In ihrem neuen Positionspapier fordert die SVP eine Neuausrichtung der Schweizer Asylpolitik. Primär sollen alle Asylverfahren ins Ausland verlagert werden.
MK SVP Migrationspolitik Positionspapier
Die SVP stellt in Bern ein neues Positionspapier zur Migrationspolitik vor am 31. Januar 2023. Für die Volkspartei steht fest: «Die derzeitige Migrationspolitik der Schweiz ist ein Fiasko.» - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Im Oktober finden Wahlen statt – bereits jetzt positionieren sich die Parteien.
  • Die SVP hat heute in Bern ihr Positionspapier zur Migrationspolitik vorgestellt.
  • Darin fordert die Volkspartei eine Auslagerung aller Asylverfahren ins Ausland.
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Die Lage im Asylbereich hierzulande ist derzeit angespannt. Der Bund steht in der Kritik vonseiten der Kantone – man sei überrumpelt und überrannt worden: Händeringend suchen die kantonalen Migrationsämter nach Unterkünften und Betreuungspersonal. Die Kantone Aargau und Luzern haben bereits einen «Asylnotstand» ausgerufen.

Tatsächlich musste das Staatssekretariat für Migration (SEM) die Asylzahlen im vergangenen Jahr mehrfach nach oben korrigieren. Schliesslich wurden in der Schweiz 24'500 Asylgesuche gestellt. Hinzu kamen rund 75'000 Gesuche von Ukrainerinnen und Ukrainern für den Schutzstatus S.

MK SVP Migrationspolitik
Ständerat und Präsident SVP Schweiz Marco Chiesa (TI), Mitte, spricht an der Seite von Nationalrat Gregor Rutz (ZH), Nationalrätin und Vizepräsidentin SVP Schweiz, Celine Amaudruz (GE), Nationalrätin Martina Bircher (AG), und Nationalrat Andreas Glarner (ZH), von links, an einer Medienkonferenz der SVP zur Schweizer Asylpolitik, am Dienstag, 31. Januar 2023, in Bern. - Keystone

Überdies ist eine Entspannung im Asylbereich derzeit nicht in Sicht: Das SEM rechnet heuer mit 24'000 bis 40'000 Asylgesuchen. Die effektiven Zuwanderungszahlen dürften primär davon abhängen, wie sich die Migration nach Europa und der Krieg in der Ukraine entwickeln.

Keine Asylverfahren mehr in der Schweiz

Deshalb hat die SVP heute im Rahmen einer Medienkonferenz in Bern ihr Positionspapier für eine Neuausrichtung der Schweizer Asylpolitik vorgestellt. Die Ausgangslage für die Volkspartei scheint klar zu sein: «Die Schweizer Migrationspolitik ist ein Fiasko.»

Insgesamt stellt die Volkspartei dabei fünf zentrale Forderungen: Das primäre Anliegen ist die Auslagerung der Asylverfahren ins Ausland. Überdies sollen Asylanträge auch in sogenannten «Transitzonen» abgewickelt werden: Ähnlich wie auf einem Flughafen würden sich Asylsuchenden dort faktisch noch nicht auf Schweizer Boden befinden. Ferner solle mit einer gezielten Hilfs- und Schutzpolitik vor Ort Wanderbewegungen gebremst werden. Der Bundesrat müsse umgehend Szenarien prüfen, wie diese Anliege umgesetzt werden könne.

Was halten Sie von der SVP-Forderung, in der Schweiz keine Asylverfahren mehr durchzuführen?

Ferner fordert die SVP eine strikte Umsetzung der geltenden Gesetze: «Wer keine Aufenthaltsberechtigung hat, muss die Schweiz verlassen – ohne Wenn und Aber.» Überdies soll die Schweizer Entwicklungshilfe neu ausgerichtet und vollumfänglich in den Dienst der Migrationspolitik gestellt werden. Schliesslich fordert die SVP, dass der UNO-Migrationspakt nicht unterzeichnet wird.

Das schweizerische Asylrecht sei überholt und nicht länger auf die Herausforderungen der heutigen, globalisierten Welt ausgerichtet: «Es gewährt pauschal und global Aufnahme.» Für die SVP steht fest, dass die vorläufige Aufnahme heute mit einem «faktischen Bleiberecht» gleichzusetzen sei.

Für die SVP kommen zu viele Menschen in die Schweiz

Das Positionspapier ist indes sehr ausführlich – insgesamt beschreibt es allerdings zwei zentrale Missstände: Einerseits, so die SVP, kommen «zu viele Menschen in die Schweiz».

