Regierung

Regierung einigt sich auf Grundzüge der Pflegereform

AFP
AFP

Deutschland,

Eine bessere Bezahlung von Pflegekräften, höhere Beiträge für Kinderlose und eine finanzielle Entlastung Pflegebedürftiger: Die Bundesregierung hat sich auf Grundzüge bei der Pflegereform geeinigt.

Mann in einem Pflegeheim in Berlin
Mann in einem Pflegeheim in Berlin - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Beitragssatz für Kinderlose zur Pflegeversicherung steigt ab 2022.

Bereits am Mittwoch könnte sich das Bundeskabinett mit der Vorlage befassen, wie AFP am Sonntag aus Koalitionskreisen erfuhr. Linken und Grünen geht die Reform nicht weit genug.

Kernpunkte der Pflegereform, über die die «Bild am Sonntag» zuerst berichtet hatte und die AFP vorlagen, sind verpflichtende Tariflöhne in Pflegeeinrichtungen und ein staatlicher Pflegezuschuss für Heimbewohner.

Zur Finanzierung soll es ab 2022 einen jährlichen Steuerzuschuss des Bundes von einer Milliarde Euro für die Pflegeversicherung geben. Ausserdem soll ab Januar kommenden Jahres der Beitragssatz zur Pflegeversicherung für Kinderlose um 0,1 Prozentpunkte auf dann 3,4 Prozent erhöht werden.

Ab September 2022 dürfen Heime und Pflegedienste nur noch mit der Pflegekasse abrechnen, wenn sie ihre Pflegekräfte auf Grundlage eines Tarifvertrags oder einer kirchlichen Arbeitsrechtsregelung bezahlen oder sich zumindest an entsprechenden Tarifregelungen etwa in der Region orientieren. Das soll für bessere Löhne in der Altenpflege sorgen.

Laut Bundesarbeitsministerium werden aktuell rund die Hälfte der 1,2 Millionen Pflegekräfte in Deutschland nicht nach Tarif bezahlt. Ihr Stundenlohn liege im Schnitt zwei Euro unter Tariflöhnen. Nach Berechnungen des Ministeriums sind durch die geplante Regelungen Lohnsteigerungen von bis zu 300 Euro im Monat möglich.

Um eine finanzielle Überforderung von Pflegeheimbewohnern zu vermeiden, soll deren Eigenanteil in den Pflegestufen zwei bis fünf schrittweise reduziert werden. Der Eigenanteil verringert sich nach einem Jahr um 25 Prozent, nach zwei Jahren um 50 Prozent und nach drei Jahren Heimaufenthalt um 75 Prozent.

Zudem soll als neue Leistung eine Übergangspflege im Krankenhaus eingeführt werden, wenn im Anschluss an eine Krankenhausbehandlung häusliche Krankenpflege oder Kurzzeitpflege nicht möglich ist. Der Entwurf soll als Änderungsantrag zu einem bereits bestehenden Gesetz im Juni vom Bundestag beschlossen werden.

Grüne und Linke bemängelten die geplante Entlastung der Pflegebedürftigen als unzureichend und forderten eine flächendeckende gesetzliche Verankerung von Tariflöhnen in der Pflege. «Die Pflegereform enthält zwar Verbesserungen, bleibt aber hinter dem Notwendigen zurück», sagte Linken-Chefin Susanne Hennig-Wellsow der Nachrichtenagentur AFP. Hennig-Wellsow forderte zudem eine «Pflegevollversicherung, in die alle einzahlen» und einen allgemeinverbindlichen Flächentarifvertrag in der Pflege.

Die pflege- und altenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Kordula Schulz-Asche, nannte den Entwurf «halbherzig». Grundsätzlich sei zwar ein jährlicher Steuerzuschuss zu begrüssen, sagte Schulz-Asche zu AFP. Dieser werde aber «nicht reichen, um die Herausforderungen des demografischen Wandels zu bewältigen». Es sei zudem «versäumt worden, die Tariflöhne gesetzlich flächendeckend zu verankern».

Die Pläne für einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag in der Altenpflege waren im Februar geplatzt. Grund war das Nein des katholischen Sozialverbands Caritas, der durch eine Tarifbindung Nachteile für die von der katholischen Kirche betriebenen Einrichtungen befürchtete.

Der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Rank Werneke, nannte die Reformpläne am Sonntag daher nur «die zweitbeste Lösung». Der Reformentwurf sei «kein adäquater Ersatz für einen Tarifvertrag, dessen Erstreckung auf die gesamte Pflegebranche für hunderttausende Beschäftigte in der stationären und ambulanten Pflege bereits ab August dieses Jahres verlässlich deutlich höhere Löhne gebracht hätte», kritisierte Werneke.

Die FDP zweifelte die finanzielle Solidität der Pläne an. «Wer höhere Pflegelöhne verspricht, muss für eine solide Refinanzierung sorgen», sagte die FDP-Pflegeexpertin Nicole Westig zu AFP. Zudem kritisierte sie die geplante Erhöhung des Pflegeversicherungsbeitrags für Kinderlose als «kurzsichtig».

Kommentare

Weiterlesen

Superreiche
116 Interaktionen
Jeff Bezos & Co.
ueli schmezer kolumne
333 Interaktionen
Ueli Schmezer

MEHR IN POLITIK

schweizer armee
8 zu 0 Stimmen
Service Citoyen
6 Interaktionen
Service Citoyen
National- und Ständerat
7 Interaktionen
Schutz
Andreas Glarner
100 Interaktionen
KI-Fake-Video

MEHR REGIERUNG

9 Interaktionen
Spende
Krankenkassenprämien Coronavirus
2 Interaktionen
Aargauer Regierung
axpo
1 Interaktionen
St. Gallen
Baselbieter Landratssal
Baselland

MEHR AUS DEUTSCHLAND

Stuttgart
2 Interaktionen
Wohl Unfall
Depardieu
Wegen Ausreiseverbot
Mia Madisson
22 Interaktionen
«Heimatland»