Hungersnot in Gaza? Lage spitzt sich dramatisch zu
In Gaza verschärft sich die humanitäre Lage und die Ernährungskrise. Experten diskutieren, ob bereits eine Hungersnot herrscht.

Die Lage im Gazastreifen ist alarmierend: Laut des International Rescue Committee (IRC) sind dort Nahrungsmittel extrem knapp. Über eine Million Menschen erleben eine Versorgungskrise, die an eine Hungersnot grenzt, schreibt das IRC in einem Bericht.
Die UN-Welternährungsorganisation FAO meldet, dass rund 470'000 Menschen im Gazastreifen akut hungernd sind. Besonders betroffen sind Mütter und Kinder.
Die Blockade humanitärer Hilfe durch Israel seit März hat die Lebensmittelknappheit dramatisch verschärft, so die stellvertretende FAO-Direktorin Beth Bechdol.
Viele Experten glauben an Hungersnot
Unabhängige UN-Experten bezweifeln nicht mehr, dass eine Hungersnot droht. Sie berichten von mehreren Todesfällen durch Unterernährung, vor allem bei Kleinkindern.

Offiziell sei Hungersnot allerdings erst dann ausgerufen, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind, darunter die Todesrate durch Hunger, berichtet «Swiss Info».
Aktuelle IPC-Berichte stellen fest, dass bis zu 22 Prozent der Bevölkerung in Gaza in die schwerste Stufe der Ernährungsunsicherheit fallen.
Herrscht in Gaza tatsächlich eine Hungersnot?
Auch die «Integrated Food Security Phase Classification» (IPC) hat die Nahrungssituation in Gaza als extrem kritisch eingestuft. Mehrere Kriterien für eine Hungersnot sind fast erfüllt, die vollständige Bestätigung steht jedoch noch aus.
Experten mahnen laut «science.org», dass die Datenerhebung durch die israelische Blockade stark behindert wird. Die Krise spitze sich dadurch weiter zu.
Caroline Willemen von Ärzte ohne Grenzen beschreibt die Lage laut «Al Jazeera» als lebensgefährlich: Nahrung sei fast vollständig ausgegangen, Hilfslieferungen würden nur unregelmässig durchgelassen.
Menschen würden ihr Leben riskieren, um Nahrung zu finden. Die Gesundheitsbehörden in Gaza zählten bereits über 160 hungerbedingte Todesfälle, darunter viele Kinder.
Die UNO warnt laut dem «Kurier» davor, dass bald die gesamte Bevölkerung von über 2 Millionen Menschen akut hungern könnte.
Humanitäre Krise und internationale Reaktionen
Die internationalen Organisationen fordern ungehinderten Zugang für Hilfslieferungen. Trotz einiger Hilfskonvois und Luftabwürfe ist die Versorgung unzureichend.
Die Lage wird als «Worst-Case-Szenario einer Hungersnot» beschrieben, berichtet «science.org».

Trotzdem kann aktuell noch nicht die Rede von einer formellen Hungersnot sein: Eine solche müsste durch Todeszahlen und Unterernährungsraten formell belegt werden.
Diese Kriterien treffen in Gaza aktuell allerdings (noch) nicht zu: Hungersnöte werden jedoch geschichtlich betrachtet erst zu spät erkannt.