US-Präsident Donald Trump möchte TikTok aus den Händen der chinesischen Besitzer lösen. Im Raum stehen Spionage-Vorwürfe – die sind berechtigt, aber einseitig.
Donald Trump Tiktok
Übeltäter oder Bauernopfer? Donald Trump will Tiktok vom chinesischen Einfluss befreien. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • US-Politiker erheben schwere Vorwürfe gegen Tiktok und fordern eine US-Übernahme.
  • Für die Spionage-Vorwürfe liegen keine Beweise vor, aber China betreibt auf Tiktok Zensur.
  • Tiktok dürfte dennoch ein Opfer des Konflikts zwischen den Grossmächten sein.

Donald Trump geht gegen Tiktok vor: Die US-Regierung will die Kurzvideo-Plattform aus der chinesischen Einflusssphäre lösen. Anlass dazu sind anhaltende Spionage-Vorwürfe gegen die App, die mittlerweile über 1,5 Milliarden Mal heruntergeladen wurde.

Bereits im vergangenen November berichtete die «New York Times», dass die US-Behörden Tiktok einer «Überprüfung der nationalen Sicherheit» unterziehen. Nun soll Tiktoks US-Geschäft von Microsoft übernommen werden, um die App dem chinesischen Einfluss zu entziehen.

Doch was steckt wirklich dahinter? Wird die beliebte App nur zum Spielball einer politischen Auseinandersetzung zwischen den Grossmächten oder sind die Spionage-Vorwürfe berechtigt?

China zensiert Tiktok-Videos

Eigentlich war Tiktok eine US-amerikanische Erfindung: Die App wurde ursprünglich unter dem Namen musical.ly lanciert. Der grosse Durchbruch gelang der App jedoch erst, nachdem sie vom chinesischen Software-Entwickler ByteDance aufgekauft und in Tiktok umbenannt wurde.

Tiktok ByteDance Spionage Übernahme
Der Hauptsitz von ByteDance in Peking. Das erst 2012 gegründete Unternehmen hat gemäss «BusinessInsider» bereits einen Marktwert von 100 Milliarden. - Keystone

Die chinesische Führung hat deutlich mehr Einfluss auf die Produkte einheimischer Unternehmen als westliche Regierungen. Auch Tiktok bleibt von der chinesischen Zensur nicht verschont. Die «New York Times» erklärt dies am Beispiel von Demonstrations-Videos aus Hongkong: Diese wurden zwar nicht gelöscht, aber von Moderatoren abgewertet, sodass die Videos keinen anderen Nutzern angezeigt werden.

Ähnlich verhält es sich mit anderen Tiktok-Videos, die sich mit Themen beschäftigen, welche die chinesische Regierung als heikel erachtet.

Spionage-Vorwürfe sind naheliegend, aber unbelegt

Während Zensur belegt werden konnte, bleiben die Spionage-Vorwürfe bisher unbestätigt. Doch nicht nur US-Politiker wie der Republikaner Marco Rubio erheben schwere Anschuldigungen: Der Chef der Internetplattform Reddit Steve Hoffman bezeichnete Tiktok an einer Social-Media-Konferenz als «Spyware».

Die Spionage-Vorwürfe bleiben äusserst schwer zu belegen. Dennoch sind sie berechtigt, aber einseitig, erklärt Martin Steiger, Sprecher der digitalen Gesellschaft: «Es wäre überraschend, wenn ausgerechnet Tiktok nicht überwacht würde.»

Martin Steiger Datenschutz
Martin Steiger, Sprecher der Digitalen Gesellschaft und Rechtsanwalt, an einer Medienkonferenz. (Archiv) - Keystone

Denn das Spionage-Problem ist keinesfalls nur ein chinesisches Problem: Steiger hält es für naheliegend, «dass die Daten der Nutzung von Tiktok, wie die Daten aller Social Media-Plattformen, durch zahlreiche Sicherheitsbehörden ausgewertet werden.»

Bei Tiktok würde sich im Falle einer Geschäfts-Verlegung in die USA wenig ändern, so Steiger: «Wir gehen davon aus, dass Tiktok weiterhin sowohl von chinesischen als auch amerikanischen Sicherheitsbehörden überwacht werden würde.»

Spielball im Kräfteringen der Grossmächte oder persönliches Opfer von Trump?

Vieles deutet darauf hin, dass Tiktok Opfer des schwelenden Konflikts zwischen China und den USA wird: «Wir gehen davon aus, dass Tiktok das Pech hat, als beliebte Social Media-Plattform in den Konflikt verwickelt zu werden.» Deswegen müssten die Vorwürfe nicht falsch sein, «aber sie haben offensichtlich in erster Linie einen politischen Hintergrund.»

Trump-rally
Viele Sitze in Tulsa, Oklahoma blieben leer. - Keystone

Bereits im Streit um den chinesischen Smartphone-Riesen Huawei verhielt es sich ähnlich: Überwachungsvorwürfe waren der vordergründige Anlass, Huawei den Zugang zu US-Technologie zu verwehren. Doch die protektionistische Wirtschaftspolitik Trumps dürfte mindestens einen ebenso grossen Einfluss gehabt haben: Huawei ist der mächtigste Konkurrent für US-amerikanische Smartphone-Anbieter wie Apple.

Zuletzt könnten auch persönliche Ressentiments des US-Präsidenten gegenüber der Video-Plattform eine Rolle spielen: Bei einem misslungenen Wahlkampfauftritt in Tulsa erschien nur ein Bruchteil der angekündigten Trump-Unterstützer. Die meisten Ticketreservationen kamen von Internet-Trolls aus der Tiktok-Community.

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