geborgen.

Im Juli 2023 ertrank ein 27-jähriger Argentinier in der Aare, im darauffolgenden September ein 17-Jähriger aus Sierra Leone.

Die Polizeien führen keine Statistiken dazu, woher verunfallte Personen stammen. Wie hoch der Anteil ausländischer Staatsbürger ist, die in Schweizer Gewässern ums Leben kommen, lässt sich also nicht sagen.

Aber: Es sei «sicherlich so», dass Leute, welche die Gewässer und Gefahren kennen, weniger schnell in gefährliche Situationen geraten. Das bestätigt SLRG-Sprecher Christoph Merki gegenüber Nau.ch.

Jedes Jahr gebe es Fälle, wo nicht in der Schweiz aufgewachsene Personen etwa von der Fliessgeschwindigkeit von Flüssen überrascht seien. Sie seien es sich nicht gewohnt, richtig oder frühzeitig zu reagieren.

«Dazu gehören Touristen genauso wie Expats oder Asylsuchende», sagt Merki. Im Bereich der Asylsuchenden führe die Region Zürich der SLRG dieses Jahr sogenannte Präventionsspaziergänge an der Limmat durch.

Viele überschätzen ihre Fähigkeiten

Aber auch viele Schweizer würden die Gefahren von offenen Gewässern unter- und die eigenen Fähigkeiten überschätzen. Das gelte vor allem beim Flussschwimmen.

«Dies kann durchaus an den Kräften zehren. Oder man rechnet nicht mit gefährlichen Stellen wie Pfeilern, Steinen unter Wasser, eventuell Treibholz ...»

Eine gute Vorbereitung sei daher wichtig, betont der SLRG-Sprecher. «Auch gehört immer ein Auftriebsmittel dazu, welches aber im Fluss nicht am Körper befestigt werden sollte», fügt er hinzu.

Auch bei längeren Schwimmunternehmungen im See sei Vorsicht geboten, da die Kräfte plötzlich nachlassen können.

Bist du beim Schwimmen schon mal in eine gefährliche Situation geraten?

Merki hält fest: «Grundsätzlich muss man sich bewusst sein, in welches Gewässer man sich begibt.» Man müsse im Fluss die Fliessgeschwindigkeit adaptieren können und auch wissen, wo man wieder Richtung Ufer ziehen muss.

«Dieses Wissen ist bei Leuten, welche am Wasser aufgewachsen sind, eher vorhanden als bei solchen, die in die Schweiz gezogen sind oder eben hier Ferienzeit verbringen», so Merki.

Viele halten «idyllischen, türkisfarbenen Fluss» für harmlos

Auch Manuela Angst, CEO von Bern Welcome, sagt auf Anfrage: «In gewissen Fällen kann man davon ausgehen, dass die Aare unterschätzt wird. Als idyllischer, türkisfarbener Fluss mitten in der Stadt wirkt sie auf viele Gäste harmloser, als sie in Wirklichkeit ist.»

Allerdings sei sie ein kräftiger und dynamischer Fluss.

Angst betont jedoch: «Unfälle oder brenzlige Situationen können alle betreffen – unabhängig davon, ob jemand in Bern aufgewachsen ist oder zu Besuch ist.» Entscheidend sei das Verhalten. Wer sich gut vorbereite, die Regeln kenne und die Strömungskraft der Aare richtig einschätze, bewege sich deutlich sicherer.

Aare
Die Aare schlängelt sich idyllisch durch Bern – ist aber nicht zu unterschätzen. - keystone

«Aktivitäten wie Aareschwimmen, Aareböötle oder Flussspaziergänge sind fester Bestandteil des Berner Lebensgefühls», stellt Angst fest. Besonders das Schwimmen in der Aare gelte als eindrückliches Erlebnis – sei jedoch nur für geübte Schwimmerinnen und Schwimmer empfohlen.

«In unserer Kommunikation steht daher nicht nur das Erlebnis im Fokus, sondern vor allem die Sicherheit», sagt die Bern-Welcome-CEO. Dabei werde jedoch nicht explizit die Aare in den Mittelpunkt gerückt, der Fokus liege beim Thema Wasser im Allgemeinen.

Baderegeln in 14 Sprachen

Angst hält fest: «Die Sicherheit am Wasser hat für uns höchste Priorität.» Das Ziel sei, Besuchende sowohl für die Schönheit als auch für die Risiken des Flusses zu sensibilisieren.

Die SLRG bietet die lebensrettenden Baderegeln in 14 Sprachen zum Download auf der Webseite an. Den Behörden könne aber nicht die Verantwortung zugeschoben werden.

Sprecher Merki stellt klar: «Die Verantwortung für einen sicheren Aufenthalt am, im und auf dem Wasser liegt bei jedem Einzelnen.»

Aber: «Natürlich kann es helfen, die Menschen darauf aufmerksam zu machen. Darum versuchen wir auch an gut frequentierten Stellen unsere Baderegeln präsent zu machen.»

Polizei verstärkt am Aare-Ufer – auch Rhein birgt Risiken

Die Kantonspolizei Bern hat bereits ihre diesjährige Sensibilisierungskampagne «Aare you Safe?» für den Aufenthalt auf und in der Aare lanciert. Die Kampagne wird von Bern Welcome unterstützt.

An den Sommerwochenenden sind in diesem Rahmen nun zusätzliche Patrouillen an den Ufern der Aare zwischen Thun und dem Wohlensee unterwegs.

Doch nicht nur die Aare kann gefährlich werden. Auch der Rhein birgt als fliessendes Gewässer Gefahren und Risiken, wie die Kantonspolizei Basel-Stadt auf Anfrage sagt.

Mediensprecher Rooven Brucker mahnt: «Schwimmen Sie nur, wenn Sie gut schwimmen können und passen Sie ihre Kräfte der Wassertemperatur an!»

Die empfohlenen Schwimmbereiche seien unbedingt zu beachten. «Schwimmen ausserhalb dieser Bereiche ist gefährlich oder sogar verboten», so Brucker.

Kommentare

Luxy-1

Unterschätzen sie die Gewässer oder überschätzen sie sich selbst? So lder so führt Das zu natürlicher Auslese.

User #2692 (nicht angemeldet)

Viele Erben von Immobilien und Geld glauben ganz fest daran, dass sie es waren, die all das erreicht haben.

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