Statistik SVP Asylgesuche
Die Anzahl der Asylgesuche in der Schweiz im zeitlichen Verlauf. - SVP Positionspapier / SEM Asylstatistik

Dabei betont die Volkspartei, dass sich die Zahl der weltweit Vertriebenen in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt hat. Auch in den kommenden Jahren würden die Migrationsbewegungen weiter zunehmen. Ferner sei die Schweiz im Migrationsbereich viel stärker belastet, als andere Länder in Europa: mit 1,5 Asylgesuchen pro 1000 Einwohner liege die Eidgenossenschaft deutlich über dem europäischen Mittelwert von 1,0.

Überdies hält die SVP fest, dass die Schweiz bereits bei den erstinstanzlichen Gerichtsentscheiden zu Asylanträgen grosszügiger entscheide, als ihre Nachbarländer. Ferner erlaube die aktuelle Rechtspraxis und Migrationspolitik die Zuwanderung in die Schweiz auch ohne Asylgrund. Des Weiteren würde auch ein negativer Asylentscheid oft nicht dazu führen, dass Personen die Schweiz wieder verlassen müssten.

SVP Neuausrichtung Asylpolitik
Erstinstanzliche positive Entscheide zu Asylanträgen nach Staatsangehörigkeit in Prozent. - Positionspapier SVP / Eurostat 2021

Weiter hebt die Volkspartei hervor, dass das Asylwesen in der Schweiz massive Kosten verursache: Alleine auf Bundesebene belaufen sich dieselben auf vier Milliarden Franken jährlich. Hinzu kämen erhebliche Ausgaben für Sozialleistungen – rund 3,2 Prozent der Schweizer Wohnbevölkerung leben von Sozialhilfe: Die Sozialhilfequote von Schweizer beläuft sich dabei auf 2 Prozent, diejenige von Ausländern mit ordentlichem Aufenthaltsrecht auf 6,1 Prozent. Dagegen waren Ende 2020 87,3 Prozent der Asylsuchenden Fürsorgebezieher, bei Flüchtlingen waren es 84,2 Prozent.

Für die SVP kommen die falschen Menschen in die Schweiz

Als zweiten zentralen Aspekt betont das Positionspapier: Nicht nur zu viele Menschen kommen in die Schweiz, sondern auch «die Falschen».

Für die Volkspartei steht fest, dass keineswegs nur qualifizierte Fachkräfte einwandern. «Immer mehr Menschen kommen in die Schweiz, die keinen wirtschaftlichen Mehrwert bringen.» Demnach würden die meisten Zuzüger nicht in einem Berufsfeld mit Fachkräftemangel arbeiten. Gesamtschweizerisch liege dieser Anteil lediglich bei knapp 20 Prozent.

SVP BIP
Das BIP-Wachstum ausgewählter Länder im Vergleich. - Positionspapier SVP / ZKB / OECD

Auch deshalb habe das Bruttoinlandprodukt der Eidgenossenschaft in den letzten 30 Jahren im Vergleich zu anderen Ländern weniger zugenommen. Für die SVP ist sicher: «Die Zuwanderung hat unter dem Strich (wirtschaftlich) wenig gebracht.»

Überdies sei auch die öffentliche Sicherheit in Gefahr: Viele Einwanderer stammten aus fremden Kulturen, die westliche Regeln «immer häufiger» grundsätzlich ablehnten. Dabei verweist das Positionspapier auf die Gewaltexzesse der Silvesternacht 2022 in Deutschland: «Die Ablehnung der westlichen Gesellschaft führt zu ethnisch und religiös motivierter Gewalt und Kriminalität.»

SVP Migrationspolitik Positionspapier MK
Nationalrat Gregor Rutz (ZH), links, spricht an der Seite von Nationalrätin und Vizepräsidentin SVP Schweiz, Celine Amaudruz (GE), Ständerat und Präsident SVP Schweiz Marco Chiesa (TI), Nationalrätin Martina Bircher (AG), und Nationalrat Andreas Glarner (ZH), von links, an einer Medienkonferenz der SVP zur Schweizer Asylpolitik, am Dienstag, 31. Januar 2023, in Bern. - Keystone

Schliesslich steht für die SVP fest: «Die Schweiz verfolgt derzeit eine Zuwanderungspolitik mittels einer Negativauswahl. Sie unterhält faktisch eine Personenfreizügigkeit mit den Krisenregionen dieser Welt. Die Behörden sind nicht gewillt, eine Steuerung der Zuwanderung vorzunehmen.» Ohne Kurskorrektur werde – so das Positionspapier – die Schweiz «kaputt» gehen.

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