

Coronavirus: Bund übt im Pandemie-Management Selbstkritik
Das Wichtigste in Kürze
- Die Bundeskanzlei hat die Corona-Bewältigung zwischen August 20 & Oktober 21 evaluiert.
- Die Verwaltung soll nun 13 Empfehlungen aus dem Bericht umsetzen.
- Ansonsten habe das Krisenmanagement «relativ gut funktioniert».
Einen Bericht zur Krisenbewältigung des Coronavirus gibt es schon. Jetzt hat die Bundeskanzlei einen weiteren Abschnitt der Pandemie und dessen Management evaluiert. Bundeskanzler Walter Thurnherr stellte diesen «voraussichtlich letzten» Bericht heute vor.

«Die Schweiz hat grundsätzlich gute Voraussetzungen und Strukturen, um auch künftige Krisen zu bewältigen», so Thurnherr. «Aber wir sind uns lange Prozesse, sorgfältige Überprüfungen, mehrfache Konsultationen und vorsichtiges Abwägen gewohnt.» Für all das gebe es in Krisen nur wenig Zeit; deswegen müsse der Bund «jetzt Lehren ziehen, mehr vorbereiten, in Szenarien denken, mehr üben» und besser kommunizieren.
Analysiert wurde der Zeitraum zwischen August 2020 und Oktober 2021, also die zweite, dritte und vierte Welle. Fazit: Trotz des «relativ gut» funktionierenden Managements der Pandemie habe es in neun Bereichen Mängel gegeben. Doch die Verwaltung habe sich aus Sicht der Mitarbeitenden auch laufend verbessert, wie eine Umfrage ergeben habe.
Coronavirus: 13 Empfehlungen in neun Bereichen
So hat die Bundeskanzlei insgesamt 13 Empfehlungen formuliert, die der Bund in der nächste Krise implementieren sollte. Thurnherr wurde beispielsweise gefragt, ob man sich in der Verwaltung mit den Empfehlungen auf eine Strom- oder Gaskrise vorbereite. «Die Sensibilisierung ist sicher viel höher als noch vor dem Coronavirus», antwortete der Bundeskanzler. Mehr Details könne er jedoch zu den Arbeiten der Bundesämter für Energie oder Landwirtschaftliche Versorgung nicht mitteilen.

Eine Empfehlung ist beispielsweise die Umorganisation der Krisenverwaltung, sowohl operativ als auch strategisch. Der Bund habe während der Pandemie das Management nicht vorausschauend genug umgesetzt, heisst es etwa.
Auch die immer wieder gelobte Zusammenarbeit zwischen Kantonen und Bund müsse verbessert werden. Die Beurteilung der föderalen Zusammenarbeit durch die Mitarbeitenden der Bundesverwaltung fällt eher ungenügend aus. Insbesondere im Herbst 2020 sei die Koordination ein Chaos gewesen, steht im Bericht.

Das liege auch in der politischen Natur des Ergreifens von unliebsamen Massnahmen, so Thurnherr. Allgemein müsse das Instrument der Konsultation besser angegangen werden. Ausserdem empfiehlt der Bund die Stärkung der Zusammenarbeit mit dem Parlament und der EU prüfen.
Bund will mehr soziale Medien nutzen
Weiter soll für künftige Krisen oder Pandemien die wissenschaftliche Beratung der Politik gestärkt werden. Das Coronavirus habe gezeigt, wie wichtig der Einbezug der Wissenschaft bei der Krisenbewältigung sei, steht im Bericht. Der Bund könne hier auf die Erfahrung mit der Taskforce bauen.

Dieses Problem habe Walter Thurnherr am meisten überrascht, wie er an der Medienkonferenz sagte: «Dieses Know-how, dieses Wissen, dass wir es nicht anzapfen konnten.»

Ein «Evergreen» der Kritik an die Bundesverwaltung wird im Bericht auch angesprochen: die Digitalisierung. Beispielsweise für die Konsultationen der Massnahmen wären digitale Instrumente dienlich. Zudem sei das Datenmanagement während der Krise uneinheitlich gewesen, was den Austausch erschwert habe. Der Bund soll nun rechtliche Grundlagen für einheitliche und international anerkannte Standards zum Informationsaustausch zu Infektionskrankheiten schaffen.
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Punkto Krisenkommunikation sei die Bundeskanzlei mehrheitlich zufrieden. Die Point de Presse und Medienkonferenzen hätten sich als Kommunikationsinstrumente bewährt. Kritisiert wird dennoch die eher ungenügende Benutzung der sozialen Medien: Dort könnten junge Menschen oder auch Menschen mit Migrationshintergrund besser erreicht werden.