Verhärtete Fronten bei EU-Gipfel zu Billionen-Euro-Haushalt
Beim EU-Gipfel zum nächsten Sieben-Jahres-Haushalt der Union sind die Fronten verhärtet.

Das Wichtigste in Kürze
- Michel lässt Kompromiss durchrechnen - Kritik an Sparforderung reicherer Länder.
Die Zusammenkunft in grosser Runde der Staats- und Regierungschefs wurde am Freitag bis auf weiteres verschoben. Wie die Nachrichtenagentur AFP erfuhrt, liess EU-Ratspräsident Charles Michel nach einer weiteren Runde von Sondierungsgesprächen Zahlen für einen Kompromissvorschlag durchrechnen.
Michels bisheriger Plan für das Budget der Jahre 2021 bis 2027 sieht ein Volumen von knapp 1095 Milliarden Euro vor. Dies sind 1,074 Prozent der EU-Wirtschaftsleistung. Bei mehreren Mitgliedstaaten war der Vorschlag auf Kritik gestossen. Frankreich und Spanien etwa bemängelten deutliche Kürzungen bei den Agrarhilfen.
Besonders hart zeigt sich eine Gruppe aus den vier Nettozahlerländern, die mehr in das EU-Budget einzahlen als sie zurückbekommen. Dänemark, Niederlande, Österreich und Schweden halten das Gesamtvolumen für zu hoch und verlangen eine Begrenzung auf 1,0 Prozent der Wirtschaftsleistung. Zudem will die Gruppe der «sparsamen Vier» Rabatte auf ihre Mitgliedsbeiträge.
Auch Deutschland als grösster Nettozahler verlangt weiter einen Rabatt. Durch die bestehenden Nachlässe sparte es im vergangenen Jahr rund drei Milliarden Euro.
Die Regierungschefs mehrerer Mitgliedstaaten äusserten teils scharfe Kritik an den Forderungen der sparsamen Länder. Wenn jeder nur den Taschenrechner zücke, «dann haben wir ein Problem», sagte Luxemburgs Regierungschef Xavier Bettel. Er habe «keinen Bock jetzt hier rechnen zu müssen, was wir bezahlen, was wir zurückbekommen».
Sie sei bereit, das gesamte Wochenende zu bleiben, «aber ich glaube nicht, dass wir eine Einigung finden werden», sagte die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen. Ihre finnische Amtskollegin Sanna Marin forderte alle EU-Länder auf, «flexibel zu sein». Denn das Budget könne nur einstimmig verabschiedet werden. «Es kann nicht sein, dass ein oder zwei Länder versuchen, das Ergebnis zu diktieren.»
Tschechiens Ministerpräsident Andrej Babis sagte, er verstehe nicht, warum die Staats- und Regierungschefs überhaupt nach Brüssel gerufen worden seien, wenn die Nettozahler-Gruppe nur 1,0 Prozent der Wirtschaftsleistung zahlen wolle. «Dann haben wir nichts zu besprechen.»
Solange sich die «sparsamen» Länder nicht bewegten, «sind wir weit von einer Einigung entfernt», sagte Italiens Regierungschef Giuseppe Conte. Er lehne ein «Spar-Konzept für die Zukunft Europas» ab.
«Die Verhandlungen sind schwierig», sagte Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki. Es gebe «einige Länder, die nicht wirklich einsehen, dass wir ein ehrgeiziges Budget brauchen, um ein stärkeres Europa zu bauen.»
Michel traf am Vormittag zusammen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die «sparsamen Vier». Österreich habe sich dabei «flexibler» als Dänemark, die Niederlande und Schweden gezeigt, hiess es danach.
Durch die Haushaltsexperten der EU-Kommission liess Michel ab dem Mittag Kompromissvorschläge durchrechnen. «Das dauert mindestens zwei Stunden», hiess es aus EU-Kreisen kurz vor 13.00 Uhr. Dann dürften die Staats- und Regierungschefs nochmals zusammenkommen, um die Einigungschancen zu bewerten.