In Russland gilt ab heute ein neues Extremismusgesetz
Russland kontrolliert zunehmend die Internetnutzung seiner Bevölkerung. Wer nach «extremistischen» Inhalten sucht, wird nun bestraft.

Russland hat laut der «Tagesschau» ein umstrittenes Gesetz verabschiedet, das bereits die blosse Suche nach bestimmten Inhalten unter Strafe stellt. Seit dem 1. September 2025 können Bürger mit Geldstrafen von bis zu 5'000 Rubel (50 CHF) belegt werden.
Das Justizministerium führt bereits über 5'500 Einträge in seinem Register verbotener Inhalte, wobei die Liste kontinuierlich erweitert wird. Die Behörden müssen jedoch nachweisen können, dass der Nutzer bewusst nach diesen Materialien gesucht hat.
Unter die Kategorie «extremistische Inhalte» fallen mittlerweile Bücher über gleichgeschlechtliche Beziehungen, Beiträge von Oppositionsgruppen und sogar bestimmte Musik. Diese weitreichende Definition ermöglicht es den Behörden, praktisch jede unerwünschte Information als gefährlich einzustufen und zu verbieten.
Russland blockiert systamisch westliche Plattformen
Grosse internationale Internetdienste werden zunehmend aus dem russischen Netz verbannt oder stark eingeschränkt, so «RP Online». Plattformen wie Twitter, Facebook, Instagram und der Messenger-Dienst Signal sind bereits vollständig blockiert worden.
Youtube wurde im vergangenen Sommer stark eingeschränkt. Der Videodienst diente in Russland nicht nur als Unterhaltungsmedium, sondern auch als wichtiger Kanal für kritische Stimmen.

Videos laden oft nicht mehr, und unabhängige Medienauftritte werden durch leere Seiten ersetzt. Präsident Putin hat explizit dazu aufgerufen, ausländische Internetdienste stärker ins Visier zu nehmen und Plattformen aus «unfreundlichen» Staaten zu verbannen.
Internetabschaltungen als Kontrollinstrument
Millionen russischer Bürger erleben laut dem «Focus» zudem regelmässige Internetausfälle, die offiziell mit der Abwehr ukrainischer Drohnen begründet werden. Diese Abschaltungen begannen im Mai 2025 und haben sich seitdem drastisch ausgeweitet.
Die Sperrungen betreffen mittlerweile auch Gebiete fernab der Kampfzone, einschliesslich der Hauptstadt Moskau. Experten bezweifeln die offizielle Begründung und vermuten stattdessen den Aufbau einer «Grossen Firewall» nach chinesischem Vorbild.

Die Ausfälle beeinträchtigen nicht nur die Kommunikation, sondern auch alltägliche Aktivitäten wie Geldüberweisungen, App-Nutzung und Navigation. Viele Russen berichten, sie würden «wie in einer Höhle leben» und seien von der digitalen Welt abgeschnitten.iele
Technische Überwachung und VPN-Beschränkungen
Russland hat seine technischen Fähigkeiten zur Internetüberwachung in den vergangenen Jahren erheblich ausgebaut. Unternehmen werden gedrängt, zu staatlich kontrollierbaren heimischen Hosting-Anbietern zu wechseln.
Virtual Private Networks (VPN) werden zunehmend erschwert und deren Bewerbung unter Strafe gestellt. Die Strafen für VPN-Werbung sind dabei deutlich höher als die für die «Extremismussuche» selbst.
Etwa 40 Prozent der russischen Bevölkerung nutzen noch VPN-Verbindungen, was sie laut der «Tagesschau» alle zu potenziellen Gesetzesbrechern macht. Die Behörden argumentieren, dass VPN-Nutzung für extremistische Inhalte als Beweis für vorsätzliches Handeln gewertet werden könne.
Auswirkungen auf die Gesellschaft
Menschenrechtsexperten bezeichnen das Ausmass der aktuellen Zensurmassnahmen als alarmierend und warnen vor einer vollständigen Kontrolle aller Informationsflüsse. Im Vergleich zu früheren Protesten 2011/2012, als noch unabhängige Medien existierten, ist die Situation heute dramatisch verschlechtert.

Das neue Extremismusgesetz zielt nicht nur auf Inhaltsanbieter, sondern erstmals auch direkt auf Konsumenten ab. Selbst eine begrenzte Anzahl von Gerichtsprozessen könnte die Bevölkerung einschüchtern und zur Selbstzensur bewegen.
Die schrittweise Isolation vom globalen Internet erfolgt parallel zu verstärkten Cyberangriffen auf russische Infrastruktur durch pro-ukrainische Gruppen, so der «Focus». Diese Angriffe auf Unternehmen wie Aeroflot verstärken den Druck auf den Kreml, die digitale Kontrolle weiter auszubauen.