Kipppunkte der Erde rücken laut Forschern bedrohlich näher
160 Klimaforscher aus 23 Ländern haben vor unumkehrbaren Kipppunkten durch globale Erwärmung gewarnt. Weltweit sind deshalb sofortige Massnahmen nötig.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Kipppunkte der Erde kommen laut Forschern gefährlich nah.
- Davor haben 160 Klimaforscher aus 23 Ländern gewarnt.
- Es sind demnach sofortige Massnahmen in aller Welt notwendig.
Mit seiner starken Erwärmung nähert sich unser Planet rasant katastrophalen und unumkehrbaren Kipppunkten. So lautet die Warnung von 160 Klimaforschern aus 23 Ländern.
Tim Lenton von der Universität Exeter betont: «Wir steuern rapide auf mehrere Kipppunkte des Erdsystems zu. Diese könnten unsere Welt verändern und hätten zerstörerische Folgen für Menschen und Natur.»
Lenton hat mit einem internationalen Team den «Global Tipping Points Report» veröffentlicht. Es seien beispiellose und sofortige Massnahmen von politischen Entscheidungsträgern in aller Welt notwendig.
Ein Kipppunkt in der Klimaforschung ist ein kritischer Schwellenwert. Bei dessen Überschreiten kippt ein Teil des Erdsystems vergleichsweise plötzlich und oft unumkehrbar in einen neuen Zustand: mit potenziell furchtbaren Folgen für die Menschheit.
Forscher sehen es als essenziell an, Kipppunkte zu vermeiden. Dies, um schwerwiegende, nicht mehr rückgängig zu machende Auswirkungen des Klimawandels zu verhindern.
Grosses Korallensterben: Ein erreichter Wendepunkt
Ein Kipppunkt ist dem Bericht zufolge mit dem grossen Korallensterben bereits erreicht. Die Temperaturschwelle für diesen Kipppunkt liege bei schätzungsweise 1,2 Grad. Sie sei bei der derzeitigen Erderwärmung von etwa 1,4 Grad schon überschritten.
Es sei mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 99 Prozent davon auszugehen, dass Warmwasser-Korallenriffe verloren seien. Selbst in dem unwahrscheinlichen Fall, dass sich die Erderwärmung noch bei 1,5 Grad stabilisieren lasse.
Amazonas-Regenwald durch Dürren und Abholzung gefährdet
Der Amazonas-Regenwald ist durch eine Kombination aus klimabedingten Dürren und Abholzung ebenfalls gefährdet. In Kürze findet an dessen Rand die Weltklimakonferenz statt.

Die Schwelle, ab der ein weitreichendes Absterben droht, sei niedriger als bislang angenommen, hiess es. Das untere Ende der angenommenen Spanne, an der das System kippen könnte, liege bei den fast erreichten 1,5 Grad.
Atlantische Umwälzströmung bedroht
Die Atlantische Umwälzströmung könnte womöglich ebenfalls schon bei einer Erderwärmung von unter zwei Grad kollabieren, nehmen die Forscher an. Dies würde in Nordwesteuropa zu deutlich harscheren Wintern führen.
Unter anderem würde es die Bedingungen für die Landwirtschaft in grossen Teilen durcheinander wirbeln: mit drastischen Folgen für die weltweite Ernährungssicherheit. Prognosen zur Entwicklung des Strömungssystems gelten allerdings noch als sehr unsicher.
Seit ihrer letzten Bestandsaufnahme vor zwei Jahren sehen die Forschenden auch Fortschritte beim Wandel. «Es gab eine radikale weltweite Beschleunigung, darunter die Verbreitung von Solarenergie und Elektroautos. Aber wir müssen mehr tun und uns schneller bewegen, um positive Kipppunkte zu erreichen», sagte Lenton.
Bestenfalls ergäben sich Kettenreaktionen – etwa zwischen den Bereich Energie, Verkehr und Heizen. «Wir müssen viel mehr positive Kipppunkte identifizieren und auslösen», so das Team.