Schriftsteller Giuseppe Gracia teilt in einem Gastbeitrag seine Meinung zum revidierten Filmgesetz. Er begründet sein klares Nein zur «Lex Netflix».
Schriftsteller Giuseppe Gracia filmgesetz
Schriftsteller Giuseppe Gracia schreibt auf Nau.ch. - zvg
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Das Wichtigste in Kürze

  • Am 15. Mai wird über das Filmgesetz abgestimmt.
  • In einem Gastbeitrag bezieht Schriftsteller Giuseppe Gracia eine Nein-Stellung.
  • Im Gesetz gehe um die Angst, dass in Wahrheit niemand Schweizer Filme schauen wolle.

Am 15. Mai stimmen wir über das Filmgesetz ab. Damit sollen Streaming-Plattformen wie Netflix oder Amazon prime reguliert werden. Sie sollen gezwungen werden, Geld an Schweizer Filmproduktionen abzugeben. Dahinter steht die Angst, dass Schweizer Filme auf einem freien Markt mit freien Publikumsentscheiden keine Chance, dass man sie also durch Zwangsabgaben künstlich am Leben erhalten muss.

Wohlgemerkt: es geht nicht um den Schutz des Schweizer Journalismus vor zweifelhaftem Gratiscontent aus dem Internet, oder um einen landesweiten Service Public, den wir uns leisten, auch wenn er rote Zahlen schreibt.

Nein, es geht um Unterhaltungsprodukte. In diesem Bereich begeistert allein Netflix weltweit rund 220 Millionen Zuschauer. Auch in der Schweiz sind es Millionen, die trotz Belastung durch die SRF-Zwangsgebühr jeden Monat zusätzlich Geld ausgeben für ein Abo von Netflix, Amazon, Apple TV oder andere.

Filmgesetz
Mit dem neuen Filmgesetz will das Parlament und der Bundesrat die Schweizer Filmkultur stärken. - keystone

Das hat nichts damit zu tun, dass sich uns amerikanische Konzerne aufzwingen, dass wir in Wahrheit lieber Schweizer Produkte sehen würden, wenn das böse Ausland nicht wäre, das unsere wehrlose Unterhaltung verdrängt und uns zwingt, ausländische Produktionen zu schauen.

Amerikanische, englische oder skandinavische Serien und Filme sind einfach besser, spannender, kreativer als die heimische Kost. Sie verströmen nicht den biederen Lehrerzimmer-Geruch des pädagogisch Wertvollen, politisch Erwünschten, wie es viele unserer Produktionen tun.

Das Filmgesetz will nur die Produktion sicherstellen – nicht die Bedürfnisse der Zuschauer bedienen

Will man mit dem Filmgesetz nun an diesem Punkt ansetzen? Will man versuchen, die Schweizer Unterhaltung besser und gewagter zu machen, befreit von den linkspädagogisch-woken Gedankenfesseln jener Gremien, welche die Subventionstöpfe kontrollieren? Will man mehr Kreativität und Wagnis ins Geschäft bringen, um beim Publikum erfolgreicher zu sein? Leider nicht.

Das Filmgesetz soll in erster Linie einfach sicherstellen, dass weiterhin genug produziert werden kann. Es geht nicht um die Vorlieben der Zuschauerinnen und Zuschauer, sondern um einen staatlichen Artenschutz für einheimische Produzenten – durch Gesetzeshürden für die ausländische Konkurrenz.

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Dass man jedoch glaubt, so ein Gesetz nötig zu haben, bedeutet nicht nur, dass man dem eigenen kreativen Potenzial keinen Erfolg zutraut. Es bedeutet auch: so wie das klassische Erziehungsfernsehen à la DDR nur unter Ausschluss besserer Alternativen den Leuten aufgenötigt werden konnte, so hat auch in der Schweiz ein politisch erwünschtes Film -und Fernsehschaffen offensichtlich nur dann eine Chance, überhaupt produziert zu werden, wenn man per Gesetz die Konkurrenz benachteiligt. Auf einem freien Markt mit freien Konsumenten funktioniert das nicht. Niemand fährt einen Trabi, wenn er Audi oder BMW fahren kann.

Wer also Angst hat vor Netflix und Co., der hat im Grunde Angst vor dem Publikum. Weil er nicht bieten kann, was die Konkurrenten bieten: Serien und Filme, die wirklich ihr Publikum erreichen. Statt ein Filmgesetz wäre mehr Glaube ans eigene Potenzial erforderlich. Mehr kreative Freiheit für Regisseure, Schauspieler und Autoren – ohne die Fesseln des politisch Erwünschten.

Zum Autor: Giuseppe Gracia (54) ist Schriftsteller und Kommunikationsberater. Sein neues Buch «Die Utopia Methode» (Fontis Verlag, 2022) beleuchtet die Gefahren utopischer Politik

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