Vier Menschen in Deutschland mit neuartigem Coronavirus aus China infiziert
Das neuartige Coronavirus aus China hat Deutschland erreicht: Nach dem ersten hierzulande infizierten Mann meldete das bayerische Gesundheitsministerium am Dienstagabend drei weitere Fälle.

Das Wichtigste in Kürze
- Bayern meldet nach erstem Infizierten drei weitere Fälle.
Bei allen vier Betroffenen handelt es sich um Mitarbeiter eines in Starnberg angesiedelten Automobilzulieferers. Die EU plant, europäische Staatsbürger noch diese Woche aus der betroffenen Region um die Stadt Wuhan in China auszufliegen. In China stieg die Zahl der Infizierten derweil auf mehr als 4500, mehr als hundert Patienten starben bereits.
Bei dem ersten in Deutschland erkrankten Mann handelt es sich um einen 33-Jährigen, der sich den Behörden zufolge am 21. Januar während einer Schulung bei einer Kollegin aus China im bayerischen Landkreis Starnberg infizierte. Dem Patienten gehe es «sehr gut», teilte ein behandelnder Arzt mit. Bei dem Patienten handelte es sich um die erste bekannte Mensch-zu-Mensch-Übertragung des Virus 2019-nCoV ausserhalb Asiens.
Die chinesische Kollegin zeigte den deutschen Behörden zufolge während ihres Aufenthalts in Deutschland keinerlei Krankheitssymptome. Erst kurz nach ihrer Heimkehr sei 2019-nCoV diagnostiziert worden. Die Frau stammt demnach aus Shanghai, sie habe kurz vor ihrer Deutschlandreise aber Besuch von ihren aus Wuhan stammenden Eltern gehabt.
Die Stadt Wuhan in Zentralchina gilt als Ausgangsort der Epidemie, die inzwischen viele Teile Chinas erfasst hat. In China stieg die Zahl der Todesopfer am Dienstag auf 106. Laut Behörden gibt es mehr als 4500 bestätigte Infektionen, 7000 weitere Verdachtsfälle werden geprüft. In 15 weiteren Ländern gibt es insgesamt rund 50 Infektionen.
Wie der erste deutsche Infizierte sollen auch die drei neuen Patienten nach Angaben des bayerischen Gesundheitsministeriums in einer Münchener Klinik aufgenommen, medizinisch überwacht und isoliert werden. Bei einigen weiteren Kontaktpersonen laufe bereits ein Test, ob auch bei ihnen eine Infizierung mit dem Coronavirus vorliege.
Ein weiterer Verdachtsfall in Berlin bestätigte sich nicht. Der Test sei negativ gewesen, teilte eine Senatssprecherin mit.
In einer ersten europäischen Rückholaktion sollen am Mittwoch 250 französische Staatsangehörige aus China ausgeflogen werden. Das erste Flugzeug der durch die EU kofinanzierten Mission werde am Morgen von Paris starten, erklärte die EU-Kommission. In den kommenden Tagen solle ein weiteres Flugzeug hundert EU-Bürger anderer Nationalitäten zurück nach Europa holen. Auch Südkorea erwägt Rückholaktionen.
Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) hatte am Montag gesagt, die Bundesregierung ziehe «eine mögliche Evakuierung aller ausreisewilligen Deutschen» in Betracht, zunächst müssten aber organisatorische Fragen geklärt werden.
Neben dem Fall in Bayern wurde am Dienstag eine zweite Mensch-zu-Mensch-Übertragung ausserhalb Chinas aus Japan bestätigt. Der erkrankte Mann war nach Behördenangaben zuvor nicht in China, sei aber mit Touristen aus Wuhan in Kontakt gewesen.
Die französischen Gesundheitsbehörden meldeten am Dienstag den vierten Fall. Ein älterer chinesischer Tourist schwebe in Lebensgefahr und werde in einem Pariser Krankenhaus behandelt.
US-Forscher arbeiten derweil an der Entwicklung eines Impfstoffs. Der Direktor des NIH-Instituts für Allergien und Infektionserkrankungen, Anthony Fauci, sagte, der Forschungsprozess werde voraussichtlich langwierig sein, «aber wir gehen vor, als müssten wir einen Impfstoff einsetzen».
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) beteuerte, Deutschland sei gut auf den Virus vorbereitet, die Gefahr sei hierzulande «weiterhin gering». Zugleich ordnete er verschärfte Informationspflichten im Flugverkehr an.
Das Auswärtige Amt in Berlin erliess eine Reisewarnung für die besonders stark betroffene chinesische Provinz Hubei, in der die Stadt Wuhan liegt, wo das Virus zuerst aufgetreten war. Für den Rest der Volksrepublik heisst die neue Empfehlung aus Berlin, nach Möglichkeit nicht unbedingt notwendige Reisen nach China zu verschieben.
Die chinesischen Behörden haben bislang unter anderem mehr als ein Dutzend Städte isoliert, fast 60 Millionen Menschen stehen unter Quarantäne. Als neue Schutzmassnahme wurden am Dienstag die derzeitigen Schul- und Semesterferien zum chinesischen Neujahr auf unbestimmte Zeit verlängert.