CDU-Vize Linnemann findet: «Ein Land erstickt an sich selbst.» Zu Deutschlands Problemen zählt er die Zahl der Beamtinnen und Beamten. Nun attackiert der Chef des Beamtenbunds seinen Parteifreund.
Ulrich Silberbach greift den stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Carsten Linnemann verbal an.
Ulrich Silberbach greift den stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Carsten Linnemann verbal an. - Kay Nietfeld/dpa
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Zum Start des Gewerkschaftstags des Beamtenbunds dbb hat dessen Chef Ulrich Silberbach den stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Carsten Linnemann attackiert.

Linnemann hatte in einem Buch erklärt, dass sich Deutschland in einer Krise befinde. Unter anderem forderte Linnemann eine drastische Beschneidung des Beamtenapparats. Zum Start eines Konvents des Beamtenbunds, bei dem Silberbach am Montag in seinem Amt bestätigt werden will, warf der dbb-Vorsitzende dem CDU-Vize nun «Beamtenbashing zur Buchvermarktung» vor.

Besoldung von Beamten

«Die Linnemänner dieser Republik sollten besser die Verfassungsmässigkeit der Beamtenbesoldung wiederherstellen», sagte Silberbach der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Demnach sind die Dienstherrn verpflichtet, der Beamtin oder dem Beamten einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Der dbb hatte hier mehreren Ländern unzureichende Regeln vorgeworfen.

Silberbach sagte: «Wenn uns die Krisen der letzten Jahre eins gelehrt haben, dann, dass wir den öffentlichen Dienst stärken müssen, nicht demolieren.» Es gebe zwar tatsächlich grosse Probleme in Deutschland. Silberbach zählte dazu Fachkräftemangel, Überalterung und einen «Verfall der öffentlichen Infrastruktur». Doch er kritisierte: «Alles, was diesen «Reformern» einfällt, ist Lehrer-Entbeamtung und Stellenabbau.»

Silberbach, der selbst CDU-Mitglied ist, sagte: «Die CDU/CSU war lange Zeit Garant für einen starken öffentlichen Dienst.» Jetzt scheine es ihr darum zu gehen, den Berufsnachwuchs abzuschrecken.

Linnemann weist Vorwürfe zurück

Linnemann weist die Kritik zurück. Allein von 2012 bis 2021 seien die Personalausgaben des Bundes laut Steuerzahlerbund um 9 auf 36 Milliarden gestiegen, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

«Und es ist die Politik selbst, die mit schlechtem Beispiel vorangeht. Wir haben mittlerweile so viele Minister, Staatssekretäre und Regierungsbeauftragte wie nie zuvor. Die Beamtenapparate in den Ministerien werden immer weiter aufgebläht.» Linnemann plädierte dafür, in Deutschland künftig nur noch in sicherheitsrelevanten und hoheitlichen Bereichen zu verbeamten. «Sicherheitsbehörden, Justiz, Finanzverwaltung und Bundeswehr. Hier existiert fraglos ein besonderes Treueverhältnis zum Staat

Die Schweiz verfahre schon so, sagte Linnemann weiter. «Mir ist nicht bekannt, dass die Verwaltung und die öffentlichen Dienstleistungen in der Schweiz schlechter laufen als in Deutschland. Im Gegenteil.» Es gebe auch keinen vernünftigen Grund, warum Politiker Pensionen bekämen und nicht selbst für ihr Alter vorsorgten.

Er hätte sich gefreut, wenn Silberbach mit ihm das Gespräch gesucht und ihn gegebenenfalls zum Gewerkschaftstag eingeladen hätte, sagte der CDU-Politiker. «Dann hätte man es offen diskutieren können. Mir geht es nur um eins: Deutschland voran zu bringen.»

dbb-Gewerkschaftstag beginnt

Linnemann hatte in einem Buch und in Interviews Deutschland als ein Land dargestellt, das auf der Kippe steht. Über Jahrzehnte erarbeiteter Wohlstand drohe wegen Bürokratismus und der Schwächung von Eigeninitiative und Unternehmergeist verloren zu gehen. «Ein Land erstickt an sich selbst», ist ein Kapitel überschrieben.

Vor dem am Sonntag startenden dbb-Gewerkschaftstag in Berlin war eine Kampfkandidatur gegen Silberbach bekannt geworden. Der Vorsitzende des Verbands Deutscher Realschullehrer, Jürgen Böhm, kandidiert ebenfalls für den dbb-Vorsitz. Silberbach verwies darauf, dass Kampfkandidaturen in dem Verband Tradition hätten. «Drei der vier letzten dbb-Chefs gingen aus Kampfabstimmungen hervor.»

Silberbach steht seit 2017 an der Spitze des Verbandes dbb beamtenbund und tarifunion. Der 61-Jährige hatte in einer Kampfabstimmung damals 330 von 625 Stimmen bekommen. Der dbb ist ein Dachverband von Gewerkschaften vorwiegend des öffentlichen Dienstes und hat rund 1,3 Millionen Mitglieder. Er versammelt Tarifbeschäftigte und Beamtinnen und Beamten in seinen Reihen. Für Dienstag ist ein Auftritt von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf dem Gewerkschaftstag vorgesehen.

Gemeinsam mit der Gewerkschaft Verdi vertritt der dbb die Beschäftigten in den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst. Die kommende Tarifrunde beginnt am 24. Januar und betrifft rund 2,5 Millionen Beschäftigte von Bund und Kommunen. Für sie fordern die Gewerkschaften 10,5 Prozent mehr Einkommen.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

DienstleistungenGewerkschaftOlaf ScholzStaatCSUCDU