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René Pollesch über das Theater in Corona-Zeiten

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Deutschland,

Die Corona-Krise wird bei dem Dramatiker und Theaterregisseur René Pollesch nicht zum Theaterstoff. So funktioniere er nicht, sagt er im Interview.

René Pollesch im Schauspielhaus Nürnberg, wo sein neues Stück Premiere feiert. Foto: Daniel Karmann/dpa
René Pollesch im Schauspielhaus Nürnberg, wo sein neues Stück Premiere feiert. Foto: Daniel Karmann/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Zahl der Corona-Neuinfektionen steigt, die Theater sollen im November ihren Spielbetrieb einstellen.

Theaterregisseur René Pollesch steht kurz vor der Uraufführung seines neuen Stückes «Take the Villa and run» am Nürnberger Staatstheater, die für Freitag geplant ist.

Wie immer äussert er sich vorher nicht zum Inhalt. Nur so viel verrät er: «Es ist kein Corona-Stück.» Im Interview der Deutschen Presse-Agentur erzählt der künftige Intendant der Berliner Volksbühne, wie es ist, in Corona-Zeiten zu inszenieren.

Frage: Welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie auf Ihre Arbeit?

Antwort: Für mich wird das, was Theater ausmacht, durch verschiedene Parameter bestimmt. Da gibt es natürlich Veränderungen, die man vornehmen muss. Ein Beispiel: Wenn wir mit einem Chor zusammenarbeiten, tritt der normalerweise als Pulk auf, ganz eng zusammen, mit Körperkontakt. Jetzt in Nürnberg haben wir auf etwas zurückgegriffen, das Einar Schleef schon in den 1980er und 1990er Jahren gemacht hat. Bei Schleef waren die Chöre tatsächlich total auf Abstand - die hatten mindestens zwei Meter Abstand nach links, rechts und nach vorne. Das hat sich sehr bewährt, gerade hier auf der grossen Bühne. Der Chor besetzt die Bühne, nicht nur eine Ecke.

Frage: Normalerweise lebt Theater von der Interaktion auf der Bühne. Was macht der Abstand mit den Stücken?

Antwort: Das ist mein zweites Stück, das ich unter Coronabedingungen mache. Die SchauspielerInnen, die ich kenne, ernähren sich im Spiel sehr stark von dem Kontrast Nähe und Entfernung. Ein wichtiges Mittel für ihre Arbeit fällt jetzt weg. Ich persönlich bin jetzt nicht so ein Nähe-Spezialist, was das Theater angeht. Ich habe zum Beispiel nie Liebesszenen auf der Bühne. Deshalb stossen wir gar nicht an so eine Grenze. Die Stücke, die wir machen, entstehen während der Probenzeit. Die haben direkt mit der Zeit jetzt zu tun.

Frage: Haben die steigenden Infektionszahlen das Stück beeinflusst?

Antwort: Da wir in der Zeit arbeiten, also wir leben jetzt auch hier, wir verbringen die Proben miteinander, wir reden miteinander, trägt das alles zum Entstehungsprozess bei. Ich nehme aber nie Aufträge von Intendanten an, wenn die ein Stück über die Finanzkrise oder andere Themen wollen. Da muss ich abwinken, so funktioniere ich nicht.

Frage: Es ist also kein Corona-Stück?

Antwort: Nein, es ist kein Corona-Stück. Ich nehme auch von einer Pandemie keine Aufträge entgegen.

Frage: Volle Theatersäle und tosender Applaus sind normalerweise ein Gradmesser für Theaterstücke. Wie fühlt es sich an, vor einem dünn besetzten Saal zu spielen?

Antwort: Im Deutschen Theater in Berlin haben wir bereits unter Coronabedingungen geprobt und aufgeführt. Ab der zweiten Vorstellung haben diese 150 Leute, die in einem 600-Personen-Theater sitzen, geklatscht und gejubelt für 600. Das ist so eine Art Sport geworden. Das habe ich auch von anderen gehört. Die, die drin sitzen, performen wirklich ein vierfaches Publikum, weil sie auch froh sind, wieder Theater zu sehen.

Zur Person: Der Dramatiker und Regisseur René Pollesch wurde 1962 im hessischen Friedberg geboren. An der Universität Giessen studierte er Angewandte Theaterwissenschaften und war danach unter anderem künstlerischer Leiter des Praters der Berliner Volksbühne. Pollesch inszenierte eigene Stücke unter anderem am Burgtheater Wien, am Thalia Theater in Hamburg, am Deutschen Theater Berlin und Münchner Kammerspielen. Ab kommenden Sommer wird er die Berliner Volksbühne als Intendant leiten.

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