Ein Mann ist seit 22 Monaten isoliert untergebracht und hat dagegen Beschwerde eingereicht. Jetzt hat das Bundesgericht entschieden.
schweizerisches bundesgericht
Das Bundesgericht in Lausanne. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Mann beschwerte sich über seine Unterbringung in der Sicherheitsabteilung.
  • Diese beurteilte das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als verhältnismässig.
  • Das Bundesgericht hat sich nun mit dem Fall beschäftigt und den Ball zurückgespielt.

Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt muss sich nochmals mit dem Fall eines Mannes beschäftigen, der seit rund 22 Monaten in der Sicherheitsabteilung und damit isoliert untergebracht ist. Dies hat das Bundesgericht entschieden. Es hat die Vollzugsbehörden klar auf die notwendige therapeutische Behandlung des Mannes hingewiesen.

Der Mann hatte gegen seine Unterbringung in der Sicherheitsabteilung der Vollzugsanstalt Lenzburg und anschliessend Bostadel Beschwerde eingereicht. Wie dem am Donnerstag veröffentlichten Urteil des Bundesgerichts zu entnehmen ist, hat der Betroffene bereits mehrere Suizidversuche begangen.

Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt erachtete die Unterbringung des Mannes als verhältnismässig. Dies, weil er eine Gefahr für sich und Dritte darstelle. Versuche von Lockerungen des Vollzugsregimes hätten zu Überforderung und psychischen Krisen des Mannes geführt.

Weiteres Verfahren des Mannes hängig

Dieser war im September 2013 wegen falscher Anschuldigung, mehrfacher Drohung, versuchter Nötigung, mehrfacher Brandstiftung mit geringem Schaden sowie weiterer Delikte zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden. Zudem wurde eine stationäre therapeutische Massnahme angeordnet. 2015 folgte eine weitere Verurteilung wegen Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren.

Zurzeit ist ein weiteres Verfahren des Mannes vor dem Appellationsgericht hängig. Dieses muss darüber entscheiden, ob die stationäre therapeutische Massnahme aufgehoben wird oder nicht. Eine frühere durch das Appellationsgericht angeordnete Verwahrung des Mannes hob das Bundesgericht im Oktober 2019 auf, weil das Anlassdelikt zu wenig schwer war.

Yvan Colonna
Yvan Colonna wurde im Gefängnis lebensgefährlich verletzt (Symbolbild). - Keystone

Zur im aktuellen Entscheid relevanten Frage der Verhältnismässigkeit hinsichtlich der Weiterführung der Einzelunterbringung des Mannes muss sich das Appellationsgericht dazu äussern, ob und welche Bemühungen unternommen wurden, um eine andere Einrichtung zu finden.

Der ursprüngliche Plan, den Mann in ein Pflegezentrum zu überführen ist laut Bundesgericht sistiert worden. Wie der Stand in diesem Punkt aussehe, habe die Vorinstanz auch nicht geklärt.

Mann darf nicht auf unbestimmte Zeit isoliert werden

Weiter lasse das Appellationsgericht in seinem Entscheid offen, wie das Regime in der Sicherheitsabteilung sei. Der Betroffene habe kritisiert, es gebe kein Behandlungs- und Betreuungskonzept, das eine Perspektive für die Änderung dieses Zustandes aufzeigen würde.

An die Adresse der Vollzugsbehörden weist das Bundesgericht «mit Nachdruck darauf hin»: dass der Eingewiesenen die nötige therapeutische Behandlung durch eine Fachperson erhalten müsse. Andernfalls könne eine bald jahrelange Unterbringung in der Sicherheitsabteilung einer Strafanstalt eine «inadäquate Unterbringung» darstellen.

Der auf Resozialisierung ausgerichtete Massnahmenvollzug darf laut Bundesgericht nicht wegen Sicherheitsüberlegungen ausgehöhlt werden. Und dass der Beschwerdeführer möglicherweise weiterhin therapiebedürftig, aber nicht therapiefähig sei, dürfe nicht zu einer Verwahrung führen, obwohl das Anlassdelikt nicht genügend schwer sei.

Auch dürfe die Situation nicht darin münden, dass der Mann aus Sicherheitsgründen auf unbestimmte Zeit isoliert in der Sicherheitsabteilung einer Strafanstalt untergebracht werde.

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