Im von der Pandemie stark betroffenen brasilianischen Manaus ist ebenfalls eine neue Mutation des Coronavirus aufgetaucht. Diese beunruhigt Experten stark.
Coronavirus - Brasilien
Ein mit dem Coronavirus infizierter Patient wird in Manaus in ein Flugzeug verladen. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • In Manaus (BRA) ist eine neue Mutation des Coronavirus aufgetaucht.
  • Gemäss einer Studie hatten sich zuvor drei Viertel der Bevölkerung mit Corona infiziert.
  • Es besteht die Sorge, dass sich Genesene oder Geimpfte mit der Variante anstecken könnten.

Seit dem gestrigen Montag befindet sich die Schweiz im zweiten Lockdown. Der Bundesrat begründet dies in erster Linie mit den viel ansteckenderen Mutationen des Coronavirus aus Grossbritannien und Südafrika. Mit den verschärften Massnahmen soll deren Ausbreitung hierzulande erschwert werden.

Doch nun ist in Brasilien eine weitere Variante des Coronavirus entdeckt worden, die Experten grosse Sorgen bereitet. Die P1 genannte Variante tauchte erstmals in der Hauptstadt des brasilianischen Bundesstaates Amazonas, Manaus, auf. Das Gebiet gilt als eine der weltweit vom Coronavirus am härtesten getroffenen Regionen.

Coronavirus - Brasilien
Familienmitglieder von Patienten, die mit dem Coronavirus ins Krankenhaus eingeliefert wurden, stehen am 15.01.21 mit leeren Sauerstoffflaschen vor der Firma Nitron da Amazonia in Manaus an, um sie wieder aufzufüllen. - dpa

Gemäss Schätzungen von Forschern sollen sich dort im vergangenen Jahr drei Viertel der Bevölkerung infiziert haben. Das bedeutet, dass eigentlich eine gewisse Corona-Immunität in der dortigen Bevölkerung bestehen müsste. Doch die Infektionszahlen steigen in Manaus wieder stark an, das lokale Gesundheitswesen steht kurz vor dem Kollaps. Im Dezember hätten Forscher 31 Corona-Fälle untersucht, bei 13 habe es sich um die P1-Variante gehandelt.

Handelt es sich bei brasilianischer Variante um eine Fluchtmutation?

«Die britische, südafrikanische und brasilianische Corona-Varianten sind unabhängig voneinander entstanden», sagt Tanja Stadler, Bio-Statistikerin der ETH Zürich, in «SRF Puls». Sie hätten aber alle eine Mutation an der sogenannten «Stelle 501». Das vereinfache es dem Coronavirus, an die menschlichen Zellen anzudocken.

Coronavirus brasilianische Variante
Tanja Stadler, Bio-Statistikerin an der ETH Zürich, hat sich seit Beginn der Pandemie mit den verschiedenen Mutationen befasst. - Screenshot SRF Puls

Bei der britischen Variante sehe man nicht, dass «Impfungen oder unser Immunsystem damit schlechter zu Rande kommen». Die brasilianische Variante sei aber in einem Gebiet entstanden, indem zuvor bereits sehr viele Personen infiziert waren. «Eventuell hat sie unser Immunsystem ein bisschen ausgetrickst sozusagen und wir können nicht mehr so gut darauf antworten.» Genau das mache Stadler grosse Sorgen.

Forscher schliessen deshalb die Möglichkeit nicht aus, dass die brasilianische Variante auch bereits Genesene treffen kann. «Gerade in Manaus drängt sich die Hypothese auf, dass es sich um Fluchtmutationen handelt.» Das sagt Richard Neher vom Biozentrum der Universität Basel der «Zeit». Fluchtmutationen dienen der Umgehung einer Immunantwort.

Coronavirus «kann wieder mutieren und der Impfung entfliehen»

Gemäss Neher sei es jetzt wichtig, zu untersuchen, wie viele Menschen sich dort erneut mit dem Virus ansteckten. Ob die brasilianische Variante auch von den bislang zugelassenen Impfstoffen neutralisiert wird, ist zudem noch nicht ausreichend erforscht.

Coronavirus - Brasilien
Zwei Frauen erhalten bei einem Impftermin vor der Christus-Statue in Rio de Janeiro eine Covid-19-Impfung. - dpa

Stadler warnt aber in «SRF Puls»: «Wenn wir sehr hohe Fallzahlen haben, haben wir das Virus sehr stark um uns rum. Dann kann es wieder mutieren und dieser Impfung entfliehen. Das heisst, es wäre ein Ziel, jetzt wenig Viren im Umlauf zu haben.»

Kontakte so gut wie möglich meiden

Deswegen gelte es auch in der Schweiz, die menschlichen Kontakte weiterhin so gut wie möglich zu vermeiden. «Und wenn man trotzdem Kontakte hat, dann sollte man die Empfehlungen, wie wir uns schützen, noch konsequenter umzusetzen.»

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Viele Badegäste liegen dicht an dicht am Strand von Leme in Rio de Janeiro am 15. Januar 2021.
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Strandbesucher drängen sich am 17. Januar 2021 am Ipanema Beach in Rio de Janeiro.
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Strandbesucher drängen sich am 17. Januar am Ipanema und Arpoador Beach.
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Der volle Ipanema Beach in Rio de Janeiro am 17. Januar 20121.
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Strandbesucher drängen sich am 17. Januar am Copacabana Beach.

Auch deswegen sind die aktuellen Bilder aus Brasilien mit überfüllten Stränden besorgniserregend. Viele Strandbesucher tragen dabei auch keine Masken. Die Menschen hätten die Pandemie inzwischen «völlig banalisiert». So zitierte das Nachrichtenportal «G1» die Wissenschaftlerin Chrystina Barros von der Bundesuniversität Rio de Janeiro angesichts der Bilder.

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