Schweizer Technologie: Hightech-«Ersatzteile» geben Hoffnung
Schweizer Forschende entwickeln Medizintechnik, die Leben verändert – von fühlenden Prothesen bis zu weichen Herzpumpen.

Das Wichtigste in Kürze
- EPFL-Forschende lassen Amputierte Wärme und Berührung in ihrer Prothese spüren.
- Neue Hydrogele und künstliche Muskeln eröffnen Chancen für Heilung und Therapie.
- Medizintechnik steht im Mittelpunkt der Tage der Technik 2025.
Ein Unfall oder eine Krankheit kann das Leben von einem Tag auf den anderen verändern – sei es durch den Verlust einer Gliedmasse, geschädigte Organe oder verletzte Gelenke. Forschende in der Schweiz arbeiten daran, Betroffenen ein Stück Lebensqualität zurückzugeben – mit Technologien, die vor kurzem noch nach Science-Fiction klangen.
Wenn die Prothese Wärme spürt
Das Translational Neural Engineering Laboratory (TNE) an der ETH Lausanne (EPFL) unter Leitung von Silvestro Micera sorgt seit Jahren international für Aufsehen. Sein Team hat 2023 eine Methode entwickelt, mit der Amputierte Wärme in ihrer Handprothese spüren können. Möglich wird das durch thermische Elektroden, die das Gefühl von Berührung simulieren.
Der Bioingenieur Vincent Mendez arbeitet in Genf an einer Prothese, die gleich mehrere Innovationen vereint: Tastsinn, Wärmesinn und robotische Bewegungen. Noch weiter geht die Vision von Epfl-Forscher Daniel Leal: Im Rahmen des «Third Arm Project» arbeitet er an einem zusätzlichen Arm. Das System könnte nicht nur Menschen, die die Funktion ihrer oberen Gliedmassen verloren haben, einen Teil ihrer Fähigkeiten zurückgeben, sondern auch für gesunde Menschen nützlich sein, indem es ihnen hilft, Multitasking zu betreiben oder schwierige medizinische oder Rettungsmassnahmen durchzuführen.
Hydrogels und künstliche Muskeln
Oft sind Sehnen, Muskeln oder Knorpel bei Unfällen betroffen. Doch diese Gewebe heilen schlecht. Hier setzt Dominique Pioletti vom Epfl-Labor für Biomechanische Orthopädie an. Er entwickelt Hydrogele, die wie körpereigenes Gewebe wirken und minimalinvasiv eingesetzt werden können. So sollen etwa Knorpelverletzungen besser und stabiler verheilen. Ein marktreifes Produkt könnte in rund fünf Jahren verfügbar sein.
Auch die EMPA in St. Gallen forscht mit Hydrogelen – aus Fischgelatine. Diese können nicht nur als Wundauflage dienen, sondern auch 3D-gedruckt werden, um Hautmodelle für die Forschung zu erzeugen. Ein anderes EMPA-Team baut sogar künstliche Muskeln: Silikon-Schichten, die sich bei Stromfluss zusammenziehen und wieder entspannen – fast wie echte Muskelfasern.
An der Epfl in Neuenburg tüftelt Yves Perriard an einer weichen Herzpumpe. Statt Metall und Magneten setzen seine Labors auf ringförmige elastische Aktuatoren, die sich um die Aorta legen. Erste Tierversuche verliefen erfolgreich, die Technologie ist patentiert – bald könnten klinische Tests folgen.
Von fühlenden Prothesen über selbstheilende Gele bis hin zu künstlichen Muskeln: Die Schweiz steht an vorderster Front einer stillen medizinischen Revolution. Millionen Menschen weltweit könnten davon profitieren – nicht nur nach schweren Unfällen, sondern auch bei chronischen Krankheiten oder im hohen Alter.
Tage der Technik: Future Health
Medizintechnik steht im Mittelpunkt der Tage der Technik, die unter dem Motto «Future Health» am 25. September in Dübendorf und am 30. September in Lausanne stattfinden. Fachleute aus Forschung und Unternehmen zeigen in ihren Vorträgen auf, wie die Schweizer Medtech-Szene mit neuen Hightech-basierten Ansätzen massgeblich dazu beiträgt, Gesundheit und Lebensqualität der Menschen weiter zu verbessern. Die Teilnahme ist kostenlos. Es gibt noch einige freie Plätze Anmeldung unter www.tage-der-technik.ch