Bundestag

Infektionsschutzgesetz passiert Bundestag und Bundesrat

DPA
DPA

Deutschland,

Nach heftigen Debatten nimmt das sogenannte dritte Bevölkerungsschutzgesetz zur rechtlichen Neuregelung von Corona-Massnahmen die wichtigsten Hürden. Bundestag und Bundesrat stimmten am Mittwoch im Schnellverfahren dafür.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn verteidigt in der Debatte im Bundestag die Corona-Beschränkungen. Foto: Michael Kappeler/dpa
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn verteidigt in der Debatte im Bundestag die Corona-Beschränkungen. Foto: Michael Kappeler/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Bundestag und Bundesrat haben am Mittwoch den Weg für die von der grossen Koalition geplanten Änderungen im Infektionsschutzgesetz freigemacht.

Im Bundestag stimmten 415 Abgeordnete für die Reform, um die Corona-Massnahmen künftig auf eine genauere rechtliche Grundlage zu stellen.

236 stimmten dagegen, 8 enthielten sich bei der namentlichen Abstimmung. Anschliessend gab es in einer Sondersitzung des Bundesrates auch von der Mehrheit der Bundesländer die Zustimmung zum sogenannten dritten Bevölkerungsschutzgesetz. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier fertigte das Gesetz im Anschluss aus, es kann nun nach Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt Kraft treten.

Bei Protesten mehrerer Tausend Teilnehmer gegen die Gesetzesänderung und die staatliche Corona-Politik in der Nähe des Bundestages kam es am Mittwoch parallel zur Debatte im Parlament zu Auseinandersetzungen mit der Polizei und auch zum Einsatz von Wasserwerfern. Die Polizei sprach zudem von mehr als 100 Festnahmen.

UNION UND SPD VERTEIDIGEN GESETZ

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn verteidigte in der Debatte die Corona-Beschränkungen und warb um weiteres Vertrauen in das Krisenmanagement. Steigende Infektionszahlen führten früher oder später zu steigendem Leid auf den Intensivstationen und zu einem Kontrollverlust, sagte der CDU-Politiker. Auch im Bundesrat warb Spahn für das Gesetz. Die SPD-Gesundheitspolitikerin Bärbel Bas wies im Bundestag Befürchtungen zurück, dass mit der Reform des Infektionsschutzgesetzes Befugnisse für Bundes- und Landesregierungen ausgeweitet würden. «Genau das Gegenteil ist der Fall», sagte sie.

AFD SCHEITERT MIT VERSCHIEBUNG

Zum Auftakt der Debatte hatte die AfD zunächst versucht, das Thema wieder von der Tagesordnung zu nehmen, scheiterte damit aber am geschlossenen Widerstand der anderen Fraktionen. Der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Bernd Baumann, sagte: «Die heutige Gesetzesvorlage ist eine Ermächtigung der Regierung, wie es das seit geschichtlichen Zeiten nicht mehr gab». Abgeordnete der anderen Fraktionen wiesen die Vorwürfe zurück. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Carsten Schneider sagte, die AfD spiele mit dem Vergleich mit dem Ermächtigungsgesetz von 1933. «Sie diskreditieren nicht nur unsere Demokratie, sondern sie machen sie verächtlich», betonte er.

BEDENKEN DER OPPOSITION

Redner von FDP, Grünen und Linkspartei kritisierten die Reform des Infektionsschutzgesetzes dennoch. Die geplanten Neuregelungen gäben den Regierungen keine Leitplanken vor, sondern stellten ihnen «einen Freifahrtschein» aus, sagte FDP-Fraktionschef Christian Lindner. Es sei eine demokratische Grundsatzfrage, dass niemals Regierungen über solche massiven Eingriffe in Grund- und Freiheitsrechte entscheiden dürften, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Linken, Jan Korte.

GESETZ SOLL CORONA-MASSNAHMEN KONKRETISIEREN

Ziel des Gesetzes - offiziell «drittes Bevölkerungsschutzgesetz» - ist es unter anderem, bislang per Verordnung erlassene Corona-Massnahmen gesetzlich zu untermauern und konkret festzuschreiben. Im Infektionsschutzgesetz war bisher nur allgemein von «notwendigen Schutzmassnahmen» die Rede, die die «zuständige Behörde» treffen kann. Mit der Gesetzesnovelle wird ein neuer Paragraf eingefügt, der die möglichen Schutzmassnahmen von Landesregierungen und Behörden konkret auflistet, etwa Abstandsgebote, Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen oder Beschränkungen im Kultur- und Freizeitbereich - im wesentlichen Massnahmen, die bereits beim Lockdown im Frühjahr ergriffen wurden und teilweise auch jetzt beim Teil-Lockdown im November gelten.

Festgeschrieben im Gesetz wird auch die sogenannte 7-Tage-Inzidenz von 35 und 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern pro Woche, ab denen Schutzmassnahmen getroffen werden sollen. Vorgeschrieben wird zudem, dass Rechtsverordnungen mit Corona-Schutzmassnahmen zeitlich auf vier Wochen befristet werden. Verlängerungen sind aber möglich. Ausserdem müssen die Verordnungen mit einer allgemeinen Begründung versehen werden.

NEUE REGELN FÜR VERDIENSTAUSFALL

Das Gesetz sieht daneben auch neue Regeln bei Verdienstausfällen vor. So sollen Entschädigungsansprüche für Eltern bis März 2021 verlängert und erweitert werden, die wegen einer Kinder-Betreuung nicht arbeiten können. Wer eine «vermeidbare Reise» in ausländische Risikogebiete macht, soll dagegen für eine nach Rückkehr nötige Quarantäne keine Entschädigung für Verdienstausfall bekommen. Der Bund soll zudem regeln können, dass auch Nichtversicherte Anspruch auf Schutzimpfungen und Tests haben. Krankenhäuser, die Operationen aussetzen, sollen einen finanziellen Ausgleich bekommen.

Das Infektionsschutzgesetz war im Zuge der Corona-Pandemie schon mehrfach reformiert worden. Gleich zu Beginn im Frühjahr wurde eingeführt, dass der Bundestag eine epidemische Lage von nationaler Tragweite feststellen kann. Der Bundestag tat dies damals umgehend. Der Schritt ist laut Infektionsschutzgesetz Grundlage für Corona-Schutzmassnahmen und Sonderbefugnisse der Regierung, um im Kampf gegen die Pandemie Rechtsverordnungen zu erlassen, ohne dass der Bundesrat zustimmen muss. Das können etwa Reiseregeln oder Testvorgaben sein. Normalerweise ist bei Verordnungen ein Ja der Länderkammer notwendig. Am Mittwoch stellte der Bundestag auf Antrag von Union und SPD mehrheitlich fest, dass eine epidemische Lage von nationaler Tragweite fortbesteht.

Kommentare

Weiterlesen

Gen Z Mann
134 Interaktionen
Schaden statt Nutzen
Weisser Hai
254 Interaktionen
Weisser Hai in Adria

MEHR IN NEWS

texas
Viele Vermisste
hamas netanjahu
Truppen-Abzug
melbourne
In Melbourne
klitschko
Kiew unter Beschuss

MEHR BUNDESTAG

Regenbogenflagge
17 Interaktionen
Kritik
bundestag merz
36 Interaktionen
Bundestag
corona
10 Interaktionen
Bundestag
Siegesparade am 9. Mai
13 Interaktionen
80. Jahrestag

MEHR AUS DEUTSCHLAND

andreas ellermann
31 Interaktionen
«Geschwür»
2 Interaktionen
Hochzeit
condor
3 Interaktionen
Von Condor