Wegen eines möglichen Thromboserisikos stoppen 18 Länder die Impfung gegen das Coronavirus mit Astrazeneca. Anders sieht es bei der Antibabypille aus.
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Mehrere Länder haben die Impfung gegen das Coronavirus mit dem Stoff von Astrazeneca unterbrochen. (Symbolbild) - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Viele Länder stoppen die Impfung mit Astrazeneca nach verdächtigen Thrombosefällen.
  • Es ist nicht geklärt, ob die Fällte tatsächlich auf das Vakzin zurückzuführen sind.
  • Anders bei der Pille: Hier ist ein erhöhtes Risiko bestätigt – beliebt bleibt sie dennoch.

Die Nervosität ist gross: Insgesamt 18 Länder haben inzwischen die Impfung mit dem schwedisch-britischen Impfstoff gegen das Coronavirus von Astrazeneca unterbrochen. Gestern Montag kamen mit Deutschland, Frankreich und Italien drei Schweizer Nachbarländer dazu. Grund sind einige Fälle von seltenen Thrombosen.

In Grossbritannien gab es drei Fälle bei über elf Millionen Impfungen. In Deutschland wurden bislang 1,6 Millionen Dosen des Stoffs verimpft. Seither gab es sieben Fälle von Thrombosen, die mit dem Vakzin im Zusammenhang stehen könnten, wie der «Spiegel» schreibt.

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Der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn bei einer Pressekonferenz gestern Montag zur Astrazeneca-Impfung gegen das Coronavirus. - Keystone

Das entspricht ungefähr vier Fällen pro einer Million Geimpfter. Der Zusammenhang mit der Impfung gegen das Coronavirus ist allerdings noch nicht bestätigt.

Antibabypille birgt viel grösseres Thromboserisiko

Anders sieht das Ganze bei einem altbekannten Medikament aus: Der Antibabypille. Dort ist das erhöhte Thrombose-Risiko nicht nur wissenschaftlich belegt, sondern auch deutlich höher.

Derzeit gehen Vergleiche auf Social Media um. Zahlreiche junge Frauen weisen auf das Risiko der Pille hin und empören sich darüber, dass es dort einfach akzeptiert wird. Unter anderem teilte Lifestyle-Bloggerin Morena Diaz kürzlich einen Beitrag, zu dem sie schrieb: «Aber die Pille mit erwiesenermassen gesteigertem Risiko eines Blutgerinnsels wird seit Jahren verschrieben, als wären es Smarties.»

Pille
Viele junge Frauen machen online darauf aufmerksam, dass die Pille erwiesenermassen ein hohes Thrombose-Risiko birgt.
Pille
«Bei der Pille habt ihr uns erzählt, dass das Thromboserisiko verkraftbar ist», schreibt eine Twitter-Userin.
Coronavirs
Auch die deutsche Autorin Sophie Passmann stört sich an der Astrazeneca-Panik.
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«Pille wird verschrieben wie Smarties»: Morena Diaz vergleicht den Astrazeneca-Impfstoff mit der Antibabypille.
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Am 15. März berichtete der «Spiegel» von vier Fällen pro einer Million Geimpfter. Ein Zusammenhang wurde bis heute nicht bestätigt.

Neun bis zwölf von 10'000 Frauen, die mit einer Pille der neuesten Generation verhüten, erleiden eine Thrombose. Von 10'000 gesunden Frauen, die die Pille nicht schlucken, trifft es nur etwa zwei. Das zeigen Zahlen der Europäischen Arzneimittelbehörde.

Jede vierte 15- bis 49-Jährige verhütet mit Antibaby-Pille

Trotz des erhöhten Risikos erfreut sich das Hormonpräparat grosser Beliebtheit: In der Schweiz verhütet jede vierte 15- bis 49-jährige Frau mit der Pille. Das geht aus einem Bericht des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums von 2017 hervor.

Antibabypille
In der Schweiz verhüten 25 Prozent der 15 - 49-jährigen Frauen mit der Antibabypille. - Keystone

In Deutschland sind es sogar noch mehr: Dort greifen 47 Prozent aller erwachsenen, sexuell aktiven Frauen auf die Pille zurück.

Intensivpfleger spricht von Panikmache bei Impfung gegen Coronavirus

Das Ungleichgewicht bei den Vorsichtsmassnahmen zu den beiden Mitteln stösst demnach einem Berliner Intensivpfleger sauer auf: Ricardo Lange macht seinem Ärger auf Instagram Luft.

«Wisst ihr was ich an der ganzen Sache pervers finde? Dass es heute zum guten Ton gehört, dass eine Frau die Pille nimmt.» Er kann nicht verstehen, weshalb die Gefahr der Pille derart verharmlost werde, dafür bei Astrazeneca Panikmache betrieben würde.

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Der deutsche Intensivpfleger Ricardo Lange stört sich am Ungleichgewicht bei den Vorsichtsmassnahmen vom Astrazeneca-Impfstoff und der Pille. - Instagram/@pfleger.ricardo

Er schreibt: «Bei der ‹Vergnügungspille› werden solche schwerwiegenden Nebenwirkungen wie die Thrombose ohne mit der Wimper zu zucken in Kauf genommen. Und bei einer Impfung, die Leben retten oder schwere Erkrankung verhindern kann, wird ein Riesen-Fass aufgemacht. Obwohl ein Zusammenhang noch nicht einmal erwiesen ist.»

Noch kein Nachweis für direkten Impf-Zusammenhang

Fakt ist: Bislang fehlt ein Nachweis für einen direkten Zusammenhang zwischen der Astrazeneca-Impfung und den Blutgerinnseln.

Die Europäische Arzneimittelbehörde liess verlauten, dass es «keinen Hinweis darauf gibt, dass die Impfung diese Zustände verursacht hat.» Die Behörde betonte kürzlich, dass die Anzahl der thromboembolischen Vorfälle bei geimpften Personen nicht höher sei als in der Allgemeinbevölkerung.

Nehmen Sie die Antibabypille?

In der Schweiz ist der Impfstoff gegen das Coronavirus noch nicht zur Anwendung gekommen. Er steht noch zur Zulassung durch Swissmedic aus.

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