Die Bundesanwaltschaft schickte Polizisten bei Klimaaktivisten vorbei. Nun stellt sich heraus, dass Justizministerin Keller-Sutter selbst das grüne Licht gab.
Klimastreik Lausanne
Eine Aufnahme am Klimastreik in Lausanne VD, 21. Mai 2021. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Bei drei Klimaaktivisten kam es am 26. Mai zu Hausdurchsuchungen durch die Bundespolizei.
  • Die Waadtländer hatten zum Armee-Boykott aufgerufen – ein Offizialdelikt.
  • Karin Keller-Sutter hat der Bundesanwaltschaft die Ermächtigung erteilt.

Vor einem Jahr schrieben Klimaaktivisten aus der Waadt einen offenen Brief, adressiert an den Bundesrat, der Schweizer Armee und dem VBS. Darin riefen sie zu einem Boykott der Armee auf: «Wenn ihr zum Wehrdienst aufgerufen werdet, geht nicht hin.» Auch die Militärabgabe soll nicht bezahlt werden, aus ökologischen und ethischen Gründen.

Polizei Klimastreik
Zwei Polizeibeamte nehmen einen Klimaaktivisten in Lausanne VD fest, 8. Mai 2021. Die Organisation «Extinction Rebellion» hatte verschiedene Roadblocks in europäischen Städten organisiert. - Keystone

Dort hörte es aber nicht auf. Die Waadtländer Studierenden forderten ebenfalls eine «radikale» Reformation der Armee, beziehungsweise eine Abschaffung. Danach meldete der Walliser Nationalrat Jean-Luc Addor (SVP) den Brief an die Bundesanwaltschaft. Und reichte eine Strafanzeige ein.

Eine Untersuchung aufgrund von «Aufforderung und Verleitung zur Verletzung militärischer Dienstpflichten» wurde eröffnet. Das ist ein Offizialdelikt.

Karin Keller-Sutter gab das OK

Ein Jahr später standen Beamte der Bundeskriminalpolizei vor den Türen der Klimaaktivisten. Wie Tamedia-Medien berichteten, kam es am 26. Mai zu Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmungen und Befragungen. Die Bundesanwaltschaft teilte mit, das Verfahren sei nach einer Ermächtigung durch das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartements EJPD eingeleitet worden.

Ukraine-Konflikt
FDP-Bundesrätin Karin Keller-Sutter spricht sich offenbar dafür aus, dass der Bundesrat im Ukraine-Konflikt der EU folgt. - Keystone

Departementssprecher Nicolas Hehl sagte zudem, Bundesrätin Karin Keller-Sutter habe das Ermächtigungsgesuch persönlich unterschrieben. Es sei die Regel, solche Gesuche gutzuheissen. Ob ein Straftatbestand erfüllt sei oder nicht, müsse nicht vom EJPD beurteilt werden.

Halten Sie den Einsatz des Fedpols für verhältnismässig?

«Vielmehr hat das EJPD anhand des Opportunitätsprinzips zu beurteilen, ob zur Wahrung der Interessen des Landes die Ermächtigung zur Strafverfolgung verweigert werden muss.» Das sei hier nicht der Fall gewesen.

Zukunft mit dem Anti-Terror-Gesetz?

Viele sehen hier einen Fall von staatlicher Repression gegen Aktivistinnen und Aktivisten. Beat Flach, GLP-Nationlrat (AG), twitterte, das Fedpol sei «ausser Rand und Band».

Anti-Terror-Gesetz Beat Flach
Die Bundesanwaltschaft geht gegen Klimaaktivisten vor. Für Beat Flach (GLP/AG) ist das ein Beispiel, was nach Annahme des Anti-Terror-Gesetzes geschehen könnte. - Twitter/@beatflach

Das Vorgehen der Bundesanwaltschaft zeige, «wohin wir mit dem PMT steuern», so Flach weiter. Grünen-Nationalrätin Franziska Ryser findet es ebenfalls «unverhältnismässig». Sie werde beim Bundesrat nachfragen, so die St. Gallerin.

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