Julian Assange kämpft in einer entscheidenden Gerichtsanhörung gegen seine Auslieferung an die USA.
Julian Assange drohen in den USA bei einer Verurteilung bis zu 175 Jahre Haft.
Julian Assange drohen in den USA bei einer Verurteilung bis zu 175 Jahre Haft. (Archivbild) - Frank Augstein/AP/dpa

Bei einer entscheidenden Anhörung vor Gericht zur Auslieferung von Julian Assange in die USA haben die Anwälte des WikiLeaks-Gründers am Dienstag ihre Argumente dargelegt. Der 52-Jährige, der seit fast fünf Jahren im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in London sitzt, konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht selbst an der Verhandlung teilnehmen, wie sein Anwalt mitteilte. Für Assange ist die zweitägige Anhörung am High Court in der britischen Hauptstadt die letzte Hoffnung, seine Auslieferung an die USA vor britischen Gerichten noch zu verhindern.

Er hofft auf eine volle Berufungsverhandlung, die ihm bislang verweigert wurde. Sollte er scheitern, wäre der Rechtsweg in Grossbritannien ausgeschöpft. Die US-Regierung will dem Australier in den USA wegen Spionagevorwürfen den Prozess machen. Dort drohen ihm bei einer Verurteilung bis zu 175 Jahre Haft.

Auslieferungsprozess und politische Implikationen

Washington wirft ihm vor, gemeinsam mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen und damit das Leben von US-Informanten gefährdet zu haben. Assanges Anwälte argumentierten am Dienstag unter anderem, Assange werde wegen einer «normalen journalistischen Tätigkeit, des Erlangens und Veröffentlichens geheimer Informationen strafrechtlich verfolgt», deren Inhalt wahr und offensichtlich von grossem öffentlichem Interesse gewesen sei.

Zudem handle es sich bei ihm um einen politischen Gefangenen, dessen Auslieferung im Abkommen zwischen den USA und Grossbritannien verboten sei. Assanges Frau Stella wirkte gefasst, als sie zu der Anhörung vor Gericht in London eintraf. Sie dankte den mehreren Hundert Unterstützern, die sich vor dem neogotischen Gerichtsgebäude Royal Courts of Justice im Zentrum Londons versammelt hatten.

Unterstützung für Assange

Mit Bannern und Sprechchören wie «Free Julian Assange Now» forderten sie die Freilassung ihres Mannes. «Julian braucht seine Freiheit, und wir alle brauchen die Wahrheit», rief sie den Menschen zu. Auch andernorts demonstrierten Assanges Anhänger, etwa in Berlin und Melbourne.

Wann genau eine Entscheidung über den Berufungsantrag fallen soll, stand bis zuletzt nicht fest. Erwartet wurde jedoch, dass sie nicht schon direkt nach Abschluss der Anhörung am Mittwoch verkündet wird, sondern erst mit Verzögerung.

Gefahren einer möglichen Auslieferung

Stella Assange befürchtet jedoch, dass ihr Ehemann schon binnen weniger Tage in ein Flugzeug Richtung USA gesetzt werden könnte, wie sie in der vergangenen Woche vor Journalisten in London sagte. Für Assange bliebe im Fall einer Ablehnung seines Berufungsantrags in London nur noch der Gang vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Dort werde sein Team umgehend einen Antrag auf einstweilige Verfügung stellen, um eine sofortige Auslieferung zu verhindern, kündigte Stella Assange an. Sie fürchtet wegen der erwarteten harschen Haftbedingungen in den USA und der labilen Psyche ihres Mannes um sein Leben.

Suizid-Gefahr war auch der Grund, warum eine Richterin in erster Instanz die Auslieferung zunächst abgelehnt hatte. Doch die Entscheidung wurde später gekippt. Vor seiner Festnahme im April 2019 hatte sich Assange mehrere Jahre in der ecuadorianischen Botschaft in London dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden entzogen.

Diese hatten ihn zunächst wegen Vergewaltigungsvorwürfen ins Visier genommen. Diese Anschuldigungen wurden jedoch aus Mangel an Beweisen fallen gelassen. Neben einem Erfolg im juristischen Tauziehen erhofft sich Assange eine politische Lösung.

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