Im Mai stimmt die Schweiz über das neue Filmgesetz ab. Politologe Claude Longchamp erwartet einen spannenden Abstimmungskampf wegen der vielen Unentschlossenen.
Politologe Claude Longchamp gibt seine Einschätzungen zur Filmgesetz-Abstimmung am 15. Mai. - Nau.ch
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Am 15. Mai stimmt die Bevölkerung über die Änderungen des Filmgesetzes ab.
  • Gemäss Politologe Claude Longchamp sind ungewöhnliche viele Schweizer noch unentschlossen.
  • Die Entscheidung werde wohl massgeblich von den FDP- und GLP-Wähler abhängen.

Das Abstimmungsbüchlein für den 15. Mai könnte bei vielen Stimmbürgern ein Déjà-vu auslösen. Die Vorlage zum Filmgesetz erinnert auf den ersten Blick stark an diejenige zum Mediengesetz.

«Tatsächlich haben die zwei Vorlagen von aussen gesehen Gemeinsamkeiten», so Politologe Claude Longchamp im Abstimmungstalk mit Nau.ch. «Bei beiden geht es um die staatliche Förderung eines Mediums und die Opposition kommt von rechts-bürgerlicher Seite.»

Filmgesetz Abstimmung
Christof Vuille, Stv. Chefredaktor von Nau.ch, im Gespräch mit Claude Longchamp, Politologe am Institut für Politikwissenschaft der Universität in Bern, über die Abstimmung vom 15. Mai 2022 zum neuen Filmgesetz. - Nau.ch

Beim Filmgesetz sei aber keine ganze Branche betroffen und es gehe um deutlich weniger Geld. Und schliesslich werde nun der Widerstand stärker von den Jungparteien als von den nationalen Parteien geprägt. «Es kann also sein, dass es zu einer ähnlichen Konstellation kommt, aber mit einer schwächeren Opposition

Kulturgut fördern oder Wirtschaftsfreiheit stärken?

Das Parlament wolle erreichen, dass die internationalen Player wie die Schweizer Filmproduzenten und -vertreiber in die nationale Filmindustrie investieren müssen. Die Annahme der Gesetzesänderung sei schnell geklärt gewesen, bei der Festlegung des Betrages habe sich das Parlament jedoch schwergetan: «Der Nationalrat war der Meinung, ein Prozent reiche, der Ständerat verlangte vier Prozent. Schliesslich setzte sich der Ständerat mit dem Appell an die heimatlichen Gefühle durch», erklärt Longchamp.

Lex Netflix
Streamingdienste wie Netflix sollen mit dem Filmgesetz «Lex Netflix» in das Schweizer Filmschaffen investieren müssen.
Filmgesetz
Tina Deplazes, Vorstandsmitglied der Jungen Mitte Zuerich, Virginie Cavalli, Co-Präsidentin Junge GLP, und Matthias Mueller, Präsident Referendumskomitee und Jungfreisinnige, von links, kurz vor Beginn einer Medienkonferenz des überparteilichen Komitees «Nein zum Filmgesetz», am Dienstag, 29. März 2022 in Bern.
Filmgesetz
Mit dem neuen Filmgesetz will das Parlament und der Bundesrat die Schweizer Filmkultur stärken.

Die aktuelle Diskussion sei stark polarisiert und weltanschaulich: Die Befürworter argumentieren, die Stützung eines Kulturguts sei förderungs- und unterstützungswürdig. Die Gegner wehren sich gegen staatliche Vorschriften für ein bestimmtes Unternehmen, die sie grundsätzlich ablehnten.

GLP- und FDP-Wähler wohl entscheidend

«Ich gehe davon aus, dass Links und in der Mitte die Mehrheit für das Filmgesetz stimmen wird», so Longchamp. Spannender werde es bei der GLP und der FDP. «Dort müsste es sich eigentlich entscheiden», ist der Politologe überzeugt.

Die erste Umfrage habe gezeigt, dass die Mehrheit der GLP-Wähler die Gesetzesänderung unterstützten. Dies entspreche auch der Parole der Partei – nicht aber der eigenen Jungpartei.

Referendum Lex Netflix
Mitglieder der Jungfreisinnigen, der Jungen SVP und der Jungen Grünliberalen reichen mit 65’000 Unterschriften das Referendum gegen das neue Filmgesetz «Lex Netflix» ein, am 20. Januar 2022, in Bern. - Keystone

Die FDP hingegen habe auf Druck der Jungfreisinnigen eine Nein-Parole beschlossen. Die Umfrage zeige jedoch, dass die Basis ganz knapp für eine Annahme der «Lex Netflix» sei.

«Die Meinungsbildung findet im liberal-bürgerlichen Umfeld statt. Nämlich bei den Menschen, die kritisch gegenüber Vorschriften vom Staat seien, aber nicht prinzipiell aus eine Oppositions-Haltung argumentieren», so Longchamp.

Kein Generationen-Graben trotz Engagement der Jungparteien

Die Umfrage zeigte auch, dass vor allem jüngere Menschen die Vorlage ablehnten. Kommt es jetzt zum Aufstand der «Generation Netflix»?

«Das halte ich zwar für nachvollziehbar, aber übertrieben», so das Urteil des Experten. Nachvollziehbar, weil die Jungparteien das Referendum ergriffen hätten. Übertrieben, weil die Umfrage nur einen Unterschied von acht Prozent zwischen Alt und Jung ergeben habe. Von einem Graben könne man also nicht sprechen.

Stimmen Sie den Änderungen im Filmgesetz zu?

Nach aktuellsten Umfrageergebnissen würde die Vorlage angenommen. Allerdings hätten erst 44 Prozent bereits eine feste Meinung zu dieser Abstimmung. «Das ist ausserordentlich wenig», ordnet Longchamp ein. Bei 56 Prozent der Wähler ohne gefestigte Meinung könne der Abstimmungskampf tatsächlich noch etwas bewirken.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

MediengesetzNationalratAbstimmungOppositionParlamentStänderatStaatFilmgesetzGLPFDPNetflix