Zölle: So kann die Schweiz Donald Trump noch besänftigen

Riccardo Schmidlin
Riccardo Schmidlin

Bern,

Trumps Zölle bereiten der Schweizer Wirtschaft massive Bauchschmerzen. Nau.ch erklärt, was die Schweiz für die Verhandlungen in die Waagschale werfen kann.

Donald Trump Zölle
Donald Trump hat hohe Zölle für die Schweiz verhängt. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die USA haben der Schweiz einen 39-Prozent-Zollsatz auferlegt.
  • Nun werden verschiedene Szenarien geprüft, wie man Trump noch besänftigen kann.
  • Die Hoffnung liegt bei den Agrarzöllen, dem Goldhandel sowie der Pharmabranche.
  • Doch Widerstand ist vorprogrammiert.

Nach dem Schock geht’s weiter an die Arbeit: Der Bundesrat berät heute in einer ausserordentlichen Sitzung, wie die drohenden 39 Prozent Strafzölle noch abgewendet werden können.

Die Zeit drängt: Schon am Donnerstag will US-Präsident Donald Trump den Zollhammer einschlagen.

Nau.ch erklärt, wie die Schweiz den USA noch entgegenkommen kann. Ob das reicht, Trump der Zölle wegen zu besänftigen?

Schweiz schert bei Agrarzöllen aus

Die erste Hoffnung liegt in der Schweizer Landwirtschaft. Denn während die Schweiz 2024 einseitig alle Industriezölle aufgab, bestehen weiterhin happige Agrarzölle.

Diese betragen durchschnittlich 24,8 Prozent – dreimal so viel wie die EU, sechsmal so viel wie die USA.

Schon im April forderte die Jungfreisinnigen, die Agrarzölle zu killen. Dieser Forderung schliesst sich die liberale Denkfabrik Avenir Suisse an.

Zölle
Avenir Suisse sind die Zölle auf Agrarprodukte ein Dorn im Auge. - Avenir Suisse

Vizedirektor Michele Salvi sagt zu Nau.ch: «Der Agrarschutz blockiert systematisch neue Freihandelsabkommen. Er kostet die Schweiz laut unseren Schätzungen jährlich über 3 Milliarden Franken

Er verweist darauf, dass die Zölle auch die Lebensmittel hierzulande verteuerten. «Ein durchschnittlicher Haushalt zahlt über 700 Franken pro Jahr mehr – besonders hart trifft es einkommensschwache Familien.»

Ein Abbau würde daher nicht nur der Schweizer Handelspolitik nützen, sondern auch die Kaufkraft stärken.

Schweizer Bauern wollen weiterhin Zölle auf Gemüse und Fleisch

Doch Widerstand ist vorprogrammiert: Die Schweizer Landwirtschaft fürchtet, nicht mehr wettbewerbsfähig zu sein, sollten Schutzzölle aufgehoben werden. Und bekanntlich haben die Bauern eine der einflussreichsten Lobbys im Bundeshaus.

Dementsprechend stellt sich Sandra Helfenstein vom Schweizer Bauernverband der Forderung entgegen. «Die Zölle für sensible Schweizer Landwirtschaftsprodukte wie Fleisch tragen keine Schuld an den von den USA verhängten ‹Strafzöllen›. Diese basieren allein auf dem Handelsdefizit», betont sie gegenüber Nau.ch.

Zölle
Schweizer Bauern wollen weiterhin hohe Zölle auf Agrarprodukte. - keystone

«Es wäre daher nicht sachgerecht, wenn nun über Deals im Landwirtschaftsbereich orakelt wird», führt sie fort.

Der Bundesrat kündigte bereits letzte Woche an, den USA bei Orangen oder Meeresfrüchten entgegenzukommen. Dazu hält Helfenstein: «Damit haben wir kein Problem.»

Doch alles darüber hinaus dürften sich die Schweizer Bauern weiter gegen einen Zoll-Abbau stemmen. Sie erwarten nach dem US-Zollhammer beim Käse «schmerzhafte Auswirkungen» auf die Branche. Sonst exportiert die Schweiz keine landwirtschaftlichen Produkte in die USA.

Muss Goldbranche für Zölle über Klippe springen?

Eine andere Hoffnung liegt beim Gold. Die Goldexporte machen einen grossen Teil des Handelsbilanz-Defizits aus. Die Schweiz ist die grösste Goldverarbeiterin der Welt. Allerdings wird das Gold dabei nur umgegossen und dann weiterverkauft.

FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann brachte am Wochenende gegenüber «Tamedia» ins Spiel, die Goldraffinerien oder die Goldexporte selbst zu besteuern. De facto würde so der Goldhandel für Trumps Zollgnaden geopfert.

Denkst du, dass Trump die Zölle bald wieder senken wird?

Gold-Experte Johannes Fritz von der Organisation Global Trade Alert sagt zu Nau.ch aber: «Ich halte das für sehr unrealistisch. Die Schweiz lebt ökonomisch davon, ein berechenbarer, regelbasierter Umschlagplatz für hochwertige Nischengüter zu sein.»

Und: «Schon der Verdacht, Bern könne seinen Gold-Hub als Verhandlungspfand einsetzen, würde dieses ‹Markenversprechen› sofort beschädigen.»

Zudem warnt er: «Eine kleine, offene Volkswirtschaft hat nicht die strategische Tiefe, um Vergeltungsmassnahmen abzufedern. Allein die Angst vor Politisierung könnte Händler dazu bringen, ihre Ströme nach Dubai, Singapur oder London umzulenken.»

Die Verluste wären zunächst zwar nur reputativ, aber schwierig wieder gutzumachen.

Zölle wegen hohen Medi-Preisen?

Der wohl grösste Hebel liegt aber bei der Schweizer Pharmaindustrie. Donald Trump sind die weltweit höchsten Medikamentenpreise ein Dorn im Auge. Am Donnerstag schrieb der US-Präsident an 17 Pharma-CEOs einen gepfefferten Brief, die Preise umgehend zu senken.

Unter den Firmen sind auch Novarits und eine Tochter von Roche. Es liegt der Verdacht nahe, dass Trump mit seinem Zollhammer Druck aufbauen will, dass die beiden Schweizer Pharmariesen ihre Preise senken. Im Gegenzug würde die Schweiz einen besseren Zolltarif bekommen.

Bloss: Die Schweiz profitiert erheblich davon, dass die Amis so viel für die Medis zahlen müssen.

Pharmabranche warnt vor Preissenkungen

Michele Salvi von Avenir Suisse warnt: «Ein direkter politischer Eingriff des Bundes in die Preisgestaltung von Schweizer Firmen auf dem US-Markt wäre nicht nur wirtschaftlich riskant. Sondern auch eine einschneidende staatliche Massnahme, die dem liberalen und marktwirtschaftlichen Selbstverständnis der Schweiz diametral widerspricht.»

Pharma Zölle
Die Pharma könnte für bessere Zölle die Preise senken. - keystone

Der Branchenverband Interpharma verweist auf Anfrage, die Preisbildung sei Sache der US-Politik. «Wir weisen aber erstens darauf hin, dass im dortigen System Zwischenhändler eine grosse Rolle bei den Preisen spielen. Zweitens muss man sich bewusst sein, dass einseitige Preissenkungen in den USA wohl einen Rückgang bei den Investitionen in Forschung und Entwicklung und damit in den medizinischen Fortschritt zur Folge hätten.»

Schliesslich sei keine andere Branche so forschungsintensiv wie die Pharma.

Noch ist die Pharma von den Zöllen ohnehin ausgenommen. Doch bei Interpharma zittert man bereits vor so einem Schritt. «Die Gefahr, dass die Schweiz dadurch in eine Rezession rutscht, wäre gross. Die Wettbewerbsfähigkeit würde zurückgehen und viele tausend Arbeitsplätze wären gefährdet.»

Zölle der USA kosten jeden Schweizer 300 Franken

Bis am Donnerstag bleibt der Schweiz nun Zeit, nachzuverhandeln.

Laut der KOF-Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich muss mit einer deutlichen Verringerung des Bruttoinlandprodukts (BIP) gerechnet werden.

Es sei mit mindestens 0,3 Prozent Rückgang zu rechnen. Das würde jede Schweizerin und jeden Schweizer im Durchschnitt fast 300 Franken pro Jahr kosten.

Kommentare

User #2474 (nicht angemeldet)

Mit KI Forschung können günstiger Medikamente realisiert werden und somit sollten Möglichkeiten für andere Preise sein

User #3408 (nicht angemeldet)

Das Stiefellecken ist unheimlich unappetitlich. Die Schweiz plaudert von Freiheit - und wird zum Spielball eines Verrückten.

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