Angehörige von irischen Opfern des Nordirland-Konflikts haben gegen ein von der britischen Regierung geplantes Gesetz protestiert, das die Strafverfolgung von Tötungsdelikten während des Konflikts beenden soll.
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Gedenkplakat für den Nordirland-Konflikt. (Symbolbild) - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Britische Regierung will juristische Aufarbeitung des Konflikts beenden.

«Wir wollen Gerechtigkeit», sagte Raymond McCord am Dienstag vor dem britischen Parlament in London der Nachrichtenagentur AFP. McCords Sohn war 1997 im Alter von 22 Jahren von pro-britischen Paramilitärs getötet worden.

«Mein Sohn wurde ermordet und sie sagen mir, dass es keine Strafverfolgung gibt», sagte McCord. Er steht an der Spitze einer Delegation von knapp einem dutzend Angehöriger von Opfern, die am Dienstag mit Abgeordneten aus allen politischen Lagern zusammentraffen. Bei dieser Gelegenheit wollten sie ihren Widerstand gegen die Pläne der Regierung zum Ausdruck bringen.

London hatte im Juli einen Gesetzesentwurf zur Beendigung aller strafrechtlichen Verfolgungen im Zusammenhang mit dem Nordirland-Konflikt vorgestellt. Dies werde Nordirland «auf dem Weg zur Versöhnung» unterstützen. Opferfamilien prangern das Vorhaben jedoch als «Amnestie» an. Das Gesetz würde bedeuten, dass tausende Tote «einfach nicht mehr zählen», sagte McCord.

Der Tod des ehemaligen britischen Soldaten Dennis Hutchings am Montag, der wegen des Todes des 27-jährigen John Pat Cunningham vor Gericht stand, hatte die Debatte weiter angefacht. Der betreuungsbedürftige Cunningham war 1974 in Nordirland vor Soldaten davon gelaufen, bevor diese ihn erschossen. Hutchings wurde deshalb versuchter Mord vorgeworfen.

Der 80-Jährige hatte lange an einer schweren Nierenkrankheit gelitten und sich zuletzt mit dem Coronavirus angesteckt. Seine Unterstützer sind der Ansicht, dass der Prozess nie hätte stattfinden dürfen. Hutchings sei «vor Gericht gezerrt und bis zu seinem Tod belästigt worden», sagte Jeffrey Donaldson, Vorsitzender der pro-britischen nordirischen DUP.

Cunninghams Angehörige liess am Dienstag mitteilen, Hutchings' Familie solle nun «Zeit zum Trauern» gegeben werden. Aber es sei richtig gewesen, dass er vor Gericht stand.

Britische Soldaten waren ab 1969 in die Provinz Nordirland entsandt worden, um die Lage dort zu beruhigen. Der Konflikte dauerte dennoch drei Jahrzehnte an. Rund 3500 Menschen wurden getötet. Er endete mit einem Friedensabkommen am Karfreitag 1998.

Familien der von Armeeangehörigen und pro-britischen Milizen Getöteten prangern weiterhin an, dass ihnen Gerechtigkeit verweigert bleibe. Sollte das geplante Gesetz umgesetzt werden, könnte der Prozess gegen Hutchings eines der letzten Verfahren gewesen sein.

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