Gibts bald Inländervorrang auf dem Wohnungsmarkt?
Die Diskussion um die neue SVP-Initiative spitzt sich zu. Ein möglicher Gegenvorschlag würde Einheimische bei Mietwohnungen bevorzugen.

Das Wichtigste in Kürze
- Ständeräte erwägen einen Inländervorrang bei Mietwohnungen.
- Der mögliche Gegenvorschlag zur SVP-Initiative bevorzugt langjährige Schweiz-Bewohner.
- Die SVP-Initiative zielt auf das Bevölkerungswachstum ab.
Die Diskussion um die neue Zuwanderungsinitiative der SVP («Keine 10-Millionen-Schweiz») nimmt eine neue Wendung: Ständeräte beraten hinter verschlossenen Türen über einen Vorschlag, der Einheimische bei der Vergabe von Mietwohnungen bevorzugen würde, berichtet die «NZZ».
Demnach erarbeitet die ständerätliche staatspolitische Kommission einen indirekten Gegenvorschlag. Der Nationalrat hatte im Gegensatz dazu nach einer hitzigen Debatte im September entschieden, keinen Gegenvorschlag vorzulegen.
Der Plan der Ständeratskommission sieht vor, Mietwohnungen jenen vorzubehalten, die seit mindestens zwei Jahren in der Schweiz leben. Auch Personen, die früher zehn oder mehr Jahre ihres Lebens hier verbracht haben, sollen bevorzugt werden.
Gegenvorschlag könnte mit Personenfreizügigkeit vereinbar sein
Die Nationalität spielt dabei keine Rolle – einzig die Wohnsitzdauer in der Schweiz wäre relevant. Deshalb soll der Vorschlag mit der Personenfreizügigkeit der EU vereinbar sein.
Trotzdem bleibt das Konfliktpotenzial mit der EU bestehen. Brüssel könnte einen solchen Inländervorrang als indirekte Diskriminierung werten, da er faktisch hauptsächlich Bürger von EU-Staaten benachteiligt.
Astrid Epiney, Professorin für Europarecht an der Universität Freiburg, erklärt gegenüber der «NZZ», die Idee sei «sicher nicht spannungsfrei». Sie halte es aber bei einem gewissen Mass an Flexibilität grundsätzlich für möglich, das Anliegen konform mit der Personenfreizügigkeit umzusetzen.
Die politische Sinnhaftigkeit eines Gegenvorschlags ist jedoch eine andere Frage. Der Politologe Michael Hermann meint dazu gegenüber der Zeitung: «Natürlich ist es ein Eingeständnis, dass das Thema relevant ist.»
Er betont aber, dass es von Vorteil sein könne, wenn die anderen Parteien eine Alternative zur Initiative anbieten.
Bevölkerung sieht Bevölkerungswachstum bezüglich Wohnen kritisch
Das Thema Wohnen bewegt. Hermann verweist auf Umfragen seines Instituts Sotomo sowie auf das «Chancenbarometer». Diese zeigen, dass die Menschen die grössten negativen Auswirkungen des Bevölkerungswachstums vor allem im Bereich Wohnen und Wohnungspreise sehen.
Die SVP-Initiative «Keine 10-Millionen-Schweiz» zielt darauf ab, das Bevölkerungswachstum in der Schweiz zu begrenzen. Bis 2050 auf maximal 10 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner.
Die Partei möchte damit die Zuwanderung deutlich einschränken. Unter anderem durch die Kündigung des Personenfreizügigkeitsabkommens mit der EU, falls die Grenze überschritten wird.
SVP spricht von «Nachhaltigkeits-Initiative»
Die SVP spricht auch von einer «Nachhaltigkeits-Initiative».
Im Nau.ch-Interview erklärte der Berner SVP-Nationalrat Erich Hess: «Wir müssen immer mehr Häuser bauen, denn irgendwo müssen diese Leute ja leben.» Mit der Beschränkung auf zehn Millionen sei man nachhaltig, «finanziell wie auch ökologisch».
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Die SVP-Initiative ist umstritten, da sie den bilateralen Weg mit der EU und den Zugang zum Binnenmarkt gefährden könnte.











