Ein Schauspieler tingelt mit seinem Stuntman durch Hollywood. Quentin Tarantinos «Once Upon a Time in Hollywood» ist ein filmisches Referenz-Süppchen.
Once Upon  Hollywoo
Leonardo DiCaprio (l) als Rick Dalton und Brad Pitt als Cliff Booth. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Quentin Tarantino lässt in «Once Upon a Time in Hollywood» die Vergangenheit aufleben.
  • Der Film reiht sich nahtlos ins bisherige Schaffen des Amerikaners ein.
  • Diesmal geht es allerdings deutlich gemächlicher zu und her.
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Im Jahre 1969 steckt das alte Hollywood im Umbruch. Der polnische Regisseur Roman Polanski (Rafal Zawierucha) hat ein Jahr zuvor mit «Rosemary's Baby» die Branche in Aufruhr versetzt. Seine schwangere Frau, die unbeschwerte Schauspielerin Sharon Tate (Margot Robbie), steht vor ihrem Durchbruch. Ganz anders ergeht es ihrem neuen Nachbarn und Berufskollegen Rick Dalton (Leonardo DiCaprio).

Der einstige Fernsehstar hält sich mit billigen Rollen über Wasser. Zusammen mit seinem Stunt-Double Cliff Booth (Brad Pitt) tändelt er durch die Traumfabrik. Dabei tritt auch der schlaksige Charles Manson (Damon Herriman) mitsamt seiner «Familie» voller Hippies in Erscheinung.

Fakt und Fiktion

Der neue Film von Quentin Tarantino stützt sich wie bereits «Inglourious Basterds» und «Django Unchained» auf reale Ereignisse. So werden die Tate-Morde vom 9. August 1969 thematisiert, welche einige Anhänger von Manson in dessen Auftrag begangen haben. Der Strippenzieher selbst verkommt zur Randnotiz.

Es geht Tarantino nicht darum, die Geschehnisse wahrheitsgetreu nachzustellen. «Once Upon a Time in Hollywood» mischt munter Fiktion und Fakten. Wie bei den «Basterds» verändert er die Geschichte auf seine Weise. Für ein besseres Verständnis sei dennoch empfohlen, sich über die wahren Begebenheiten rund um Tate zu informieren.

Margot Robbie
Margot Robbie schlendert als Sharon Tate durch die Stadt. - Sony Pictures

In erster Linie folgt der Zuschauer den fiktiven Figuren von Pitt und DiCaprio. Dabei hagelt es querbeet unzählige Referenzen an die damalige Film- und Fernsehgeschichte. Das fängt schon beim Namen an.

Tarantino verbeugt sich damit vor dem italienischen Regisseur Sergio Leone. Der Filmtitel referenziert dessen «Once Upon a Time in the West» und «Once Upon a Time in America».

Neben visuellen Anspielungen auf Leone reicht die Bandbreite von Bruce Lee oder Steve McQueen bis hin zum B-Kino. Tarantinos Leidenschaft fürs Medium, egal ob in berühmter oder abseitiger Form, ist spürbar. Doch nicht nur beim Zitieren bleibt sich der Amerikaner treu.

«Once Upon a Time in Hollywood» wirkt routinierter

Wie bei ihm üblich besteht die Besetzung aus illustren Namen. Neben Pitt und DiCaprio geben sich noch weitere mehrfache Kollaborateure Tarantinos die Klinke in die Hand. Zoë Bell, Kurt Russell, Michael Madsen und weitere Gesichter schauen in kurzen Gastspielen vorbei.

Dazu gesellt sich erstmals Al Pacino. Er darf als Schauspielagent wieder einmal seit längerer Zeit eine Rolle ohne Peinlichkeiten mimen. Die restliche Besetzung kann sich unter anderem mit Dakota Fanning, Damian Lewis sowie Timothy Olyphant sehen lassen.

Al Pacino
Al Pacino ist wieder solo im Leben unterwegs. - Sony Pictures

Tarantino setzt neben den renommierten Darstellern zudem auf viel Dialog und Musik. In «Once Upon a Time in Hollywood» entpuppt sich dies als zweischneidiges Schwert.

Natürlich gibt es weiterhin prägnante Szenen mit einem entsprechend exquisit ausgewählten Soundtrack. Allerdings wird einem dermassen viel im Autoradio um die Ohren gehauen, sodass manche Stücke ein wenig untergehen.

Die Gespräche besitzen nicht ganz den Pfeffer und Schalk, welchen man unter Umständen erwartet. Erzählerisch dümpelt der Film zeitweise vor sich hin. Langweilig wird es trotzdem nie.

Freude am Exzess

Einen wirklichen Spannungsbogen entwickelt «Once Upon a Time in Hollywood» erst im dritten Akt. Während einer fantastischen Horror-ähnlichen Sequenz wird ordentlich Dramatik aufgebaut. Die letzten 10 Minuten schwelgen danach im typischen Exzess.

So viel sei gesagt: Tarantino weicht auch in seinen späteren Lebensjahren nicht von seiner Freude an überzogener Gewalt ab.

Obwohl dem Werk bisweilen der inhaltliche Fokus fehlt, bietet die Zeitreise ins Jahr 1969 dennoch viel Vergnügen. Pitt überzeugt in seiner Rolle, beweist komödiantisches Talent und ergänzt sich hervorragend mit DiCaprio.

Mike Moh
Bruce Lee (Mike Moh) tritt ebenfalls in Erscheinung. - Sony Pictures

Letzterer verkörpert zwar mit Rick «fucking» Dalton wieder einmal eine abgewandelte Variante seiner selbst, macht aber eine gute Figur. Robbie als Tate bekommt ein paar schöne Momente spendiert, in denen der tragisch verstorbenen Schauspielerin Tribut gezollt wird.

Fazit

Tarantino entführt knapp 160 Minuten lang auf eine entspannte Reise durch die Unterhaltungsindustrie. «Once Upon a Time in Hollywood» besitzt ein paar Durchhänger, fällt aber gleichwohl reichlich humorvoll und kurzweilig aus. Dem Zuschauer wird prachtvolles Kino mit liebevoller Ausstattung geboten. Die zahlreichen Referenzen machen zwar Spass, führen jedoch ins Nichts.

Tarantino hat zweifellos bessere Filme gedreht. Man erkennt in «Once Upon a Time in Hollywood» trotzdem stets seine Handschrift. Sie ragt in der aktuellen Kino-Landschaft inmitten von unnötigen Neuauflagen und seelenlosen Fortsetzungen mehr denn je heraus. Allein dafür lohnt sich der Gang ins Lichtspielhaus.

★★★★☆

«Once Upon a Time in Hollywood» läuft ab dem 15. August 2019 in den Kinos der Deutschschweiz.
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