Die schottische Regierungspartei SNP erhöht den Druck auf London für ein Unabhängigkeitsreferendum. Die britische Regierung wehrt sich allerdings dagegen.
Parlamentswahlen in Schottland
Nicola Sturgeon, Erste Ministerin von Schottland und Vorsitzende der Schottischen Nationalpartei (SNP), freut sich über ihren Sieg in ihrem Wahlkreis Glasgow South. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • In Schottland steht eine Mehrheit der Unabhängigkeitsbefürworter im Parlament kurz bevor.
  • Regierungschefin Nicola Sturgeon verspricht die Förderung einer Volksabstimmung.
  • Die britische Regierung wehrt sich aktuell gegen ein Unabhängigkeitsreferendum.

Mit einem Parlamentswahl-Sieg in Schottland vor Augen erhöht die Regierungspartei SNP den Druck auf London für ein Unabhängigkeitsreferendum. Regierungschefin Nicola Sturgeon kündigte an, eine Volksabstimmung voranzutreiben, falls es im Parlament dafür eine Mehrheit gibt. Ihre Schottische Nationalpartei (SNP) steuerte am Samstag auf einen klaren Wahlsieg zu.

Eine absolute Mehrheit galt als ungewiss. Gemeinsam mit den Grünen sollte es im Parlament jedoch zu einer Mehrheit der Unabhängigkeitsbefürworter reichen. Der britische Premierminister Boris Johnson lehnte ein neues Referendum abermals ab. Eine neue Volksbefragung sei «unverantwortlich und rücksichtlos», sagte Johnson der Zeitung «Daily Telegraph».

schottland
Ein Mann zählt die Wahlzettel in Glasgow. - Keystone

«Jetzt ist nicht die Zeit, verfassungsrechtliche Auseinandersetzungen zu führen und darüber zu sprechen, unser Land auseinanderzureissen. Denn es geht den Menschen doch vielmehr darum, unsere Wirtschaft zu heilen und gemeinsam voranzukommen.» Ohne Zustimmung aus London – so die Meinung der meisten Experten – wäre ein Referendum nicht rechtens. Doch das Ergebnis der Parlamentswahl könnte den Druck auf Johnson erhöhen, eine erneute Volksabstimmung zuzulassen.

Falls die SNP keine absolute Mehrheit erreiche, werde dies Johnson in die Hände spielen, sagten britische Medien voraus. Hingegen betonen SNP und parteinahe Experten, dass nicht das SNP-Ergebnis allein entscheidend sei. «Boris Johnson ist nicht irgendeine Art Lehensherr von Schottland», sagte Vize-Regierungschef John Swinney.

SNP ist auf Kurs

Das endgültige Ergebnis in dem britischen Landesteil wurde für den späten Samstagnachmittag erwartet. Wegen der Corona-Pandemie hatte die Auszählung der Abstimmung vom Donnerstag erst am Freitag begonnen und war über Nacht unterbrochen worden. Die SNP lag dabei auf Kurs: Im Vergleich zur Abstimmung 2016 gewann sie bereits drei zusätzliche Wahlkreise.

Boris Johnson
Johnson will mit dem Abkommen die illegale Migration über den Ärmelkanal deutlich eindämmen. - Keystone

Dominierendes Wahlkampfthema war die Unabhängigkeit. Curtice beobachtete taktische Abstimmungen in mehreren Wahlkreisen: Dort hätten Anhänger einer Union mit Grossbritannien oft für den Vertreter der Unabhängigkeitsgegner mit der grössten Siegeschance gewählt. Die Wahlbeteiligung war mit 63,7 Prozent so hoch wie nie zuvor.

Argumente der britischen Regierung

Möglicherweise entscheidet schliesslich der Oberste Gerichtshof über ein Referendum. Sturgeon bekräftigte im Sender Channel 4, sie werde ein Gesetz für eine neue Volksabstimmung einbringen. «Wenn Boris Johnson das stoppen will, muss er vor Gericht gehen.» Die SNP peilt ein Referendum bis Ende 2023 an.

Die britische Regierung betont, die Unabhängigkeitsfrage sei 2014 geklärt worden. «Es wäre unverantwortlich, eine weitere Debatte über die Verfassung zu führen. Besonders nicht, wenn wir uns auf die wirtschaftliche Erholung konzentrieren sollten.» Das sagte Kabinettsmitglied George Eustice dem Sender Times Radio.

Die SNP beharrt hingegen darauf, dass sich die Ausgangslage durch den Brexit verändert habe. Die Schotten hatten einen EU-Austritt mehrheitlich abgelehnt, wurden aber überstimmt.

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