Ein Forscherteam aus Greifswald nennt einen vom Körper entwickelter Abwehrstoff, welcher Blutplättchen aktiviert, als mögliche Ursache für die Hirnthrombosen.
Astrazeneca-Impfstoff coronavirus
Fläschchen mit Astrazeneca-Impfstoff. (Archivbild) - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Corona-Impfung mit Astrazeneca führte bereits zu mehreren Fällen von Hirnthrombosen.
  • Forscher aus Greifswald haben nun eine mögliche Ursache dafür gefunden.
  • Ein vom Körper entwickelter Abwehrstoff soll für die Blutgerinnseln verantwortlich sein.

Greifswalder Forscher haben einen Mechanismus hinter der Entstehung von Blutgerinnseln im Gehirn nach Corona-Impfungen entschlüsselt.

Ein Expertenteam um Andreas Greinacher fand heraus, dass ein vom Körper entwickelter Abwehrstoff Blutplättchen aktiviert, die ihrerseits eine Thrombose auslösen. Dies berichtete die Universitätsmedizin Greifswald am Freitag. Die Blutplättchen verhalten sich dann vereinfacht gesagt wie bei einer Wundheilung, sie verklumpen und lösen Gerinnsel im Gehirn aus.

Verlauf ist vergleichbar mit Heparin

Vergleichbar ist das nach Angaben der Forscher mit einer bereits bekannten Komplikation bei der Gabe von Heparin. Und zwar der heparininduzierten Thrombozytopenie (HIT). Der Wirkstoff Heparin verhindert, dass das Blut im Körper gerinnt. Der Körper bildet selbst Heparin, es kann aber auch bei einer Therapie künstlich zugeführt werden.

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Eine Ampulle mit dem Corona-Impfstoff des schwedisch-britischen Pharmakonzerns Astrazeneca. Foto: Christophe Ena/AP/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Labor der Greifswalder Forscher konnte diesen HIT-Mechanismus bei vier Patienten mit einer Hirnvenenthrombose nach einer Astrazeneca-Impfung nachweisen. Wie bei der klassischen heparininduzierten Thrombozytopenie treten diese Antikörper demnach vier bis 16 Tage nach der Impfung auf. Die Forscher schliessen aber nicht grundsätzlich aus, dass es auch andere Ursachen geben könnte.

Nicht alle Nebenwirkung sind gefährlich

Grippeähnliche Symptome wie Gelenk-, Muskel- und Kopfschmerzen, die bis zu zwei Tage nach der Impfung anhalten, sind eine häufige Nebenwirkung. Sie sind kein Anlass zur Besorgnis, schreibt die Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung (GTH) in einer aktuellen Stellungnahme.

Nebenwirkungen wie Schwindel, Kopfschmerzen oder Sehstörungen sollten indes ärztlich abgeklärt und das Blutbild untersucht werden. Dies, sobald sie länger als drei Tage nach der Impfung oder dann neu aufträten.

Astrazeneca coronavirus
Der Astrazeneca-Impfstoff gegen das Coronavirus. (Archivbild) - AFP

Die Greifswalder Forscher entwickelten ein Testverfahren, um die auslösende Ursache von Hirnvenenthrombosen nachzuweisen. Dabei werden Betroffene erkannt, allerdings keine Risikopatienten. Patienten könnten zudem durch die Gabe von hochdosierten intravenösen Immunglobulinen (IVIG) behandelt werden. Die Ergebnisse sind noch nicht wissenschaftlich geprüft.

Impfung gegen Coronavirus: Nutzen grösser als Risiken

In Deutschland und in anderen Ländern hatten mehrere Fälle von Blutgerinnseln im Gehirn, sogenannte Sinusvenenthrombosen, zur Aussetzung der Astrazeneca-Impfungen geführt. In Deutschland wurden demnach bisher 13 Fälle gemeldet. Es handelt sich um zwölf Frauen und einen Mann im Alter von 20 bis 63 Jahren auf. Bei den Patienten lag neben der Thrombose ein deutlicher Mangel an Blutplättchen vor.

Die Europäischen Arzneimittelbehörde hatte am Donnerstag erklärt, der Nutzen des Astrazeneca-Impfstoffs beim Schutz vor einer Covid-19-Erkrankung überwiege «mögliche Risiken». Einen Zusammenhang zwischen Impfungen und seltenen, aber gefährlichen Blutgerinnseln im Gehirn konnte die Behörde aber «nicht endgültig» ausschliessen. In Deutschland wird jetzt Astrazeneca weiter verimpft.

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