In russischem Zug läuft Schweizer Film «Schellen-Ursli»

Bettina Zanni
Bettina Zanni

Russland,

Der Filmklassiker «Schellen-Ursli» ist auch in Russland beliebt. Einem Schweizer Passagier fiel der Film im Schnellzug zwischen Moskau und St. Petersburg auf.

Film
Trotz anti-westlicher Propaganda – der Film «Schellen-Ursli» begeistert in Russland. - Linkedin

Das Wichtigste in Kürze

  • «Die Gräben zum Westen in Russland bestehen nur begrenzt», sagt Christof Franzen.
  • Der SRF-Sonderkorrespondent bemerkte den Film «Schellen-Ursli» in einem russischen Zug.
  • Regisseur Xavier Koller freut sich darüber, hegt aber auch Zweifel.

Die russische Propaganda läuft auf Hochtouren. Seit dem Angriffskrieg auf die Ukraine setzt der Kreml gezielt auf anti-westliche Rhetorik. Zu diesem Zweck bediente sich eine russische Propagandasendung 2024 etwa eines Schweizer Dok-Films.

Die Moderatorin verdrehte im Beitrag von SRF-Sonderkorrespondent Christof Franzen lauter Aussagen zugunsten einer pro-russischen Propaganda.

Umso überraschter war Franzen, als er im Schnellzug zwischen Moskau und St. Petersburg einen Schweizer Film über den Bildschirm flimmern sah.

Film mit anderem Titel

In allen Wagen wird der Film «Schellen-Ursli» gezeigt, schreibt Franzen auf der Plattform Linkedin. «In russischer Übersetzung. Kommt einem irgendwie ... chinesisch vor.»

Findest du es gut, dass im russischen Zug «Schellen-Ursli» läuft?

Letzte Woche fuhr Franzen mit dem Schnellzug «Sapsan» für Dreharbeiten von Moskau nach St. Petersburg. Dabei fiel ihm der Streifen auf.

«Der Film lief unter dem Titel ‹Abenteuer in den Alpen›», sagt Franzen zu Nau.ch.

«Gräben zum Westen bestehen nur begrenzt»

Franzen fällt in Russland aber nicht nur dieses westliche Produkt auf, wie er im Post weiter schreibt. In Cafés, Büros oder im Radio höre er nebst russischer Musik vor allem britische, französische oder italienische Songs.

Im Post gehe es ihm in erster Linie um echte und vermeintliche Gräben, betont der ehemalige Russland-Korrespondent gegenüber Nau.ch «Zwischen Russland und dem Westen und der Hinwendung Russlands nach Osten, insbesondere nach China.» Es gehe ihm nicht um die Beliebtheit von «Schellen-Ursli» generell.

«Der Film steht mit anderen Beispielen symbolisch für meine Wahrnehmung, dass diese Gräben zum Westen in Russland nur begrenzt bestehen.»

Viele Menschen seien zumindest kulturell noch immer nach Westen orientiert, stellt Franzen fest. Allerdings sei im Alltag der chinesische Einfluss durchaus spürbar. «Auf den Strassen zum Beispiel hat die Anzahl chinesischer Autos massiv zugenommen.»

«Das ist doch super!»

Der Kinderbuchklassiker «Schellen-Ursli» kam 2015 in die Kinos und zählt zu den erfolgreichsten Schweizer Produktionen aller Zeiten.

Er handelt vom Buben Uorsin im bündnerischen Guarda. Mit einer winzigen Schelle sollte er am traditionellen Glockenumzug durch das Dorf teilnehmen. Doch zum Gespött will er nicht werden. Um die grosse Glocke im Maiensäss seiner Eltern zu holen, begibt er sich auf eine abenteuerliche Wanderung.

Film
Regisseur Xavier Koller freut sich, dass der Film in Russland Anklang findet. - keystone

Wie findet es Regisseur Xavier Koller, dass sein Film in russischen Zügen läuft?

«Das ist doch super! Offenbar hat der Film einen kulturübergreifend globalen Appeal!», sagt er auf Anfrage.

Nicht bekannt sei ihm allerdings, ob der Film tatsächlich nach Russland verkauft worden sei. «Oder ob dort eine Raubkopie verbreitet wird.»

Verkauft an russische Vertriebsfirma

Die C-Films AG hat den Schweizer Filmklassiker produziert. «Auch ich habe die Nachricht von Christof Franzen mit Erstaunen zur Kenntnis genommen», sagt Geschäftsleiter Peter Reichenbach. Inzwischen habe er sich informiert.

Die Filmproduktions- und Vertriebsgesellschaft «The Playmaker Munich» erwarb 2015 die Rechte für den Vertrieb aller Territorien. Ausgenommen sind davon die Schweiz, Deutschland und Österreich.

Laut Reichenbach verkaufte die Vertriebsgesellschaft den Film Anfang 2021 nach Russland an die Filmvertriebsfirma «Pioner Distribution Moskau». «Diese hat für acht Jahre alle Rechte für Russland erworben, ausser für die deutschen und Schweizer Kulturinstitute.» Eine Auswertung des Films unter anderem in russischen Zügen sei demnach absolut legitim.

«Nicht von Regierungsstellen finanziert»

Die Moskauer Vertriebsgesellschaft erstellte von «Schellen-Ursli» eine russische Synchronversion. Dies sei durchaus üblich, wenn ein Film in ein anderssprachiges Territorium verkauft werde, sagt der Geschäftsleiter der C-Films AG.

Warst du schon mal in Russland?

Gemäss der Münchner Vertriebsgesellschaft stehe «Pioner Distribution» nicht auf einer Sanktionsliste, sagt Peter Reichenbach. «Und wird offenbar auch nicht von Regierungsstellen finanziert oder gar geleitet.»

Christof Franzen stellt fest, dass die Schweiz in den Köpfen der Menschen in Russland lange eine Sonderstellung hatte.

«Kein EU- und NATO-Land. Aber inzwischen sieht Russland die Schweiz nicht mehr als neutral an.»

Grund dafür sei vor allem die Übernahme der Sanktionen durch die Schweiz. «Aber wenn wir beim Thema sind: Filme wie ‹Schellen-Ursli› lösen sicher bei den Menschen immer noch Sehnsüchte aus.»

Kommentare

User #4168 (nicht angemeldet)

der russe ist nicht unser feind, auch trump ist nicht unser feind. wir sollten uns wieder deutlich auf unsere neutralität berufen. kleine fische müssen sich vor den grösseren hüten.

User #5392 (nicht angemeldet)

Endlich ist Minau am Ende👌☝️😁🤭

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