Coronavirus: Offizielle Impf-Plattform muss falsche Infos löschen
Das Wichtigste in Kürze
- Die Impf-Plattform Infovac.ch empfahl seit Monaten die Corona-Impfung falsch.
- Nur ältere und Risikopersonen seien Zielgruppe, bei Schwangeren rate man ab.
- Nun wurde die entsprechende Passage auf der Website gelöscht.
Seit Anfang Jahr können sich in der Schweiz auch 5- bis 11-Jährige impfen lassen. Rund 40 Prozent der Oberstufenschüler sind bereits geimpft, ein Viertel der 16 bis 64 Jahre alten Bevölkerung ist geboostert. Für die nationale Impfwoche im November 2021 hat der Bund 2,5 Millionen Franken springen lassen. Immer wieder betont Bundesrat Alain Berset: Die Impfung sei das wichtigste Mittel, um durch die Pandemie zu kommen.
Ganz anders tönte dies bis gestern bei Infovac.ch, der «Plattform für Informationen zu und Beratungen über Impfungen». Ziel sei es, vor allem ältere Menschen oder Menschen mit Risikofaktoren zu impfen, andere Personen müsse man nicht dazu motivieren. Bei Schwangerschaften rate man von einer Impfung ab, Genesene könnten sich frühestens nach drei Monaten impfen lassen.
Gegenteil der BAG-Empfehlungen zur Corona-Impfung
Wie Recherchen zeigen, konnten ratsuchende Ärzte und Laien dies seit ziemlich genau einem Jahr so online lesen. Also genau das Gegenteil von dem, was BAG, Taskforce und andere Experten empfehlen. Nämlich zwei Piks gegen das Coronavirus bei möglichst vielen Menschen ab fünf Jahren, bei Schwangeren ab dem zweiten Trimester. Genesene sollten sich einen Piks bis spätestens drei Monate nach der Erkrankung abholen – nicht frühestens.
Die Vermutung lag nahe, dass Infovac schlicht völlig veraltete Informationen einfach so stehen liess. Denn vor einem Jahr war die Datenlage bezüglich Schwangeren tatsächlich noch mager, der Impfstoff noch knapp und Risikopersonen hatten Priorität. Unter «Aktuell» schreibt auch Infovac selbst: «Je mehr Menschen in der Schweiz geimpft sind, desto schneller ist die Pandemie beendet.» Und tatsächlich: Auf Anfrage gibt Infovac zu, die veraltete Passage völlig übersehen zu haben.
«Grosses Merci» – BAG und Kinderärzte in der Verantwortung
So bestätigt der am Genfer Unispital tätige Kinder-Infektiologe Allessandro Diana im Namen von Infovac: «Die Aktualisierung ist uns entgangen.» Das dazugehörige PDF sei zwar aktualisiert, die veraltete Online-Version habe man erst dank dem Hinweis von Nau.ch bemerkt: «Grosses Merci!»
Die Passage wurde sofort entfernt und die gesamte Covid-Seite werde noch einmal genau geprüft, verspricht Alessandro Diana. Darauf hinweisen hätten andere allerdings schon viel früher sollen: Infovac wird unter anderem getragen vom BAG und «Pädiatrie Schweiz».
Beide Institutionen haben die falschen Impf-Informationen über Monate nicht entdeckt, genauso wenig wie das Infovac-Expertengremium. Dort drin sitzen ausschliesslich an Universitätsspitälern tätige Kinderärzte, unter anderem auch Christoph Berger, der Präsident der Impfkommission (EKIF).
Ist der Schaden bereits angerichtet?
Die Empfehlungen der EKIF werden offenbar häufiger gelesen als diejenigen von Infovac, sonst wären die veralteten Angaben wohl früher aufgefallen. Die Plattform dient primär (Kinder-)Ärzten als Auskunftsstelle, sozusagen von Fachleuten für Fachleute.
Dass der eine oder andere Mediziner hinsichtlich einer anstehenden Corona-Impfung falsch informiert wurde, lässt sich dennoch nicht ausschliessen. Immer wieder gibt es Berichte von verzweifelten Impfwilligen, die von Impfzentren abgewiesen werden, obwohl sie offensichtlich alle Bedingungen erfüllten.
Der Schaden dürfte aber auch indirekter Natur sein. So stürzten sich Massnahmen-Gegner genüsslich auf die Passage, um so zu «beweisen», dass das Zertifikat unnötig sei. Nicht zuletzt ist es auch dem Ansehen von Infovac nicht zuträglich, wenn Informationen nicht verlässlich sind. Die sofortige Löschung des Abschnitts ist sicher hilfreich, diesem Anspruch wieder gerecht zu werden.