Die Europäische Zentralbank reagiert vehement auf die Corona-Krise. Um die Wirtschaft zu unterstützen, lanciert die EZB Anleihenkäufe für 750 Milliarden Euro.
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Die Zentrale der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main. Die EZB lanciert nun Anleihenkäufe im Wert für 750 Milliarden Euro. Foto: Arne Dedert/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die EZB schnürt ein weiteres Paket gegen die Corona-Krise.
  • Anleihenkäufe für 750 Milliarden Euro sollen der Wirtschaft helfen.
  • Die Politik ist zufrieden, die Börse bleibt verunsichert.

Neue Anleihenkäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Minderung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise erhalten Zuspruch: Politiker und Wirtschaftsforscher sind zufrieden damit. Die Massnahme beruhigt die Börsenstimmung in Europa aber nicht.

Notfallprogramm der EZB umfasst 750 Milliarden Euro

Das gigantische Notfallprogramm mit dem Namen PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) soll 750 Milliarden Euro für Staats- und Unternehmensanleihen umfassen. Es soll mindestens bis Jahresende laufen, wie die EZB in der Nacht zu Donnerstag mitteilte.

Die EZB will nach eigenen Angaben «alles Notwendige» tun, um den «ernsthaftem Risiken» der Corona-Krise entgegenzutreten. Das neue Anleihenkaufprogramm werde notfalls noch ausgeweitet. Es ergänzt die bisherige Kaufsumme von 20 Milliarden Euro monatlich sowie die kürzliche Aufstockung um 120 Milliarden bis Jahresende.

Demnach sollen alle Wirtschaftssektoren von besseren Finanzierungsbedingungen profitieren und damit den durch die Ausbreitung des Coronavirus ausgelösten Schock «absorbieren» können. Dies betreffe gleichermassen Familien, Firmen, Banken und Regierungen.

Die EZB als wichtiger Akteur in der Krise

Es «ähnelt eher einer Bazooka als alles, was sie bislang getan haben», sagte Analyst Neil Wilson vom Anlegerportal Markets.com und übernahm damit die Bezeichnung mehrerer EZB-Beobachter für das neue Paket.

Wie schon in der Finanzkrise sei die Zentralbank «der einzig ad hoc handlungsfähige Akteur auf europäischer Ebene». Das sagte Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Das Anleihenprogramm sei «richtig, denn die Corona-Krise darf nicht für sich genommen zu einer neuen Staatsschuldenkrise führen».

Marija Kolak, Präsidentin des Deutschen Volksbankenverbunds BVR, mahnte dagegen, die meisten mittelständischen Unternehmen und Freiberufler profitierten allenfalls indirekt. Für sie müsse die Bundesregierung schnell einen Rettungsschirm schaffen und direkt Geld zuschiessen.

Politik befürwortet Hilfspaket

Zustimmung kam aus der Politik. «Gut gemacht, EZB», lobte Italiens Regierungschef Giuseppe Conte im Onlinedienst Twitter. Sein Land ist in Europa am stärksten von der Coronavirus-Pandemie betroffen.

«Europa hat es getan. Stark, klangvoll, der Schwere der gesundheitlichen Notlage, mit der wir konfrontiert sind, und des dadurch ausgelösten wirtschaftlichen Schocks angemessen.»

Die neue EZB-Chefin Christine Lagarde war noch vergangene Woche kritisiert worden. Sie sagte zuvor, Aufgabe der EZB sei es nicht, sogenannte Spreads zu reduzieren. Dabei handelt es sich um den Abstand zwischen den Zinsen auf deutsche und italienische Staatsanleihen.

Nun schrieb sie selbst bei Twitter: «Aussergewöhnliche Zeiten erfordern aussergewöhnliche Massnahmen.» Es gebe «keine Limits bei unserem Einsatz für den Euro».

Börsen bleiben verunsichert

Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron begrüsste die «aussergewöhnlichen» EZB-Massnahmen. Nun sei es an den Ländern der Eurozone, grössere «finanzielle Solidarität» an den Tag zu legen. Man müsse bereit zu Eingriffen in die Staatshaushalte sein.

«Die Geldpolitik der EZB muss die mangelnde Fiskalpolitik der Regierungen ausgleichen», erklärte Sven Giegold, Sprecher der Grünen im Europaparlament. Wer nun Lagarde wie einst Draghi in der Finanzkrise wegen seines Eingreifens kritisiere, «versteht den Ernst der Lage nicht».

Bei aller Zustimmung konnte die EZB mit den 750 Milliarden die grossen europäischen Börsen zumindest am Donnerstag nicht nachhaltig beruhigen. Trotz starker Gewinne vormittags war der Deutsche Aktienindex (Dax) in Frankfurt am Nachmittag im Minus. Der Verlust betrug rund 0,6 Prozent, der Dax lag bei 8385,98 Punkten.

Nach einem turbulenten Handelstag notierten die Leitindizes in London und Paris jeweils etwa ein halbes Prozent im Plus.

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