Coronavirus – Pfleger: «So verschieden sind Verläufe bei Patienten»
Das Wichtigste in Kürze
- Intensivpfleger Ricardo Lange ist wegen seiner Arbeit oft mit dem Tod konfrontiert.
- Aber: Noch nie hat er so viele Tote gesehen, wie während der Corona-Pandemie.
Fünf Millionen Menschen sind weltweit an den Folgen einer Erkrankung mit dem Coronavirus gestorben. In Deutschland sind es seit heute 100'000.
«Irgendwann habe ich aufgehört zu zählen», erzählt Intensivpfleger Ricardo Lange im Interview mit dem «Spiegel». Man sei schlicht nicht mehr hinterhergekommen. Eines sei aber klar: Noch nie habe er in seinem Beruf so viele Tote gesehen, wie seit Pandemie-Beginn.
Lange: «Im vergangenen Jahr, in der Sterbehochphase der Pandemie, haben wir an fast jedem einzelnen Tag einen schwarzen Leichensack zugezogen. Gefühlt jeder Zweite hat in dieser Zeit die Intensivstation nicht mehr lebend verlassen.»
Beunruhigende Entwicklung
Die Zeit sei sehr belastend gewesen. «Man hatte oft keine Zeit, um die Toten sanft zurechtzumachen, das Fenster zu öffnen, damit die Seele rausfliegen kann.» Das klinge vielleicht etwas spirituell. Aber nur so könne er den Tod richtig verarbeiten, wenn er Personen mit Würde verabschieden könne.
In der Hochphase sei ein solcher Abschied schlicht unmöglich gewesen. «Der Tod kam zack-zack. Da bekam der Tote einen Zettel an den Zeh, mit Patienteninformationen drauf, und dann kam der Sack.»
Coronavirus: Unterschiedliche Tode
Personen, die wegen dem Coronavirus sterben, hätten meist sehr verschiedene Krankheitsverläufe, wie Lange erklärt. Es gebe Leute, die am Abend noch in einigermassen guter Verfassung sind – und am nächsten Morgen tot. Dann gebe es auch Erkrankte, die über einen sehr langen Zeitraum kontinuierlich kränker werden, bis sie sterben.
An das Sterben werde sich Ricardo Lange nie gewöhnen, wie er sagt. «Man hält das Sterben nur aus, wenn man sich ab und zu lebendig fühlt. Es ist wichtig mit Freunden zu sprechen, die keine Ahnung davon haben, was man erlebt.»