Welsche schaffen kriminelle Ausländer nicht konsequent aus

Simon Binz
Simon Binz

Bern,

Neue Zahlen des Bundes zeigen erstmals detailliert, wie unterschiedlich die Kantone den Landesverweis krimineller Ausländer vollziehen.

Schweizerische Volkspartei
Dies ist der letzte Halt vor der Ausschaffung für kriminelle Ausländer: Das Gefängnis beim Flughafen Zürich-Kloten. (Archivbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Deutschschweizer Kantone vollziehen Landesverweise deutlich konsequenter als die Romands.
  • Neuenburg liegt mit 28,8% Vollzugsquote schweizweit am Schluss, Zug erreicht 100%.
  • Kritiker sprechen von politischem «Schlendrian», die Welschen zweifeln die Statistik an.

Es ist ein Befund mit politischem Sprengstoff: Die Schweiz schiebt kriminelle Ausländer je nach Kanton höchst unterschiedlich ab. Das zeigen neue Zahlen des Staatssekretariats für Migration (SEM), die erstmals den Vollzug pro Kanton ausweisen.

Insgesamt wurden demnach im letzten Jahr 2466 Landesverweise verfügt – und gut 63 Prozent davon tatsächlich vollzogen. Wie die «NZZ am Sonntag» berichtet, ist dabei ein markanter Unterschied zwischen der Deutschschweiz und der Westschweiz festzustellen.

Sollten die Westschweizer konsequenter Ausschaffen?

Neuenburg bildet das Schlusslicht: Von 66 angeordneten Ausschaffungen wurden nur 19 umgesetzt – eine Quote von 28,8 Prozent. Auch Jura (31 Prozent) sowie die grösseren Kantone Waadt und Genf (jeweils rund 45 Prozent) liegen deutlich unter dem landesweiten Schnitt.

Ganz anders die Deutschschweiz: Bern kommt auf 77 Prozent, Zürich auf 65 Prozent. Der kleine Kanton Zug erreicht gar 100 Prozent. Mit anderen Worten: Die Deutschschweiz voll zieht Landesverweise deutlich konsequenter als die Westschweiz.

Ressourcen, Prozesse – oder politischer Wille?

Das SEM verweist in dem Bericht, dass man bei den Ausreisen lediglich eine unterstützende Rolle einnehme. Zu den unterschiedlichen Vollzugsquoten könne man sich «aufgrund mangelnder Zuständigkeit folglich nicht äussern».

Die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) nennt mehrere Faktoren, die den Vollzug beeinflussen: Unterschiedliche Abläufe, Variationen in der Haftpraxis, Verwaltungsstrukturen. Doch Generalsekretär Florian Düblin erwähnt auch etwas anderes: Es sei eine Frage der Prioritätensetzung.

In den betroffenen Kantonen sieht man das anders. Neuenburg zweifelt die Statistik an: Die veröffentlichten Zahlen würden nicht mit den eigenen übereinstimmen. Die verschieden hohen Quoten hätten weniger mit Effizienz zu tun, sondern mit unterschiedlichen Fallkonstellationen und Verhaltensweisen der auszuschaffenden Personen.

Waadt verweist auf eine andere Zählweise – dort werden Personen erfasst, die noch in Haft sitzen und deshalb noch nicht ausgeschafft werden können. Genf wiederum betont, dass der Vollzug je nach Zielland äusserst langwierig sein könne.

Das SEM hält bezüglich der Kritik an der Statistik des Bundes dagegen: Die Datenerhebung erfolge durch die kantonalen Behörden selbst. Die Statistik stamme nicht vom Bund, sondern von den Kantonen – der Bund publiziere sie lediglich.

SVP und FDP kritisieren Justizminister Beat Jans

Die Zahlen sorgen nun für Druck auf Justizminister Beat Jans. SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi zeigt gegenüber der «NZZ» wenig Zurückhaltung: In westschweizerischen Kantonen herrsche derselbe «rot-grüne Schlendrian wie ihn der SP-Bundesrat Beat Jans auf Bundesebene" praktiziere.

SVP Thomas Aeschi Nationalrat
Thomas Aeschi (SVP-Nationalrat) fordert von den welschen Kantonen ein härteres Durchgreifen bei der Ausschaffung krimineller Ausländer. - Keystone

Wenn Regierungen Ausschaffungen nicht konsequent durchsetzten, liege das nicht an der Polizei, sondern an der Politik, so der SVP-Hardliner. Auch FDP-Ständerat Damian Müller kritisiert Jans: Es genüge nicht, klare Regeln zu predigen – man müsse sie auch durchsetzen können.

Kommentare

User #6157 (nicht angemeldet)

Das Problem ist, dass es Dinge gibt, die nicht kantonal geregelt sein sollten. Die ganze Schweiz sollte ein Schulsystem, ein Steuersystem, ein Gesundheitssystem und auch ein Justizsystem haben. Das wäre viel einfacher für alle, auch für die Verwaltungen und zum Beispiel die Umsetzung der Ausschaffungen.

User #3635 (nicht angemeldet)

4/5 der Schweizer haben Angst vor Zuständen wie in Deutschland.

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