Alte Fussballspiele noch einmal in voller Länge wiederholen: Re-Live ist ein Rezept von TV-Sendern, um die Löcher im Programm zu füllen. Aber wollen die Fans das wirklich?
Statt Bundesliga flimmerte am Osterwochenende Deutschlands WM-Triumph von 2014 über die Mattscheibe. Foto: Diego Azubel/epa/dpa
Statt Bundesliga flimmerte am Osterwochenende Deutschlands WM-Triumph von 2014 über die Mattscheibe. Foto: Diego Azubel/epa/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Leute schauen Fussball im Fernsehen, weil sie nicht wissen, wie es ausgeht.

Die Leute schauen Fussball im Fernsehen, weil sie nicht wissen, wie es ausgeht. Mit diesem leicht abgewandelten Sepp-Herberger-Zitat liesse sich das Massen-Publikum vor der Corona-Krise erklären.

Aber warum schauen 1,67 Millionen Menschen das fast sechs Jahre alte WM-Endspiel Deutschland gegen Argentinien an einem sonnigen Samstagnachmittag? Wie es ausgeht, dürfte – anders vielleicht als bei einem alten «Tatort» – den meisten Zuschauern vor dem Einschalten doch noch bewusst gewesen sein.

Die Zwangspause scheint für viele Fans hart zu sein. Sie ist es aber auch für die TV-Sender mit teuer eingekauften Sport-Angeboten. Von Medienunternehmen mit Sport als Kernprodukt oder einziger Ware ganz zu schweigen: Sky, DAZN, Eurosport und Sport1 trifft das besonders.

Während RTL für die ausgefallenen Fussball-Länderspiele und Formel-1-Rennen Unterhaltung ins Programm holte, setzt die ARD in der Bundesliga-Zwangspause samstags auf eine verkürzte «Sportschau» mit anschliessenden Fussball-Wiederholungen. «Wir wollen die Aktualität mit kürzeren Strecken abbilden», sagte ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky: «Gleichzeitig wollen wir auch schauen, ob die Fans Lust auf Klassiker haben.» Die «Süddeutsche Zeitung» schreibt dazu: «Irgendwann mag man die alten Spiele nicht mehr sehen. Im Augenblick ist es okay so.»

Die Zahlen: 1,83 Millionen beim EM-Viertelfinale zwischen Deutschland und Italien von 2016, 1,23 Millionen beim DFB-Pokal-Finale 2014 mit BVB gegen Bayern und nun 1,67 Millionen beim WM-Finale 2014. Die Marktanteile, für TV-Macher besonders wichtig, liegen allerdings im einstelligen Bereich und klar unter dem Sender-Durchschnitt.

Re-Live, wie es im Fachjargon heisst, gibt es auch im Internet bei «sportschau.de» etwa mit WM-Partien von 1974. «Bis zu 400.000 Zuschauer, das funktioniert gut», kommentierte Balkausky.

Die verkürzte «Sportschau» im Fernsehen kam am Karsamstag auf 1,09 Millionen Zuschauer. Der Klassiker der Sportsendungen hat sonst mehr als viermal so viele Zuschauer. Das «Aktuelle Sportstudio» des ZDF kam in der Vorwoche auf beachtliche 1,60 Millionen Zuschauer und verzeichnete immerhin noch knapp drei Viertel des üblichen Zuspruchs.

«Die Zahlen sind angesichts der fehlenden Bundesliga-Berichte okay», kommentierte ZDF-Sportchef Thomas Fuhrmann: «Man merkt aber, wie sehr der Sport eigentlich fehlt.» Am Samstag verzichtete das Zweite auf das «Sportstudio» und zeigte stattdessen eine Papst-Dokumentation.

Schlimmer trifft es die Sender ohne echte Alternativen wie Eurosport und Sport1. Es gehe ihm «ehrlich gesagt, mehr schlecht als recht, das kann man nicht anders sagen», gab Sport1-Chefredakteur Pit Gottschalk beim Branchendienst «turi2» zu. Zum Programm ohne Live-Angebot sagte er: «Es ist wie eine Art Drogen-Ersatz. Man kommt über die Runden, aber die Live-Droge ist natürlich noch viel besser.»

Wie der Sport-Streamingdienst DAZN leidet auch Sky besonders stark unter der Sport-Pause. Mit Re-Live und der «hisTOOORischen Konferenz» versucht der Pay-TV-Sender, seine Kunden bei Laune zu halten. Der Erfolg der zusammengebastelten Schalte mit Ausschnitten aus alten Spielen und neuen Kommentaren hält sich jedoch in Grenzen und lockte bei der Premiere gerade einmal 40.000 Zuschauer.

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