Lagotto Romagnolo: Ein Hund als Trüffelschwein
Der Lagotto Romagnolo ist eine flauschige Spürnase auf vier Pfoten und spezialisiert auf die Trüffelsuche. Doch der kleine Italiener hat noch mehr zu bieten.

Der Lagotto Romagnolo ist die einzige Hunderasse weltweit, die offiziell auf Trüffelsuche spezialisiert ist. Sein Weg dorthin war allerdings nicht geplant ...
Jahrhundertelang jagte er in den Sümpfen Norditaliens nach Wasservögeln, bevor die Natur seine Karriere radikal veränderte. Eine faszinierende Geschichte über Anpassungsfähigkeit und einen aussergewöhnlichen Geruchssinn.
Die Wurzeln in den italienischen Lagunen
Bereits seit dem 16. Jahrhundert lebte der Lagotto in den sumpfigen Gebieten um Comacchio und den Lagunen bei Ravenna. Die «Vallaroli», die Lagunenjäger, schickten ihn ins Wasser, um geschossene Blässhühner zu apportieren.
Sein eng gekräuseltes, öliges Fell schützte ihn dabei perfekt vor Kälte und Nässe. Selbst durch Eisschichten brach er hindurch, um die Beute zu holen.
Das Tier konnte Stunden im eiskalten Wasser verbringen, ohne zu frieren. Seine fächerartigen Pfoten und sein kompakter Körperbau machten ihn bei seiner Arbeit zum perfekten Schwimmer.
Als die Sümpfe verschwanden
Ende des 19. Jahrhunderts trockneten grosse Teile der Sumpfgebiete aus. Die Regierung legte die Feuchtgebiete trocken, um Ackerland zu gewinnen.
Die Wasservögel verschwanden, die Vallaroli verloren ihre Lebensgrundlage. Zwischen 1840 und 1890 vollzog sich der Wandel des Lagotto vom Wasserhund zum Trüffelsucher.

Seine herausragende Spürnase, die er bei der Entenjagd entwickelt hatte, erwies sich als perfekt für die Trüffelsuche. Sein ausgeprägter Arbeitswille und seine schnelle Auffassungsgabe waren willkommene Extra-Qualitäten.
Zwischen den beiden Weltkriegen begleiteten Lagotti fast alle Trüffelsucher der Romagna und der umliegenden Gebiete. Der Hund hatte seine neue Berufung gefunden!
Warum er der perfekte Trüffelhund ist
Der Lagotto kann Trüffel aufspüren, die 30 bis 40 Zentimeter tief unter der Erde liegen – sogar aus mehreren Metern Entfernung. Kein Mensch besitzt diese Fähigkeit.
Sein Geruchssinn funktioniert auch in dichtem Gewächs, zwischen Gräsern oder im stacheligen Gestrüpp perfekt. Das lockige Fell, das ihn einst vor Eiswasser schützte, erwies sich auch in der dornigen Vegetation der Berge als vorteilhaft.
Ein entscheidender Vorteil: Der Lagotto hat seinen Jagdtrieb praktisch vollständig verloren. Wild interessiert ihn nicht – er konzentriert sich ausschliesslich auf die kostbaren Pilze.
Diese züchterische Selektion macht ihn zum Spezialisten. Andere Hunde lassen sich schnell durch Wildspuren ablenken, der Lagotto bleibt fokussiert.
Die Rettung vor dem Aussterben
In den 1970er-Jahren stand die Rasse kurz vor der Ausrottung. Trüffelsucher hatten jahrzehntelang wild gekreuzt – mit Pointern, Pudeln, Settern und Bracken.
Der ursprüngliche Lagotto drohte zu verschwinden. Eine Gruppe engagierter Hundefreunde startete die genetische Rekonstruktion.

Sie suchten die letzten reinrassigen Lagotti in abgelegenen Tälern der Romagna und retteten die Rasse gerade noch rechtzeitig. Heute ist der Lagotto Romagnolo international anerkannt und beliebt.
Ein Charakterhund mit besonderen Ansprüchen
Der Lagotto ist verspielt, temperamentvoll und extrem verschmust. Seine Intelligenz und sein Scharfsinn verlangen jedoch nach mentaler Auslastung.
Schnüffelspiele, Suchaufgaben und Nasenarbeit sind ideal für ihn. Körperliche Bewegung allein reicht nicht aus – sein Kopf will arbeiten.
Trotz seiner guten Erziehbarkeit ist er kein Anfängerhund – er fordert konsequente, liebevolle Führung.
Als Familienhund bei erfahrenen Hundefreunden zeigt er sich friedlich, fröhlich und niemals aggressiv. Seine robuste Gesundheit und Arbeitsfreude machen ihn perfekt für Agility, Obedience oder die Ausbildung zum Such- und Rettungshund.










