Apropos: Vom Römerkessel zum Weihnachtsmarkt-Becher
Der Startschuss zum offiziellen Glühweintrinken ist gefallen! Doch Glühwein ist keine Erfindung der Weihnachtsmärkte. Schon die Römer dachten mit.

Endlich ist es wieder soweit: Der Startschuss zum offiziellen Glühweintrinken ist gefallen! Schliesslich sind viele Becher des süsslich-aromatischen Getränks schon fast eine anerkannte Therapie gegen den Winterblues.
Wenn selbst der Schnee nicht mehr über den grauen Himmel hinwegzutrösten vermag, dann hilft der Griff zum aromatisch duftenden Heissgetränk. Und sofort wird auch der Frost etwas erträglicher.
Wer hat's erfunden?
Dabei ist Glühwein keineswegs eine Erfindung der Weihnachtsmärkte, sondern ein Getränk mit erstaunlich langer Geschichte. Wer also hat's erfunden? So viel ist klar, die Schweizer waren es nicht.
Hingegen mischten schon die alten Römer Wein mit Gewürzen und nannten den aromatisierten Tropfen «conditum paradoxum». Ein Name, so kompliziert wie sein Geschmack: Honig, Pfeffer, Safran und Dattelsirup. Serviert wurde er allerdings kalt.
Die Mischung hatte zudem weniger mit Besinnlichkeit zu tun als mit der Überzeugung, Gewürze seien gesundheitsfördernd. Man könnte vielleicht etwas salopp daraus folgern, dass Glühwein ursprünglich eine Art medizinischer Versuch war, der zufällig gut schmeckte.
Zeichen von Wohlstand
Im Mittelalter brachten Händler Zimt und Nelken aus dem Orient, und da diese exotischen Schätze teuer waren, galt der gewürzte Wein als Luxus. Doch hinter der Idee des Würzweins steckte noch ein weiterer Grund: die schlechte Qualität des damaligen Weins.
Der schmeckte nämlich oft sauer und schal. Um also den sauren Geschmack zu übertünchen und den Wein trinkbar zu machen, wurden also kräftig Gewürze & Honig beigefügt. Wer ihn servierte, zeigte damit Wohlstand – ein Gedanke, der dem heutigen Fünf-Franken-Tassenpfand einen fast nostalgischen Glanz verleiht.
Sachsen oder Schweden?
Erst im 19. Jahrhundert wurde der Glühwein zum winterlichen Volksgetränk. Die bekannteste Herkunftsgeschichte rund um Glühwein spielt in Sachsen des Jahres 1843.
Zu dieser Zeit notierte der sagenumwobene Raugraf von Wackerbarth eine Sammlung an Wein-Rezepten, darunter auch eines der ersten, verbrieften Glühwein-Rezepte in Mitteldeutschland. Die Glühwein-Geschichte in Mitteleuropa könnte damit schon erzählt sein, wären da nicht die entschiedenen Proteste der Schweden.
Etwa zur gleichen Zeit kam nämlich auch am schwedischen Königshof der Genuss von erhitztem Gewürzwein auf, dort Glögg genannt. Diese Variation findet sich noch immer auf vielen Weihnachtsmärkten.
Dafür, dass die Wurzeln dennoch in Sachsen liegen dürften, spricht die Verbindung des schwedischen Königshauses zum sächsischen Adel über die schwedische Königin Katharina von Sachsen-Lauenburg.
Tradition seit 1956
Die Geschichte des Glühweins, wie wir ihn heute kennen, begann im Jahr 1956 in Augsburg. Rudolf Kunzmann versetzte in seiner kleinen Weinkellerei erstmals nachweisbar in einer kommerziellen Abfüllung roten Wein mit Zucker und Gewürzen und verkaufte diesen als «Glühwein».
Und weshalb weiss man das so genau? Zur damaligen Zeit war es laut Weinrecht noch verboten, Zucker als Zutat mit Wein zu mischen. Deshalb folgte der Bussgeldbescheid prompt, und dieser ist archiviert. Nach Änderung des Weingesetzes und der daraus resultierenden Legalisierung setzte der Glühwein zu seinem Siegeszug an.
Besonders beliebt war er alsbald auf sämtlichen Weihnachtsmärkten, wo er nebst Lichtern, Holzbuden und kandierten Äpfeln im grossen Kupferkessel leise vor sich hin simmerte.
Glühwein ist also längst nicht nur ein Heissgetränk, sondern ein wunderbar würzig-warmes Stück Geschichte.
Mit etwas römischer Heilkunst, ein bisschen mittelalterlichem Luxus und viel fröhlicher Geselligkeit. In diesem Sinne: Prosit auf eine stimmungsvolle Adventszeit!
Info
Wem das Getümmel auf den Weihnachtsmärkten zu viel ist, kann sich seinen Glühwein auch ganz leicht selbst machen.
Klassisches Glühweinrezept
Als Klassiker gilt derjenige aus Rotwein, natürlich kann man auch Weisswein dazu verwenden. Für 4 Gläser braucht es folgende Zutaten:
1 Bio-Orange
1 Bio-Zitrone
750 ml trockener Rotwein
2 Zimtstangen
2 Sternanis
3 – 4 Gewürznelken
ca. 60 g brauner Zucker (je nach Geschmack)
Zunächst die Orange gut waschen und in Stücke schneiden. Einige Stücke davon auf die Gläser verteilen. Die Zitrone ebenfalls waschen, trocknen und die Schale dünn abschälen.
Den Rotwein mit den restlichen Orangen und der Zitronenschale sowie mit den Gewürzen und dem Zucker in eine Pfanne geben und alles unter Rühren erhitzen. Dann unbedingt die Hitze reduzieren, denn: der Glühwein darf nicht kochen!
Etwa 40 Minuten ziehen lassen, danach durch ein feinmaschiges Sieb abgiessen. Gegebenenfalls nochmals kurz erhitzen. Und dann: Prosit!
Tipp: Für die Gewürze ein Tee-Ei oder einen Teebeutel verwenden, so müssen später nur die Schalen entfernt werden.












